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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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Verwaltungsbezirk (die Basis).« [158]  
    Li machte weiter mit den hohen Quoten. Am 19. April 1959 veröffentlichte das Provinzkomitee »acht Richtlinien« für die Produktion in der Landwirtschaft. Darin wurden Anbau und Anbauflächen, Düngermengen, Pflugtiefe und Pflanzdichte strikt festgelegt, jedes Gebiet sollte an »der Ideologie, den Vorbildern, den kleinen Kampagnen unerschütterlich festhalten«. Die Rekordernten von Zehntausenden von Pfund erreichten einen Höhepunkt, bei der Schweinezucht, bei Eisen und Stahl, bei Ackerland und Wasserbau sollten neue Höhen erreicht werden.
    Das Zentralkomitee der KPCh stimmte diesen »acht Richtlinien« des Provinzkomitees von Sichuan zu. Am 26. April 1959 wurden diese »acht Richtlinien« mit einem Tagesvermerk an die Provinzen, Städte und Selbstverwaltungsgebiete weitergeleitet. In einem Aktenvermerk des Schriftstücks hieß es: In der Frage der Produktion in der Landwirtschaft gibt es in einigen Gebieten Erschlaffungserscheinungen. Nach der Überwindung von übertrieben hohen Falschmeldungen kam es zu einer Tendenz, nach der Quoten umso besser waren, je tiefer sie angesetzt wurden. Diese Tendenz sollte man im Auge behalten und überwinden und wie das Provinzkomitee von Sichuan einige notwendige Richtlinien herausgeben, um die Produktionsbewegung anzuschieben.« [159]  
    Nach der zweiten Zhengzhou-Konferenz warfen einige Provinzen wie Hebei und Henan, in denen der Große Sprung nach vorn besonders fanatisch verfolgt wurde, das Steuer herum. Li Jingquan tat das nicht, er blieb auf »Gegenkurs«. Dass er einen Brief, den Mao Zedong an die kleinen Teams gerichtet hatte, nicht nach unten weiterleitete, zeigt am besten seine Kühnheit. Am 29. April 1959 hatte Mao Zedong einen Brief mit dem Titel »Innerparteiliche Mitteilung« geschrieben, in dem er auf seine Ansichten in Bezug auf einige Fragen der Landwirtschaft zu sprechen kam und einige Worte fand für eine Ausrichtung an der Realität:
»Wie viel im Rahmen der Produktion der Haushalte auch produziert werden kann, man soll nicht von etwas sprechen, was bei allem Fleiß nicht erreicht werden kann, und man soll vermeiden, etwas fälschlich als erreichbar darzustellen, was nicht erreichbar ist. Wie viel man geerntet hat, das soll man sagen. Man kann keine Angaben machen, die der Wirklichkeit nicht entsprechen. Keine Maßnahme zur Produktionssteigerung […] darf falsche Angaben machen. Ehrliche Menschen, Menschen, die den Mut zur Wahrheit haben, werden am Ende der Sache des Volkes nützlich sein und es wird auch ihr Schade nicht sein. Diejenigen, die gerne falsche Angaben machen, schaden zum einen dem Volk und zum anderen sich selbst, das wird immer ihr Schade sein. Man muss sagen, dass der Druck der übergeordneten Ebenen diese vielen Lügen provoziert hat. Was an Bewegung, Druck und an Versprechungen kommt, das ist unten nur schwer umzusetzen. Deshalb, Enthusiasmus muss sein, aber Lügen müssen nicht sein.« [160]  
    Als ihm dieser Brief telefonisch weitergegeben worden war, gab Li Jingquan folgende Anweisung: »An die Kreiskomitees schicken, mündlich an die Volkskommunen weiterleiten, nach Beratungen dann auch an die Produktionsteams weiterleiten, aber keine abrupten Wendungen, um negative Gefühle zu vermeiden.«
    Auf einer anschließenden Konferenz der Gebiets- und Kreissekretäre betonte Li Jingquan immer wieder, man müsse diesen Brief Mao Zedongs »von seiner positiven Seite verstehen«. Nach der Konferenz wurde weiter an den hohen Quoten und Dichtpflanzungen der »acht Richtlinien« festgehalten und die Mahnung ausgesprochen, die Kader sollten sich jedem »Konservatismus und Tailism« [16]   widersetzen. An den hohen Quoten für die Getreideproduktion für 1959 dürfe »nicht gerüttelt« werden. Darüber hinaus sagte Li Jingquan, er gehe davon aus, dass es nach der Weiterleitung des »Innerparteilichen Briefes« an die Basis »dazu kommen kann, dass man alles laufen lässt und negative Gefühle entstehen«, darauf müssten alle ein Auge haben.
    Am 7. Mai 1959 hat das Zentralkomitee erneut eine dringliche Anweisung herausgegeben, in der klar angeordnet wurde, den innerparteilichen Brief Mao Zedongs »unverzüglich an die kleinen Produktionsgruppen weiterzuleiten« – eine Anweisung, die Li Jingquan schlichtweg ignorierte. Die Kader, die den innerparteilichen Brief in die Hände bekamen, waren überaus freudig überrascht, doch Li Jingquan, der wie auf heißen Kohlen saß, ließ die Kopien, die

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