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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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nicht.«
    »Staines und Ingersoll haben nie daran gezweifelt, dass er die Schüsse abgegeben hat. Und Dr. Zucker auch nicht.«
    »Aber diese Anzeige hat mich nachdenklich gemacht. Ich habe mich gefragt, ob das Boston PD vor neunzehn Jahren vielleicht falsch gelegen hat.«
    »Nur weil Wu Chinese war?«
    »Weil die Leute in Chinatown nie geglaubt haben, dass er es war.«
    »Wer hat die Anzeige bezahlt? Haben Sie das herausfinden können?«
    Er nickte. »Ich habe beim Globe angerufen. Die Anzeige wurde von Iris Fang bezahlt.«
    Janes Handy klingelte. Während sie danach griff, verarbeitete sie noch diese letzte Information. Warum, so fragte sie sich, sollte Iris neunzehn Jahre nach der Tat in einer Zeitungsanzeige den Mörder ihres Mannes verteidigen? Ein Blick aufs Display zeigte ihr, dass der Anruf vom Labor kam. »Rizzoli«, meldete sie sich.
    »Ich schaue mir gerade diese Haare an«, sagte die Kriminaltechnikerin Erin Volchko. »Und ich kann sie beim besten Willen nicht identifizieren.«
    Jane brauchte einen Moment, um auf das neue Thema umzuschalten. »Sie meinen diese Haare von der Kleidung des Opfers?«
    »Ja. Die Rechtsmedizin hat mir gestern zwei Haare geschickt. Das eine hing am Ärmel der toten Frau, das zweite an ihren Leggings. Morphologie und Farbe sind ähnlich, also stammen sie wahrscheinlich von ein und derselben Quelle.«
    Jane spürte, wie Tam sie beobachtete, als sie fragte: »Sind es echte Haare oder künstliche?«
    »Eindeutig keine Synthetik, sondern organisches Material.«
    »Also handelt es sich um Menschenhaare?«
    »Da bin ich mir nicht sicher.«

11
    Jane warf einen Blick durch das Okular des Mikroskops und versuchte, irgendwelche besonderen Merkmale zu erkennen, doch was sie durch die Linse erblickte, schien sich kaum von all den anderen Haaren zu unterscheiden, die sie im Lauf der Jahre gesehen hatte. Sie trat zur Seite, um Tam auch hindurchschauen zu lassen.
    »Was Sie auf diesem Objektträger sehen, ist ein Deckhaar«, sagte Erin. »Deckhaare bilden die äußere Schicht des Haarkleids von Tieren.«
    »Es handelt sich also um ein Tierhaar?«, fragte Tam.
    »Wenn ich das so genau wüsste«, erwiderte Erin. »Es fällt mir leichter zu sagen, was es nicht ist.
    Die Pigmentierung ist über die ganze Schaftlänge einheitlich, wir wissen also, dass es ein Tier ist, dessen Haare von der Wurzel bis zur Spitze die gleiche Farbe haben. Die Schuppen der Cuticula sind nicht kranzförmig angeordnet, was Nagetiere und Fledermäuse ausschließt.«
    Tam blickte vom Mikroskop auf. »Was ist die Cuticula?«
    »Die äußerste Schicht des Haars. Die Anordnung der Schuppen, aus denen sie sich zusammensetzt, ist charakteristisch für bestimmte Tierfamilien.«
    »Und Sie sagten, bei Nagetieren ist die Anordnung kranzförmig?«
    Sie nickte. »Aber das Haar weist auch kein dornförmiges Schuppenmuster auf, was uns verrät, dass es nicht von einer Katze, einem Nerz oder einem Seehund stammt.«
    »Wollen wir jetzt die komplette Liste der Tierarten durchgehen?«, fragte Jane.
    »Es ist in gewisser Weise ein Ausschlussverfahren.«
    »Und bisher haben Sie Ratten, Fledermäuse und Katzen ausgeschlossen?«
    »Richtig.«
    »Na prima«, murmelte Jane. »Dann können wir ja Batman und Catwoman von unserer Verdächtigenliste streichen.«
    Mit einem Seufzer nahm Erin ihre Brille ab und massierte sich die Nasenwurzel. »Detective Rizzoli, ich will Ihnen lediglich erklären, wie schwierig es ist, ein Tierhaar nur mithilfe eines Lichtmikroskops zu identifizieren. Die morphologischen Hinweise helfen mir, bestimmte Tiergruppen auszuschließen, aber dieses Exemplar ist anders als alles, was ich in diesem Labor je zu Gesicht bekommen habe.«
    »Was können Sie noch ausschließen?«, fragte Tam.
    »Wenn es von einem Hirsch oder einem Rentier stammte, wäre die Wurzel zwiebelförmig, und das Haar wäre rauer. Die Hirschartigen scheiden also aus. Die Farbe spricht dagegen, dass es ein Waschbär oder ein Biber ist, und für ein Kaninchen oder eine Chinchilla ist es zu rau. Wenn wir nach der Form der Wurzel, dem Durchmesser und dem Schuppenmuster gehen, würde ich sagen, dass es am ehesten einem Menschenhaar gleicht.«
    »Und warum kann es dann nicht von einem Menschen stammen?«, fragte Jane.
    »Werfen Sie doch noch einmal einen Blick durch das Mikroskop.«
    Jane beugte sich hinunter und sah durch das Okular. »Worauf soll ich achten?«
    »Sie können sehen, dass es relativ gerade ist, nicht kraus wie etwa ein Scham- oder

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