Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
zerstört und wie viele Mütter in den wiederholten politischen Kampagnen »gegen den rechten Rückschritt« von ihren Kindern getrennt wurden, dafür gibt es keine Statistik.
Der Kampf gegen rechte Tendenzen verschärft
die Hungersnot
Es besteht eine Beziehung zwischen den unablässigen Kampagnen gegen rechte Tendenzen und der Tatsache, dass die Hungersnot in Sichuan am längsten dauerte. Nach Abschluss der Lushan-Konferenz 1959 rollte die Kampagne »Kampf für die Einhaltung der Generallinie und gegen rechten Opportunismus« über das Land. Li Jingquan war schon vor der Lushan-Konferenz entschieden gegen rechte Tendenzen. Nach der Konferenz war, mit Mao Zedongs Feldzeichen in Händen, sein Enthusiasmus noch größer.
Am 30. August 1959 sprach er vor den Kadern des Provinzkomitees von Sichuan von »vier Dingen, die eingehalten, und einer Sache, die zerschlagen werden müssen«. Damit meinte er: »Die rechtsopportunistischen und gegen die Partei gerichteten Aktivitäten der Clique um Peng Dehuai müssen zerschlagen werden, eingehalten werden muss die Generallinie der Partei, eingehalten werden muss die Führung des Zentralkomitees mit Mao Zedong an der Spitze, eingehalten werden muss der Zusammenschluss der Parteien, eingehalten werden muss die Sache des Sozialismus.« Er bekräftigte die gewaltige Bedeutung der »Drei Roten Banner.« [231]
Am 7. September 1959 betont der Provinzgouverneur von Sichuan Li Dazhang am Ende eines weiteren Berichts, »im Augenblick ist vor allem der Kampf gegen rechts wichtig, das ist eine Standpunktfrage, eine Klassenfrage« [232] .
Zwischen August und September 1959 hat das Provinzkomitee von Sichuan auf einer Großkonferenz eine »politische Prüfung« durchgeführt: Zuerst lasen die über 1300 Kader aus den Präfekturen, Gebieten und Städten die drei Dokumente der Lushan-Konferenz: Peng Dehuais Eingabe, den Brief Zhang Wentians und »Die Eingabe von Li Yunzhong«, dann mussten sie einer nach dem anderen dazu Stellung beziehen. Einige Führungskader, die politisches Vertrauen genossen, wurden im Vorhinein benachrichtigt und sie hielten in ihren Statements die Fahne hoch; einige besonders wachsame Kader drückten sich sehr zweideutig aus. Direkt positiv zu den drei Dokumenten äußerten sich nur ein paar redliche Personen, die keinen Zugang zu internen Nachrichten hatten. Erst als jeder Stellung bezogen hatte, wurde mit einer Tonbandaufnahme der Rede von Mao Zeodong die Beschlusslage des Zentralkomitees bekanntgegeben. Auf der Konferenz wurden 61 Personen als rechte Opportunisten, als schwer nach rechts schwankende und die Partei unterwandernde Klassendissidenten und schlechte Elemente entlarvt (darunter 49 rechte Opportunisten und schwer nach rechts schwankende Elemente). [233]
Zhang Jiayi war einer der acht rechten Opportunisten, damals Politkommissar der 11. Brigade der Truppen von Chengdu. Li Jingquan legte Beweismaterial vor, demzufolge »Zhang im Juli und August zu Hause Ferien gemacht hat (Am Tongberg in Sichuan), von dort an die Kader des Militärbezirks zwei Briefe geschrieben hat, in denen er seiner tiefen Unzufriedenheit über die Arbeit in den ländlichen Gebieten, in denen er sich aufhielt, Luft gemacht hat.« Zhang Jiayi schrieb in einem Brief vom 19. Juli:
»… hier zu Hause sind die Probleme gewaltig, es gibt nichts zu essen, es gibt nichts zu kaufen. Nachdem ich ein paarmal Gräser und Gemüseblätter gegessen habe, habe ich einiges gelernt und es wird mir nicht leicht, länger hier zu bleiben.
Die Stimmung unter den einfachen Leuten ist ausgesprochen schlecht, sie haben kein Vertrauen in die Produktion, der Widerwille gegen die Führung ist groß (es heißt, Mao Zedong und die Kommunistische Partei seien gut, aber die unteren Kader nicht). Außer einigen wenigen, denen es relativ gutgeht und die genug zu essen haben, hat alles Hunger. Jetzt, wo alle Kräfte für die Ernte gebraucht werden, bekommt jeder Erwachsene am Tag zehn Liang, Kinder bekommen sechs bis zu einem Pfund. Die meisten sind vor Hunger ganz gelb im Gesicht und saft- und kraftlos, mager wie Holzscheite, können nicht einmal mehr gehen. Von den 700 Leuten in unserem Dorf hier sind in den zwei Monaten von Mai und Juni (damals gab es noch vier Liang als Tagesration) über 30 gestorben, an Krankheiten infolge der Unterernährung, am Hunger, weil sie sich aufgehängt haben oder ins Wasser gegangen sind. Die Ärzte schreiben auf ihre Rezepte nur noch, man solle den Kranken ein paar
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