Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
Sekretariats des Kreiskomitees von Fengyang, erzählt: »Zwischen Winter 1959 und Frühjahr 1960 sind 30000 Menschen an Wassersucht erkrankt, die Ausbreitung von nicht natürlichen Todesfällen nimmt bedrohliche Formen an. In der Volkskommune Xiaoxihe sind 30 Prozent der Produktionsbrigade Shanhe ums Leben gekommen.« [263]
In einer Situation, in der die Bauern nichts mehr zu essen hatten, mussten dennoch weiter die hohen Ankaufquoten erfüllt werden, was nur über die Erhöhung des politischen Drucks und extrem hohe Steuern zu bewerkstelligen war. Zwischen Winter 1959 und Frühjahr 1960 fanden auf allen Ebenen Konferenzen zur Zwangseintreibung der Ankaufquoten statt. Das Kreiskomitee verlangte von den Volkskommunen täglich dreimal Bericht: Morgens Meldung über die Einspeicherungspläne an Getreide für den Tag, mittags die Einspeicherungslage und in der Nacht die wirklichen Zahlen über die Einspeicherungsleistung.
Jeden Abend wurden die Volkskommunen, die ein Plus bei der Einspeicherung zu verzeichnen hatten, belobigt, wo ein Minus vorlag, hagelte es Kritik. Der politische Druck war ungeheuer. Zur »Mittagssaison« 1960 (»Mittagssaison« ist die Zeit der Weizenernte) hat das Parteikomitee der Volkskommune von Xiaoxihe 8046 Haushalte untersucht, das waren 73,4 Prozent. In der Produktionsbrigade Changtang gab es nur einen einzigen Haushalt, der nicht durchsucht wurde. [264]
Der »Wind des Kommunismus« kommt immer wieder auf: Wie in anderen Gebieten auch fing der »Wind des Kommunismus« im Herbst 1958 an zu wehen, im Frühjahr 1959 nahm er ein wenig ab, um dann im Frühjahr 1960 einen zweiten Höhepunkt zu erleben. Um den Kommunismus möglichst schnell zu erreichen, hat Anhui zusätzlich eine Menge »Großprojekte« angeschoben.
Um die kommuneeigene Wirtschaft zu entwickeln (damals war man der Auffassung, eine kommuneeigene Wirtschaft komme dem Kommunismus näher als eine produktionsteameigene Wirtschaft), hat die Produktionsbrigade Shanhe nicht nur ihre Schweine- und Hühnerproduktion, sondern auch die Kartoffelsaat konzentriert, bei der die von den Kommunemitgliedern bereits gezogenen Saatkartoffeln konzentriert wurden. Selbst die kleinen privaten Abtritte der Kommunemitglieder wurden »konzentriert«, jedes Dorf errichtete eine Großtoilette. Ein Großteil der so konzentrierten Schweine und des so konzentrierten Geflügels ging ein und die auf diese Weise konzentrierten Saatkartoffeln sind verfault.
Yams, Wolltaro und Ingwer waren Spezialitäten des Xiaoxihe-Gebietes, sie waren von beträchtlichem wirtschaftlichen Wert und die Erträge der früher von den Familien angebauten Nutzpflanzen waren hoch. Die Kader glaubten, diese Produktionsweise stehe im Widerspruch zu den Prinzipien des Kommunismus, sie nahmen den Kommunemitgliedern den Anbau aus den Händen und rissen auch die Setzlinge aus. In manchen Gegenden kursierte der Spruch: »Wer in den letzten drei Jahren einen Setzling gesehen hat, ist ein Verbrecher.« [265]
Um dem »Wind des Kommunismus« Impulse zu geben, wurden als »Tore des Großen Sprungs« überall Gedenkbögen errichtet, auf Dächern, an Feldrainen, auf Berggipfeln, an den Straßen, überall gab es große Parolen, die die hitzige Erwartung schürten, man werde bald in den Kommunismus eintreten. Mit der Begründung, man werde ein neues, kommunistisches Dorf errichten, hat die Volkskommune Xiaoxihe zwangsweise Häuser und Ortschaften abreißen lassen. In den 25 Dörfern ihrer sieben Produktionsbrigaden wohnte kein Mensch mehr. Die fünf Ortschaften der Produktionsgruppe Daying der Produktionsbrigade Shima wurden zu einer zusammengelegt, Männer, Frauen, Alte und Kinder wohnten an einem Ort zusammen. Die 31 Ortschaften der Produktionsbrigade Qiaoshan wurden im Juni 1960 innerhalb eines halben Tages von dem Parteizellensekretär Mei zwangsweise zu sechs Ortschaften zusammengelegt, über 300 Häuser wurden abgerissen.
Parteimitglieder, die nicht spurten, wurden aus der Partei ausgeschlossen, Mitglieder der Kommunistischen Jugendliga, die nicht spurten, wurden aus der Jugendliga ausgeschlossen, Kommunemitglieder, die nicht spurten, bekamen nichts zu essen. Was als Bau von neuen Dörfern angekündigt worden war, entpuppte sich als Abriss der alten ohne den Bau von neuen. Über 100 Personen wurden zwangsweise in Unterkünften konzentriert, 40 Menschen aus 14 Haushalten hausten in drei miteinander verbundenen Häusern. Am Abend wurde die Haustür abgeschlossen, Milizen mit
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