Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
Gebietssekretäre. Zhang Shufan meldete zunächst die vom Ständigen Ausschuss des Gebietskomitees diskutierten 7,2 Milliarden Pfund, dann stellte er seine persönliche Einschätzung dar (3 bis 4 Milliarden Pfund) – das Provinzkomitee war sehr unzufrieden mit Zhang Shufan und fragte den Gebietskomiteesekretär Lu Xianwen: »Was treibt ihr denn da in Xinyang?«
Unter dem Druck des Provinzkomitees versammelte Lu Xianwen die verschiedenen Kreissekretäre noch einmal zu einer Ertragsmeldung – die Kreiskomiteesekretäre senkten die Köpfe und schwiegen. Auf nochmaliges Drängen von Lu Xianwen fasste sich jemand ein Herz und fragte zurück: »Haben wir zu Hause nicht schon die Erträge gemeldet?«
Lu Xianwen sagte: »Es gibt Einwände gegen die zu Hause gemeldeten Erträge.«
Das ging gegen Zhang Shufan.
Anschließend wurde eine erweiterte Konferenz einberufen, jedes Gebiet musste einen typischen Rechtsabweichler suchen und ihn einer Kampfkritik unterziehen, woraufhin gegen Cao Ming, der Kreisleiter von Pingyn, der die Wahrheit gesagt hatte, eine Kampfkritik lanciert wurde, in deren Folge er seiner Ämter enthoben wurde. [16]
Willkürliche Festlegung von staatlichen Getreideankaufquoten
Die übertrieben hohen Ertragsmeldungen mussten überhöhte Ankaufquoten nach sich ziehen. Wo Henan den Kreisen eine höhere Ankaufquote auferlegen konnte, wurde das auch getan. In seinen Erinnerungen schreibt Zhang Shufan dazu:
»Nach der erweiterten Konferenz kehrte ich in meinen Bezirk zurück und nahm die Getreideankaufquoten für den Herbst in die Hand. Das Provinzkomitee hatte diese nach den Maßstäben der Rekordernte von 1958 festgelegt, wir bekamen in unserem Bezirk wieder 1,6 Milliarden Pfund zusammen, aber darin waren die Nahrungsmittelrationen für die Bauern und das Saatgut für das kommende Jahr enthalten. Die Herbsternte war gerade eingebracht, als es in sehr vielen Gebieten nichts mehr zu essen gab, und es kam zu den ersten Hungerwanderungen. Viele Volksküchen blieben geschlossen, die Massen waren ratlos und stillten ihren Hunger zu Hause mit Süßkartoffelblättern und wildem Gemüse.«
Die Ankaufquoten, von denen das Provinzkomitee sprach, waren etwas niedriger als die, von denen Zhang Shufan spricht, aber auch das Komitee spricht von den ernsten Problemen, die durch die überhöhten Ankaufquoten entstanden:
»1959 herrschte in Xinyang eine große Dürre. Die Gesamtgetreideproduktion des Gebietes belief sich auf 3,258 Milliarden Pfund, das waren 46,1 Prozent weniger als 1958. Die Ertragsschätzung des Gebietskomitees lag damals allerdings bei 6,427 Milliarden Pfund. Nach diesen Angaben ordnete die Provinz eine verbindliche staatliche Ankaufquote von 960 Millionen Pfund an, das waren 430 Millionen Pfund mehr als 1958. Die Gebietskomitees erhöhten diese Quote noch einmal um 5 Prozentpunkte, so dass sie sich insgesamt auf 1,049 Milliarden Pfund belief. Nachdem die Gebiete ihre Quoten erfüllt hatten, blieben außer dem Saatgut und dem Viehfutter für jeden Einzelnen im Durchschnitt für das ganze Jahr nur noch 164,5 Pfund (unverarbeitetes Getreide). Rechnet man 35 Pfund pro Kopf und Monat, reichte das für vier Monate. Damals gab es keine sonstigen Lebensmittel, es gab kein Öl und 35 Pfund unverarbeitetes Getreide ergaben nur 25 Pfund essbares Getreide, zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel. Dazu kam, dass 1,8 Millionen Menschen bei Wasserbauarbeiten Dienst taten, die ihren Teil des Getreides verbrauchten.« [17]
In späteren Untersuchungen des KPCh-Provinzkomitees von Henan heißt es:
»Die Getreideertragsschätzung für die Herbsternte des gesamten Gebietes von Xinyang lag im vergangenen Jahr bei nur etwas über 2 Milliarden Pfund, wurde aber auf 6,4 Milliarden aufgeblasen und die von der Provinz für das Gebiet von Xinyang zugewiesene Ankaufquote lag bei 960 Millionen Pfund, was von den Gebieten, Kreisen und Volkskommunen noch einmal um über 20 Prozent erhöht wurde. Mitte Oktober wurde eine Quote von über 700 Millionen erreicht, woraufhin 3751 Volksküchen den Betrieb einstellten (betroffen waren 370000 Menschen). In dieser Situation wurden auch noch Aktionen gegen die Verheimlichung von Erträgen durchgeführt, da man glaubte, das private Abzweigen und Verheimlichen von Erträgen sei in fast allen Volkskommunen und Produktionsbrigaden an der Tagesordnung.« [18]
Das machte den Hunger noch dramatischer.
1958 organisierte das Gebiet Xinyang 1,2 Millionen
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