Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

auszumerzen, um eine Befreiung des Denkens zu erreichen, muss in der gesamten Partei ein breites und vertieftes Studium der Schriften des Vorsitzenden Mao betrieben werden. In den vergangenen Jahren haben wir unsere Studien […]zu sehr auf ausländische klassische Schriften konzentriert, das war ein Fehler. Der Vorsitzende ist der größte Marxist der Gegenwart, die Schriften des Vorsitzenden Mao sind ein leuchtendes Vorbild in der Verschmelzung von Theorie und Praxis, die in einer Reihe von Grundsätzen den Marxismus-Leninismus verteidigen und weiterentwickeln. Deshalb sind die Schriften des Vorsitzenden Mao für uns Mitglieder der KPCh das beste Lehrbuch für den Marxismus-Leninismus. […] Die Schriften des Vorsitzenden Mao waren nicht nur unsere besten Waffen, um den Sieg der Revolution zu erstreiten, sie sind jetzt auch unsere besten Waffen, um den Sieg im Aufbau zu erstreiten.« [403]  
    Seine Untergebenen versuchten sich gegenseitig in der Gunst Maos auszustechen. Der Titel der Rede von Wang Renzhong lautete: »Wie führt man große Massenbewegungen?«. In dieser Rede empfahl er das Anstoßen einer »großen Debatte«. Diese »Erfindung« von Wang Renzhong hat sich in Windeseile im ganzen Land verbreitet, die Debatten waren in Wirklichkeit Versammlungen zu Kampfkritiken. Das »Hissen der Roten Fahne« und das »Einholen der Weißen«, von dem Mao Zedong auf dieser Tagung sprach, verbreitete sich ebenfalls in Windeseile über das ganze Land; es ist nicht bekannt, wie viele wahrheitsliebende Menschen im Verlauf dieser »großen Debatte« und dieses »Einholens der Weißen Fahne« ruiniert wurden!
    Ke Qingshis Rede drehte sich um eine Revolution der Kultur. Er beschrieb die Lage, wie sie sich 15 Jahre später ergeben sollte: Alle werden gebildet, jeder Einzelne wird in der Lage sein, Das Kapital zu lesen, jeder wird etwas von höherer Mathematik verstehen. Mücken, Moskitos, Wanzen, Ratten und Spatzen sind ausgerottet, jedes Produktionsteam wird seinen eigenen Li Bo, Lu Xun und Nie’er haben und die letzte Vollendung des Kommunismus wird nicht mehr fern sein.
    Die einzelnen Komitees unterstützten nicht nur die Generallinie, sie haben die ohnehin bereits hohen Quoten noch einmal erhöht. Am 23. Mai fasste die Tagung folgenden Beschluss: Man stimmte einstimmig der Generallinie zur »Anspannung aller Kräfte, zum Vorwärtsstreben, zum Mehr, Schneller, Besser und Sparsamer des Aufbaus des Sozialismus« zu.
    Der Große Sprung nach vorn nahm bereits auf dieser Tagung seinen Anfang und die Wirtschaftsbeamten beeilten sich, die Generallinie in konkrete Aufbauquoten umzusetzen. Li Fuchun, der für das staatliche Planungskomitee zuständig war, sagte: »Der zweite Fünfjahresplan kann einen Großen Sprung nach vorn bedeuten.«
    Aus Angst, es könnte heißen, sie seien rückständig, waren die Quoten für den Großen Sprung sämtlicher Ministerien des Zentralkomitees weit höher als die des staatlichen Planungskomitees.
    Der Leiter der Abteilung Metallurgie Wang Heshou brachte einen Plan heraus, demzufolge die Stahlproduktion 1972 bei über 120 Millionen Tonnen liegen sollte. Wang Zhenfa von der Abteilung für Landerschließung sprach in seiner Rede von 300 Millionen Mu, die innerhalb von zehn Jahren urbar gemacht werden sollten. [404]  
    Die Provinzkomiteesekretäre wetteiferten darin, Mao Zedong ihre Ergebenheit zu zeigen, und beschlossen höhere Quoten als die verschiedenen Abteilungen des Zentralkomitees. Ob diese Quoten in irgendeiner Weise mit der Realität etwas zu tun hatten, daran wagte, außer Mao Zedong selbst, niemand Zweifel zu äußern.
    Nach der zweiten Vollversammlung der achten Tagung des Zentralkomitees wollte Mao Zedong weiter machen im Text. Unentwegt käute er das Wort vom »Großen Sprung« wieder und ergötzte sich daran. Am 25. Mai wurde Mao von unteren Ebenen der Leitartikel der Renmin ribao vom 13. November 1957 zugeschickt, mit der Behauptung, das Wort vom »Großen Sprung« sei zum ersten Mal in diesem Artikel gefallen. Mao Zedong hat sofort den Stift gezückt:
»Werte Genossen vom Politbüro und vom Sekretariat und erste Parteikomiteesekretäre der Selbstverwaltungsgebiete und Provinzstädte:
Nach erneuter Durchsicht des Leitartikels der Renmin ribao vom 13. November 1957 scheint er mir doch von großem Interesse; das Thema ist klar umrissen, er ist von großer Hochherzigkeit geprägt, die Analyse ist treffgenau, die Aufgabenstellung klar. In diesem Artikel hat man angefangen, das