Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
Bauern für die Baustellen mobilisiert wurden und auch im darauffolgenden Frühjahr nicht zur Ernte zurückkehren durften. Für die Arbeit in der Landwirtschaft blieben nur noch die Frauen und Kinder übrig. [274]
90000 Hungertote in drei Jahren
In den drei Jahren der Hungersnot verhungerten in Fengyang 90000 Menschen, das ist ein Viertel der Gesamtbevölkerung. In manchen Volkskommunen ist jeder Dritte verhungert. [275] Zhang Wanshu, ein Reporter der Nachrichtenagentur Neues China , schreibt: »1960 kam es trotz des ausgezeichneten Wetters und einer Reihe von guten Jahren aufgrund des gewaltigen Einbruchs der Produktionskräfte zu einer Verödung der Felder, woraufhin viele fluchtartig abwanderten oder starben. Nach Statistiken der drei Kreise Ding(yuan), Feng(yang) und Jia(shan) gingen dabei über 400000 Menschen zugrunde.« Im Dorf Xingang in Fengyang »blieben nach der Flucht und den Todesfällen von 34 Haushalten mit 175 Personen zehn Haushalte mit 39 Personen übrig.« [276]
Der Bericht zeigt, dass in den beiden Jahren von 1959 bis 1960 alles in allem 60245 Menschen verhungert sind. [277] Diese Zahl stimmt mit der Aussage, dass in den drei Jahren zwischen 1958 und 1961 25 Prozent der Gesamtbevölkerung ums Leben gekommen seien, grundsätzlich überein. Kreisweit sind 8404 Haushalte verwaist. 27 Dörfer stehen aufgrund der Todesfälle und der Abwanderungen leer. Wang Huanye, dem Direktor der Experimentalgrundschule des Kreises, ist seine gesamte zwölfköpfige Familie gestorben. Zhao Zhuangzi von der Volkskommune Xiaoxihe und Vater von Zhang Yuye hielt seine Tochter noch im Arm, da war er schon zwei Tage tot.
Im Januar 1961 korrigierte das Kreiskomitee von Fengyang auf einer Konferenz die »fünf Winde«. Über 90 Prozent der Redner auf der Konferenz hatten in ihrer Familie Tote zu beklagen und ihnen liefen die Tränen über das Gesicht, während sie sprachen:
»Wang Tinghua stellte eine Frage in Richtung Song Zhaoyin, den stellvertretenden Kreisleiter: ›58 hast du uns zum Staudamm von Guan’gou gebracht, um den Hauptkanal auszuheben, es gab nichts zu essen, du hast uns sogar angehalten, fünf Tage und Nächte nicht zu schlafen […] im vergangenen Jahr sind in unserem Dorf ein-, zweihundert Menschen verhungert, hast du davon gewusst, Kreisleiter?‹
Der Vertreter der Kommunemitglieder der Produktionsbrigade Guoguang der Volkskommune Zongpu sagte: ›Über die Toten wagt niemand zu reden, von den 300 Leuten in unserem Dorf sind 87 tot. Es zerreißt mir das Herz, wenn ich davon spreche!‹
Wu Shanlan, der Parteizellensekretär des kleinen Produktionsteams Zhanjia, sagte: ›Im Frühjahr ’60 hat das Kreiskomitee den Massen Bergtaro zu essen gegeben, aber weil sie verdorben waren, waren ihr Gestank und Geschmack unerträglich; die Massen sagten, es schmeckt wie Heilkräutersud. Am Ende ist die Wassersucht nur noch schlimmer geworden, im April sind in nur zehn Tagen 27 Leute gestorben.‹
Wan Deyuan, Parteikomiteesekretär der Volkskommune Wudian, sagte: ›1959 gab es eine Vorort-Versammlung über das Räuchern des Tabaks. Das Kreiskomitee hat ganz genau gewusst, dass wir hier nicht so viel Tabak haben, hat aber darauf beharrt. Dong Anchun, der Sekretär des Kreiskomiteesekretariats hat den Tabak von einem auf drei Esel verteilt. Das sah so aus, als hätte er mehr Tabak verkauft. Außerdem hat er noch dafür gesorgt, dass man auf die Kommunemitglieder, die wegen des Hungers keine gute Gesichtsfarbe hatten, ein Auge hatte und sie nicht auf die Straße ließ, damit draußen niemand etwas davon erfuhr. Die Toten wurden drei Ellen tief begraben und obendrüber musste man auch noch Getreide anpflanzen.‹
Li Jinming, Vertreter der Produktionsbrigade Bergkönig der Volkskommune Wudian, sagte: ›1959 haben wir eine Ernte von 35000 Pfund gehabt und die Ankaufquote auf 58000 Pfund festgelegt, mit dem Resultat, dass wir 33000 von unserer Ernte abgeliefert haben und die restlichen 2000 Pfund von den Kadern gefressen wurden. Es war in der Tat kein Getreide mehr da, die Massen haben Blätter gefressen, es war alles kahl bis auf den letzten Strunk. Ich habe das Dong Anchun gemeldet, ich habe gemeldet: Wir haben nichts mehr zu essen. Er sagte, ich sei der Erste, der deswegen ein Geschrei mache, und er werde mir das Parteibuch wegnehmen. Am Ende sind von unseren 280 Leuten noch 170 übrig gewesen. Wir waren zu fünft bei mir zu Hause, vier sind tot, ich bin der einzige, der übrig ist‹
Der
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