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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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bereits an die Kreiskomitees herausgegangen waren, wieder einsammeln. Am 14. Mai kam vom Provinzkomitee erneut eine dringlich Anweisung Li Jingquans über die Dichtpflanzungen.
    Bei einer Studienbesprechung im Nordwesten von Sichuan erklärte Miu Zhi, der die Konferenz leitete, mit lauter Stimme, warum der Große Vorsitzende diesen Brief geschrieben habe: »Wenn in Beijing aus einer Richtung ein kalter Wind aufkommt, hat der Vorsitzende Druckmittel.«
    Song Wenbin, der erste Sekretär des Gebietskomitees von Wenjiang, bekannte sich auf der Konferenz selbst zur »gemäßigten Fraktion«, woraufhin Li Jingquan Song in mehreren Telefonaten beschuldigte, »eine kalte Atmosphäre zu verbreiten«, und ihm sagte, dass er an der Umsetzung der Dichtpflanzung festhalten werde.
    Über die Probleme mit der Wahrheit, die Mao Zedong in seinem »Innerparteilichen Brief« angesprochen hatte, hatte Li Jingquan eine anderes Verständnis. Er sagte, es gebe zwei Arten der falschen Angaben, eine sei die Verheimlichung und Abzweigung von Erträgen, wo »viel da ist, aber wenig gemeldet wird«, die andere seien Übertreibungen, wo »wenig da ist und viel gemeldet wird«. Später rechtfertigte er seine Art der Lügerei: Der Hauptpunkt bei den Übertreibungen war, dass »wir mit der Sache nicht vertraut waren«, das war keine Ruhm- oder Geltungssucht, »der Hauptpunkt war der Konflikt zwischen Staat und Bauernschaft. Der eine muss etwas mehr herausziehen, die anderen würden ein wenig mehr essen […] und unser Gewissen sagt uns, dass der Staat weiterhin mehr bekommen sollte, bist du dann anderer Meinung?«
    Hat Li Jingquan sich so offen und ohne die geringsten Skrupel gegen die Anweisungen von Mao Zedong gestellt, weil er einen Widerstand gegen ihn im Schilde führte? Nein, es gibt nicht den geringsten Beweis für eine Illoyalität seinerseits Mao Zedong gegenüber. Seine »abweichende Position« war aus einer Überzeugung geboren. Er glaubte, er verstehe Mao Zedong besser als jeder andere; er war der Auffassung, was er tat, entspreche in viel stärkerem Maße den Vorstellungen Mao Zedongs.
    Und so war es auch. Die Kader, die die vom Zentralkomitee herausgebrachten Korrekturmaßnahmen zu sorgfältig gelesen hatten, hatten späterhin reichlich das Nachsehen. Manche wurden zu rechten Opportunisten erklärt. In Wahrheit ist Mao Zedong in Bezug auf die Probleme, die zu den großen Fehlern 1958 geführt haben (das heißt, die Politik der »Drei Roten Banner«) nie schwankend geworden; was er korrigieren wollte, lag im Bereich von Methode und Arbeitsstil, doch sobald Methoden und Arbeitsstil korrigiert wären, sollte der Große Sprung weitergehen.
    Als Mao Zedong leisere Töne anschlug, betonte Li Jingquan immer wieder, »der Erfolg des Großen Sprungs nach vorn muss gesichert werden, der Große Sprung muss weitergehen«. Die Überlegenheit der Volkskommunen »steht außer jedem Zweifel, das steht ein für alle Mal fest. Wenn in einer so grundlegenden Frage Zweifel aufkommen, dann ist das ein gravierender Fehler, dann ist das rechter Opportunismus.«
    Einerseits kritisierte er zwar die übertriebenen Erfolgsmeldungen und den kommunistischen Wind, gleichzeitig jedoch lobte er diejenigen Kader, die in dieser Richtung arbeiteten: »Sie zeigen die gewaltige Leidenschaft, wie sie einem Kommunisten ansteht«, und diese so wertvolle Leidenschaft »muss entschlossen bewahrt werden«.
    Li Jingquan wusste, dass Mao Zedong im Grunde seines Herzens hohe Quoten mochte. Mao Zedong sagte in seiner »Innerparteilichen Mitteilung«, »die harten Befehle von oben für Dichtpflanzungen sind nicht nur ohne Wirkung, sondern richten auch beträchtlichen Schaden an, man sollte solche Befehle im Grunde überhaupt nicht ausgeben«. Li Jingquan hat hinter der Oberfläche dieser Worte Maos insgeheime Freude an Dichtpflanzungen gespürt. 1959 kam Tian Jiaying, Maos Sekretär, nach Sichuan zu einer Inspektion und stellte fest, dass die Kommunemitglieder die für das Setzen der Reisschösslinge streng vorgeschriebene hohe Dichte nicht mochten, und appellierte ganz im Sinn von Maos »Innerparteilicher Mitteilung« an die Volkskommunen, es in diesem Punkt nicht zu übertreiben. Doch am Ende hat das Provinzkomitee dann doch beschlossen, an der hohen Pflanzdichte festzuhalten. Nur in der Volkskommune, in der sich Tian Jiaying aufhielt, wurde etwas weniger dicht gepflanzt. [161]  
    Am 7. Mai 1959 legte das Zentralkomitee der KPCh in einer Dringlichkeitsanordnung fest:

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