Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

mit der der Führung nicht übereinstimmt: Man muss die eigenen Ansichten aufgeben und der Führung gehorchen. Wenn sich der Führer und andere Führungspersönlichkeiten in der Öffentlichkeit bekämpfen, dann führt das zu einer »Spaltung der Partei«, ein unverzeihliches Verbrechen. Das war ein wichtiger Grund dafür, dass Liu Shaoqi und Zhou Enlai sich in allem und jedem Mao Zedong fügten.
    Die zweite Versammlung der achten Zentralkomiteetagung fand vom 5. bis zum 23. Mai 1958 in Beijing statt. Auf dieser Tagung wurde der Arbeitsbericht der Versammlung der von Liu Shaoqi vertretenen Zentralkomiteemitglieder angehört und diskutiert; man hörte die Erklärung von Tan Zhenlin zum »Entwicklungsplan für die Landwirtschaft des Landes (zweite überarbeitete Fassung)« und wählte zusätzlich die Zentralkomiteemitglieder.
    Der Bericht von Liu Shaoqi kritisierte den »Widerstand gegen die Überstürzung« streng und warf ihm vor, einen »Sattel« beim Aufbau der Produktion heraufbeschworen zu haben (das heißt, die Produktion von 1957 lag niedriger als die von 1956 und 1958). Auf voller Breite erklärte er die »Anspannung aller Kräfte, das Vorwärtsstreben, das Mehr, Schneller, Besser, Sparsamer im Aufbau des Sozialismus« zur Generallinie, betonte »die höchstmögliche Beschleunigung des Aufbaus«, kritisierte scharf die Ansichten einiger Zweifler, »die Erhöhung der Geschwindigkeit führe zu einer übermäßigen Anspannung der Menschen«, »unsere Leitlinie Mehr, Schneller, Besser, Sparsamer werde zu Vergeudungen führen«, »die sich Sorgen machen, dass unsere Leitlinie zu Ungleichgewichten in der Wirtschaft führen könne«, oder die zweifeln, »dass die Landwirtschaft überhaupt in der Lage ist, schneller zu wachsen«. Liu Shaoqi sprach ganz im Tonfall von Mao Zedong:
»Da kritisieren sie unsere ›Erfolgsversessenheit‹, unser ›übereiltes Gewinnstreben‹. Und sie haben ganz recht damit! Es kann auch kaum anders sein, als dass wir versessen sind auf den Erfolg von 600 Millionen Menschen und des Sozialismus! Man kann doch nicht erwarten, dass wir uns mit kleinen Erfolgen zufriedengeben, dass wir nicht auf Gewinn aus sind, dass wir uns mit der Rückständigkeit abfinden und durch Nicht-Handeln regieren wie die alten Daoisten!« [396]  

    Liu Shaoqi verlangte in seinem Bericht von den Führungskräften auf allen Ebenen, sich des Enthusiasmus der Massen »hundertprozentig anzunehmen«.
    Auf der Tagung hat Mao Zedong vier Reden gehalten. In seiner ersten Rede vom 8. Mai hat er konkret davon gesprochen, dass die Jugend die Alten, die Unerfahrenen die Erfahrenen besiegt hätten: »Leute von niedrigem Stand sind am klügsten, hochgestellte Leute am törichtsten.«
    Während der Tagung machte er folgenden Vermerk zu einem Bericht:
»Weg mit den Minderwertigkeitsgefühlen […], fort mit dem Aberglauben, Kampf für einen furchtlosen schöpferischen Geist, der den Mut hat zu denken, seine Meinung zu äußern und die Dinge in die Hand zu nehmen – das muss für die Aufgabe unseres Landes, in sieben Jahren England zu über- und Amerika einzuholen, zwangsläufig eine gewaltige Hilfe sein.« [397]  
    Am Ende wurde aus den Vorstellungen, für die Mao Zedong da eintrat, ein Vorwand dafür, dass das gesamte Volk sich von der Wissenschaft abwandte und Spezialisten und Gelehrte attackierte.
    In der Rede vom 8. Mai lobte Mao Qinshi Huangdis Idee, »in Berufung auf die Vergangenheit Gegenwärtiges abzulehnen«. Auf Lin Biaos Einwurf, Qinshi Huangdi habe Bücher verbrannt und Gelehrte bei lebendigem Leibe begraben, widersprach Mao Zedong:
»Wer ist schon Qinshi Huangdi? Er hat 460 Konfuzianer bei lebendigem Leib begraben, wir haben 46000 begraben. In unserer Bewegung zur Unterdrückung von Konterrevolutionären 1950 bis 1952 haben wir da nicht eine ganze Reihe von konterrevolutionären Intellektuellen umgebracht? Ich habe das mit den Demokraten diskutiert. Du schimpfst uns, wir seien wie Qinshi Huangdi, aber wir haben Qinshi Huangdi um das Hundertfache übertroffen. Wir werden beschimpft als Diktatoren, als Qinshi Huangdis und wir stimmen dem zu, es entspricht den Tatsachen. Leider geht, was ihr sagt, noch nicht weit genug, da müssen wir oft für Abhilfe sorgen.« [398]  
    In seiner Rede vom 17. Mai kam Mao vor allem auf die innen- und außenpolitische Situation zu sprechen. In Bezug auf die Behauptungen, in den ländlichen Gebieten gebe es keine Nahrungsmittel, kein Öl und keine Stoffe, sagte er:
»Das müsst