Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
einberufen und Pilotprojekte zur Auflösung der Kantinen eingerichtet.
Am Abend des 19. April hat die Untersuchungsgruppe hinter einigen Pilotprojekten Großversammlungen der Kommunemitglieder abgehalten und die Auflösung der Gemeinschaftsküchen angekündigt. Es wurde verlangt, das Geschirr, die Gebrauchsgegenstände, die Verteilungspläne der Privatparzellen hinter und vor den Häusern der Einzelnen und die gegenwärtigen Pläne für die Verteilung des Wohnraums in Ordnung zu bringen. Die Kommunemitglieder waren ausnahmslos auf den Knien dankbar und sprachen davon, die Untersuchungsgruppe des Zentralkomitees habe »der Himmel geschickt« und den Bauern die Fesseln abgenommen. Tatsächlich war die Zeit für eine Auflösung der Gemeinschaftsküchen überreif. Die Versammlungen der Kommunemitglieder an diesem Abend haben sich erst spät in der Nacht aufgelöst und konkrete Pläne erstellt. Am nächsten Tag nach dem Frühstück wurden Geschirr und Nahrungsmittel, Öl, Salz, Feuerholz, Gemüse verteilt und das Mittagessen hat wieder jeder für sich zu Hause zubereitet und gegessen. Bis zum 25. des Monats waren alle Gemeinschaftsküchen der Volkskommune aufgelöst.
Am 26. April 1961 hat das Zentralkomitee den Brief von Hu Qiaomu und seine vier Anlagen an das ganze Land weitergeleitet, und in einer Anmerkung zu diesen Dokumenten hieß es: »Auf Anweisung des Genossen Mao Zedong leiten wir euch heute einen Brief und vier Anhänge weiter mit der Bitte um sorgfältiges Studium als Grundlage für die Lösung der Kantinenfrage und anderer damit zusammenhängender Probleme. Ob ihr diese Dokumente nach unten weiterleitet, liegt in eurem eigenen Ermessen.« [490] Anschließend verschwanden die Gemeinschaftsküchen aus China.
Dieses Dokument sprach sich nicht eindeutig für eine Auflösung der Gemeinschaftsküchen aus. Selbst zur Frage der Weiterleitung nach unten hat es nicht eindeutig Stellung bezogen. Zur gleichen Zeit haben auch andere Führungspersönlichkeiten entweder eigene Untersuchungsgruppen losgeschickt oder sich selbst in die ländlichen Gebiete begeben, um sich ein Bild zu machen. Sie alle haben sich wie auf Verabredung für eine Auflösung der Kantinen ausgesprochen. Am 9. Mai 1961 schreibt der erste Sekretär des Provinzkomitees von Gansu Wang Feng in einem Bericht:
»Die Massen haben eine extreme Angst vor den Kantinen und hassen sie wie die Pest. Sie sagen: ›Freunde treffen, einen Funktionär, Brötchen, Suppe essen ist nicht schwer‹; sie sagen: ›Der Bauch der Küchenbullen, der Züchter heißer Kang, das geht Brigade und Verwaltung nichts an‹; sie sagen: ›Am Stil des Löffels ist ein Messer‹; sie sagen: ›Die Kantinen sind Kantinen (wo man kocht), sie sind Gericht (wo Küchenbullen uns schlagen und beschimpfen), sie sind Rezeptionen (wo Brigadeleiter und Funktionäre die jungen Frauen zum Küchenpersonal machen und es mit ihnen zwischen den Töpfen treiben)‹. Wie zum Beispiel der Brigadeleiter der sechsten Brigade und ihre Funktionäre […] korrupt und raffgierig haben sie die Rationen der Kommunemitglieder unterschlagen und damit über 13 Frauen verführt und vergewaltigt. 1960 sind 39 Personen, die in dieser Kantine gegessen hatten, gestorben.« [491]
Im Juni 1961 wurde auf einer vom Zentralkomitee in Beijing veranstalteten Versammlung beschlossen, die frühere Forderung, derzufolge jedes Produktionsteam seine eigene Gemeinschaftsküche unterhalten sollte, sowie die strikte Regel, dass die Rationen für die Kommunemitglieder den Kantinen auszuhändigen seien, zu modifizieren. Es wurde betont, die Diskussion der Kommunemitglieder entscheide darüber, ob eine Kantine unterhalten werden solle oder nicht, und die Rationen sollten ausnahmslos nach Haushalten ausgegeben und dann von den Kommunemitgliedern selbst verteilt werden. [492]
Wang Fengs Bericht erzählt von der Freude der Massen über die Auflösung der Kantinen: »Jetzt können wir den Löffel wieder in die eigene Hand nehmen und sie haben uns nicht mehr an der Gurgel.«
Kapitel 8
Das Wüten der »Fünf Winde«
Die sogenannten Fünf Winde bezeichnen den »Wind des Kommunismus«, den »Wind der Schaumschlägereien«, den »Wind der Zwangsanordnungen«, den »Wind der Kaderprivilegien« und den »Wind der blinden Führung bei der Produktion«. Diese Fünf Winde sind im Gefolge der Drei Roten Banner aufgekommen, sie haben die Produktionskraft der ländlichen Gebiete zerstört und waren eine direkte Ursache für die
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