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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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setzten, als »rote Fahnen« betrachtet wurden, die man vermehrt nutzen musste.
    In den Maisgebieten der Volkskommune Qingxia in Sichuan wurde flächendeckend »Land konzentriert, ausgerichtet, mit Doppelreihen in variierendem Abstand versehen und engbepflanzt«, die Abstände wurden mit dem Lineal nachgemessen, die Ausrichtung der Felder mit einem »Richtungsmessgerät« korrigiert.
    In der Volkskommune Shou’an im Kreis Pujiang wurden ein Jahr lang auf Versuchsfeldern Engpflanzungen getestet, was große Verluste einbrachte. Nach einer Untersuchung kam das Kreisparteikomitee zu dem Schluss, man könne sich die Konsequenzen bei einer noch größeren enggepflanzten Fläche gar nicht vorstellen, aber das Gebietsparteikomitee war anderer Auffassung: »Ihr seid eine Organisation der Kommunistischen Partei Chinas und das ist ein Beschluss des Zentralkomitees dieser Partei und deshalb müsst ihr euch daran halten!«
    Durch die überdichte Engpflanzung kam zwischen die Setzlinge kein Wind mehr, es kam keine Sonne durch, man konnte nicht einmal mehr Samen ernten. Doch auch wenn das so war, die »Engpflanzung« war eine Anordnung von ganz oben, der sich niemand zu widersetzen wagte. Erst am 29. April 1959, als Mao Zedong selbst in einer »parteiinternen Mitteilung« schrieb, »man dürfe nicht zu dicht pflanzen«, wurde das Problem beseitigt.
    Auch über das Tiefpflügen hatte Mao eine Bemerkung gemacht. Daraufhin wurde im ganzen Land auf eine Tiefe von über einem Meter gepflügt. Frische Erde wurde nach oben gewendet, die reife Erde untergegraben. Nicht nur die arbeitende Bevölkerung hat dabei Geld verloren, es wurde auch die Bodenstruktur zerstört, was zu einer gewaltigen Produktionsminderung führte.
    Im Oktober 1958 wurde in der Volkskommune Fanjiazhun und Baoziyan in Jilin die militärische Untergliederung in Bataillon, Kompanie und Zug eingeführt. Danach kam »der große Kampf der Armee und der Große Sprung«. Der erste Kriegsschauplatz war das Tiefpflügen. Auf diesem Schlachtfeld wurde »die Militarisierung organisiert, die Kampfbereitschaft hergestellt und das Leben kollektiviert«. Ob man schon am Stock ging oder noch grün hinter den Ohren war, alles musste an diesem großen Kampf auf den Feldern teilnehmen. Es wurde verlangt, dass der ganze Boden auf eine Tiefe von drei Ellen, das ist fast ein Meter, umgepflügt wird. Dem Leiter der Brigade 10 wurde an Ort und Stelle wegen Langsamkeit seine »weiße Fahne« entrissen, er wurde entlassen. Um das Tempo zu erhöhen, wurden die Arbeitskräfte überall abgezogen, für die Herbsternte blieben nur Frauen und Alte, zehn Prozent des Getreides ging verloren. [524]  
    In der Volkskommune Fanhe in Liaoning hieß es von oben, die Engpflanzung müsse unabhängig von der Qualität des Bodens beibehalten werden, ebenso wie die angeordneten Abstände zwischen den Setzlingen, die bei der Aussaat gemessen werden sollten. Ein Kommunemitglied hat die Pflanzen ein wenig enger gesetzt als in den Bestimmungen vorgesehen, prompt wurde er vor eine Versammlung gezerrt und »kritisiert«, bis er zugab, »die Produktion zerstört zu haben«, erst da ließ man von ihm ab.
    Jeder Handgriff wurde geregelt, alles hörte auf das Kommando der Kader der Volkskommunen. Die Mitglieder des Produktionsteams Yangweilou haben sich einen eigenen Reim darauf gemacht:
    Nicht das Volk bebaut das Feld,
    das wird von Armeen bestellt,
    das Gras steht höher als die Saat,
    bis der Ertrag um Tonnen fällt.
    Die Blindheit in der Führung setzte sich bis 1960 fort. 1960 sagten die Kommunemitglieder:
»’58 war eure Führung blind, da haben wir noch etwas gesagt; ’59 habt ihr uns blind geführt, da haben wir es heimlich getan, was getan werden musste; in diesem Jahr setzt ihr alles auf eine Karte, und wenn ihr sagt, wir sollen Steine pflanzen, dann pflanzen wir auch Steine. Und überhaupt, wenn wir verhungern, ihr könnt uns nicht satt machen.« [525]  
    Am 16. November 1960 heißt es in einem von einer Arbeitsgruppe des Provinzkomitees von Jiangsu vorgelegten Bericht: [526]  
»Die kleinen Produktionsgruppen und Kommunemitglieder haben, ohne Recht auf Einspruch und ohne das den Gegebenheiten anpassen zu dürfen, die von den oberen Ebenen angeordneten Entscheidungen in Bezug auf die zu bestellenden Flächen, die Auswahl der Getreide, die Form der Aussaat und die technischen Maßnahmen befolgt. In diesem Frühjahr hat das Stadtkomitee eine Versammlung der Sekretäre von Volkskommunen und

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