Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
Kollektivierung hat die Aktivität der Bauern beeinträchtigt und die Nahrungsmittellieferungen sinken lassen. Im System der Planwirtschaft unterstanden sämtliche Ressourcen der strengen Kontrolle der Regierung. Das Zentralkomitee der Regierung hat seit der Staatsgründung immer wieder »Nahrungsmittelkämpfe« veranstaltet. Nach 1959 gab es derartige »Kämpfe« Tag für Tag und Monat für Monat. Das war ein Kampf zwischen der Regierung und den Bauern. Doch in der Mehrzahl waren die Opfer dieser Kämpfe die Bauern. Aufgrund der Lebensmittel waren die Bauern Gegenstand unbegrenzten Drucks durch die Regierung. Beim geringsten Gefühl einer angespannten Nahrungsmittellage hat die Regierung den Befehl gegeben, die »Ankaufverpflichtungen unbedingt zu erfüllen«, ein Befehl, der von der Regierungsmaschinerie rasch zu einer materiellen Kraft verwandelt wurde, und diese materielle Kraft wurde von Ebene zu Ebene größer und war, wenn sie erst unten bei den Bauern ankam, eine einzige große Katastrophe.
Der einheitliche staatliche An- und Rückverkauf
von Getreide
Nach den Zahlen staatlicher Statistiken ist die Gesamtbevölkerung in den Städten zwischen 1949 und 1954 um 43 Prozent gestiegen, [540] während Statistiken des Nahrungsmittelministeriums, die aus dem Blickwinkel der Nahrungsmittellieferungen erstellt wurden, davon sprechen, dass die Gesamtbevölkerung 1953 um 53 Prozent über der von 1949 lag. Die staatlichen An- und Rückverkaufszahlen haben sich zwischen 1950 und 1953 mehr als verdoppelt, konnten aber den Bedarf der Städte nicht decken.
In dem Erntejahr zwischen dem 1. Juli 1952 und dem 30. Juni 1953 weist die staatliche Getreidebilanz einen Saldo von vier Milliarden Pfund Getreide aus. Am 30. Juni wurden die Bestände in den staatlichen Getreidespeichern von 145 auf 105 Pfund reduziert. Im Juni 1953 kam die Getreidegruppe auf einer nationalen Finanz- und Wirtschaftskonferenz zu folgendem Schluss: Das Problem ist sehr groß, viel kann man nicht machen, und es wird schwer werden, so weiterzumachen. [541]
Vor der Gründung der Volksrepublik China war ein entsprechender Teil der Rohstoffe für die Mehlindustrie in den Städten entlang der Küste importierter Weizen gewesen. Nach Untersuchungsstatistiken der Jiaotong-Universität waren zwischen 1923 und 1930 im Jahresdurchschnitt 2516956 Dan, [542] also Zentner, ausländischer Weizen importiert worden. Es gab Gebiete, deren Weizen eine Zeitlang zum größten Teil aus Importen stammte. Aber nach der Gründung des neuen China war auch die Zeit der Weizenimporte beendet.
Im scharfen Konflikt über die Nahrungsmittelknappheit hat Mao Zedong das Finanz- und Wirtschaftskomitee des Zentralkomitees Maßnahmen ergreifen lassen. Am Ende hat das chinesische Finanzkomitee beschlossen, das staatliche An- und Rückverkaufssystem einzurichten und die gesamten Lebensmittel unter staatliche Kontrolle zu stellen. Der Großteil der von den Bauern produzierten Nahrungsmittel wurde vom Staat aufgekauft, die Bauern konnten, was sie für ihren Eigenbedarf brauchten, erst nach staatlicher Genehmigung behalten. Die Familien in den Städten bekamen ihre Nahrung auf Nahrungsmittelscheine. Außer den staatlichen Nahrungsmitteln gab es nichts zu kaufen. Diese Methode musste natürlich zu großer Unzufriedenheit bei den Bauern führen. Am 10. Oktober 1953 sagte Chen Yun auf einer nationalen Nahrungsmittelkonferenz: »Wenn wir keine Nahrungsmittel beschaffen können, wird der ganze Markt ins Wanken geraten; wenn wir zu der Maßnahme staatlicher Ankäufe greifen, werden wiederum die Bauern womöglich dagegen sein. Für welche Lösung wir uns auch entscheiden, wir werden in jedem Fall der Buhmann sein.« [543]
Mao Zedong und das Politbüro des Zentralkomitees haben am Ende den staatlichen An- und Rückverkauf betrieben und ihn im Dezember 1953 offiziell eingeführt. Die Parole für die ländlichen Gebiete lautete, die gesamten Lebensmittel an die Regierung zu verkaufen. In Wahrheit haben die regionalen Beamten die Bauern gezwungen, auch ihre Vorräte für den eigenen Bedarf, die Futtermittel und das Saatgut zu verkaufen, um so die Ankaufquoten überzuerfüllen und damit die eigene Tüchtigkeit unter Beweis zu stellen. Obwohl die Nahrungsmittelrationen für die Stadtbewohner staatlich geregelt waren, haben die Provinzen einen Teil davon einbehalten, um einen gewissen Spielraum zu behalten, so dass die Einwohner weniger bekamen als staatlich festgelegt.
Aufgrund
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