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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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Knüppeln in den Händen standen Wache, selbst die Notdurft mussten die Menschen gemeinsam verrichten. [266]  
    Ende 1958 gab es im Kreis insgesamt 224143 Häuser, in zwei Jahren fielen davon 25266 in sich zusammen, abgerissen wurden 134000. Kreisweit sind 29 Dörfer komplett vom Erdboden verschwunden. Die Massen wussten nicht mehr wohin und trieben sich auf den brachliegenden Feldern und auf den Wiesen herum, mehrere Generationen wohnten in einem Zimmer, die grundlegendsten hygienischen Voraussetzungen waren nicht gegeben. Manchen Frauen gegenüber muss man heute die Zusammenlegung der Dörfer nur erwähnen und sie fangen an zu weinen. [267]  

    Absurd blinde Führung: Es wurde verlangt, dass die Feldraine voller roter Fahnen stecken sollten, man sollte beim Arbeiten singen und Parolen rufen. Um mit den Untersuchungen von oben klarzukommen, wurde ein Großteil der menschlichen und tierischen Arbeitskraft samt dem Dünger auf beide Seiten der Straßen und Eisenbahnlinien, zu den Schnittpunkten zwischen den Volkskommunen und Kreisen verlagert, während die Anbauflächen im Inneren verödeten. Kreisweit wurden nur 1, 412 Millionen Mu bewirtschaftet, doch im Frühjahr und Sommer 1960 wurde gemeldet, die Aussaatfläche betrage 1,848 Millionen Mu. [268]  
    Wenn die Bauern morgens aufstanden, wussten sie nicht, was sie an diesem Tag tun würden, nicht einmal die Produktionsgruppen wussten, was sie an dem jeweiligen Tag tun würden. Die Leitung über die Produktion und die Verlegung von Kräften war hochgradig konzentriert, von den Volkskommunen bis zum Kreis war alles in einer Hand, und das Führungspersonal von Kreis und Volkskommunen tat, als sei es im Krieg. Seit dem Frühjahr 1961 hatten 81 kleine Produktionsteams, 284 kleine Gruppen und 3395 Arbeitskräfte an so genannten großen Truppenkämpfen teilgenommen – 40 lange Tage, manchmal sogar drei Monate nach »Öffnen der Setzlingstür«. Eines Tages hat sich ein Kader der Produktionsgruppe von Daiwei an der Spitze von über 100 Kommunemitgliedern mit gut 2000 Setzlingen zum Großhan-Hof aufgemacht; da der Acker dort nicht in Ordnung war, hat er den Rest nach Liuyuan geschafft, wo man ebenfalls nicht so weit war; also ging es weiter nach Qianmiao. Als er dort ankam, war es bereits dunkel, er konnte nichts mehr ausrichten und die Setzlinge gingen ein. Arbeitskraft wurde wahllos verlegt, die Aktivitäten der Kommunemitglieder scheiterten und die Produktionskraft sank beträchtlich. [269]  
    In Fengyang nahm die Blindheit in der Führung absurde Formen an. Gegen die Anbauzeiten und nicht nach Abschnitten wurden die Anpflanzungen befohlen, mancherorts kam es zu aberwitzigen Dingen. Am Frühlingsfest, also am chinesischen Neujahr im Februar, wurde Mais gesetzt, am Qingming-Fest Anfang April wurden die Nassfelder bestellt und Anfang Herbst Tabak angepflanzt. Zur Erfüllung der vom Kreiskomitee festgesetzten 700000 Mu Nassfelder hat man an einigen Orten einfach Gebiete, in denen es keine Quelle gab, in Nassfelder verwandelt.
    Die Produktionsbrigade Hongguang der Volkskommune Mentai war eigentlich nicht geeignet für Nassfeldbau, doch von oben war der Befehl gekommen, »Dürre in Wasser zu verwandeln«. Also wurden 1958 1600 Mu trockene Felder in Nassfelder verwandelt, mit einem Durchschnittsertrag von etwas mehr als 50 Pfund pro Mu; 1959 wurden 850 Mu in Nassfelder umgewandelt, mit einem Durchschnittsertrag von 31 Pfund pro Mu; 1960 wurden 900 Mu umgewandelt, mit einem Durchschnittsertrag von nur 2 – 3 Pfund pro Mu. In dieser Gegend gab es kein Wasser zum Anpflanzen von Schösslingen. Da haben sie 48 Leute geschickt und 25 Ochsen, die 30000 Pfund Reissaat in die 60 chinesische Meilen [30 Kilometer] entfernte Volkskommune schafften, wo sie gewässert und hochgezogen werden sollten. Das ging 29 Tage so, dann war auch diese Saat verloren.
    Das vierte Produktionsteam hatte 500 Mu für gelbe Bohnen, die schon eine halbe Elle hoch standen, da kam von der Produktionsbrigade der strenge Befehl, das Feld umzugraben und es in ein Bergtarofeld umzuwandeln. Die Kommunemitglieder wollten das nicht, pflügten aber doch 480 Mu um. Mit dem Resultat, dass sie am Ende auf einem Mu nur 300 Pfund Bergtaro einbringen konnten und auf den verbliebenen 20 Mu über 200 Pfund gelbe Bohnen produziert wurden. [270]  
    In der Produktionsbrigade Hongguang der Volkskommune Mentai stand im Frühjahr der Weizen goldgelb, doch gerade als die Zeit der Ernte gekommen war, wurden

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