Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
Arbeitskräfte zur großangelegten Stahlherstellung. Das band 30 Prozent der regionalen Arbeitskräfte. [19] In den Lehmhochöfen konnte kein Eisen raffiniert werden, also wurden die Kochtöpfe der Bauern, Türknäufe aus Eisen und die Glocken in den Tempeln samt und sonders in Stücke gehauen und nach oben als Erfolg der Stahlherstellung gemeldet. Auch bei der Stahlschmelze wurde Getreide verbraucht. Über 500000 Arbeitskräfte waren mit der Herstellung von Kugellagern beschäftigt, hinzu kamen die zwei Millionen [20] bei den Wasserbauarbeiten, die ebenfalls Getreide verbrauchten, was die Reserven bei den Produktionsbrigaden noch weiter verringerte.
Die brutale Bewegung gegen die Verheimlichung und das private Abzweigen von Produktionsmengen
Da die staatlichen Getreideankaufquoten zu hoch waren, war der Getreideankauf ein großes Problem. Die Bauern konnten das geforderte Getreide nicht abgeben, die Regierung andererseits war der Auffassung, dass die Produktionsbrigaden die wahren Produktionsmengen von Getreide verheimlichten und zu privaten Zwecken abzweigten.
Als Folge davon wurde in den ländlichen Gebieten ein »zweigleisiger Kampf« gegen diese Erscheinungen durchgeführt. Mit politischem Druck, geistiger Zermürbung und grausamer Gewalt hat man den Bauern auch noch die verbliebenen Eigenrationen und das Saatgut weggenommen. Und wenn die Bauern auch nur die geringste Unzufriedenheit äußerten, wurden sie verprügelt oder totgeschlagen.
Am Hahnenberg wurde die Kampagne gegen die Verheimlichung und Abzweigung von Getreidemengen auf die Spitze getrieben. Li Ruiying (Zhang Shufans Ehefrau) war damals die Vorsitzende der Liga der Verheirateten Frauen im Bezirk Xinyang. Im Juni 1959 schickte das Gebietskomitee Li Ruiying mit einer Arbeitsgruppe zur Volkskommune am Hahnenberg, um die Erfahrungen bei der Produktion von 10000 Pfund Wasserreis auf einem Mu [6] zusammenzufassen; das war ein Pilotprojekt des Kreiskomiteesekretärs von Xinyang. Li Ruiying blieb mit ihren Begleitern über einen Monat vor Ort und musste feststellen, dass die Daten gefälscht waren und die Bauern alle hungerten. Sie schrieb einen entsprechenden Bericht an den Kreiskomiteesekretär Lu Xianwen und verlangte für die angesprochene Volkskommune 210000 Pfund Getreide. Lu Xianwen hat dieses Getreide nicht nur nicht bewilligt, er hat Li Ruiying zudem noch den Hut rechter Tendenzen aufgesetzt und schickte den stellvertretenden Generalsekretär des Gebietskomitees Wang Binglin. Wang Binglin stellte ebenfalls fest, dass die Volkskommune hungerte und sagte Lu Xianwen, als er zurückkam, ebenfalls die Wahrheit. Lu Xianwen bemerkte dazu: »Auch Wang Binglin wird schwankend.«
Wang Binglin hatte Angst, zu den Rechtsabweichlern geschlagen zu werden, also organisierte er nach einem Vorschlag von Lu Xianwen in der Volkskommune am Hahnenberg eine Vorortversammlung über die Resultate der Kampagne gegen die Verheimlichung und Abzweigung von Getreidemengen. Auf dieser Versammlung wurde das verheimlichte und abgezweigte Getreide auf Reismatten ausgebreitet, obenauf lag nur eine dünne Schicht von Getreide, darunter war alles Spreu. Das Gebietskomitee wies darauf hin, dass die Kader die »drei Pässe« überwinden müssten: das Geschrei der Massen, die Abwanderung der Bevölkerung und die Schließung der Volksküchen.
Wer während dieser Kampagne etwa sagte, es gäbe überhaupt kein Getreide, dem wurden verschiedene Vergehen angelastet – unter anderen »Leugnung der Drei Roten Banner« [7] , »Leugnung der großen Ernteerträge« und »rechte Tendenzen« – und er wurde einer Kampfkritik unterzogen.
Was die Schließung der Volksküchen aus Mangel an Lebensmitteln anging, so bezeichnete man das als Bedrohung der Kader durch die Massen, und wenn die Massen ihre Frauen und Kinder im Stich ließen und am Straßenrand verhungerten, dann war das ein »Angriff auf die Partei« [21] .
Während der Verheimlichung und Abzweigung von Getreidemengen wurden über Kader und die einfache Bevölkerung alle möglichen Strafen verhängt. Alleine im Kreis Guangshan wurden 2241 Menschen zusammengeschlagen, 105 davon starben an den Folgen, 526 Kader wurden ihrer Ämter enthoben und noch mehr wurden totgeschlagen.
In seinem Buch Die Ereignisse von Xinyang hat Qiao Peihua die blutigen Ereignisse in der Produktionsbrigade Dashu der Volkskommune Huaidian im Kreis Guangshan festgehalten:
»Ende September 1959 wurde Wang Pinggui von der Produktionsgruppe
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