Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
Dingen, die das Zentralkomitee im vergangenen Mai und Juni herausgegeben hat, muss man die negativen untersuchen und dann eine neue Anweisung für die Arbeit in den ländlichen Gebieten herausgeben.« [164]
Mao Zedongs Vertrauen in Li Jingquan wurde noch größer und seine Position wurde noch gefestigter. Im Herbst 1959 brachte er eine »reiche politische Ernte« ein. Die »Zeche« für seine große politische Ernte zahlten die einfachen Menschen in Sichuan.
Der Verzehr von unreifem Getreide, Bestrafungen und das Einbehalten von Mahlzeiten
Die Bauern, die den Hunger kaum noch ertrugen, haben gegessen, was ihnen in die Finger kam: unreife Weizenähren, unreife Reisähren und unreifen Mais. Aber wenn dieser »Verzehr von unreifem Getreide« irgendeinem Kader zu Ohren kam, gab es in leichten Fällen Bußgelder und Mahlzeiten wurden einbehalten, in schweren Fällen gab es alle möglichen grausamen Strafen und Torturen, die nicht selten zum Tod führten. Noch häufiger kam es vor, dass die Bauern noch nicht mal heimlich etwas gegessen hatten, sondern sie von Kadern nur verleumdet und dann bestraft wurden.
Zhu Yufa, Mitglied der Volkskommune Erster Mai im Kreis Rong nahm im Frühjahr 1961 2,5 Pfund Limabohnen aus der Erde und wurde mit einem Bußgeld von 120 Yuan belegt (das entsprach vier Monatsgehältern eines Wissenschaftskaders), außerdem wurden ihm zu Hause nicht nur seine Kleider, Decken, Matten, seine Süßkartoffeln und seine Vorratslieferungsbescheinigungen konfisziert, sie haben ihm sogar die Kleider vom Leib gezogen und ihn einer Kampfkritik unterzogen. Zhu Yufa musste zudem jeden Tag die Leute, die »ihm die Beute abjagten«, mit Getreide und Arbeitspunkten bezahlen.
Das Gebietskomitee hat den Kreis angewiesen, 1,2 Millionen Yuan an »Beute abzujagen«. Das Kreiskomitee hat dann diese Aufgabe weiterdelegiert in die Bezirke und die Bezirke haben sie unter Erhöhung der Quote an die Volkskommunen delegiert. Die einzelnen Volkskommunen und Produktionsbrigaden haben zur Erfüllung dieser Aufgabe unmenschliche Maßnahmen ergriffen; die Regel war, dass gesamte Familienvermögen als Beute zurückgezahlt werden mussten. Deshalb haben die Kader auf ihrer »Beutejagd« in ländlichen Gebieten wie Ledao, Chenjia, Longtan und Tangshan alles mitgehen lassen, was nicht niet- und nagelfest war. Wo sie ein Huhn sahen, haben sie es mitgenommen, wo sie eine Ente sahen, haben sie sie mitgenommen, sie haben den Kommunemitgliedern die Kleider und die Baumwolldecken weggenommen. Über diese »Beutejagden« hat manch ein Kader sich gesundgestoßen.
Das Kommunemitglied Tong Guangqian hatte für die Volksküche Holz gemacht und nutzte die Gelegenheit, um ein bisschen Feuerholz nach Hause mitzunehmen – die Volkskommune belegte ihn mit einem Bußgeld von 270 Yuan, aber Tong konnte die Summe nicht aufbringen, woraufhin die Volkskommune auf der Stelle die beiden schwarzlackierten Särge, die für die beiden alten Leute bei ihm zu Hause bestimmt waren, wegschaffen ließ, außerdem wurden aus dem Produktionsteam ein großes Mutterschaf, ein Huhn und eine Ente weggeschafft.
Einige Volkskommunen haben in Diskussionen die Zahl der Diebstähle festgelegt: Unter den 255 Haushalten der drei Produktionsbrigaden der Volkskommune Funan wurden 254 als Diebeshaushalte festgelegt. [214]
Im Frühjahr 1960 gab es in den Volksküchen des Kreises Gulin seit Tagen nichts mehr zu essen. Wer eine dünne Wassersuppe (in der ein paar Gemüseblätter schwammen) ergatterte, hatte das Gefühl, es geht aufwärts. Im Verwaltungsbezirk Jinping der Volkskommune Longmei waren zwischen Winter und Frühjahr 24,7 Prozent der ehemaligen Gesamtbevölkerung gestorben. Die hungernden Kommunemitglieder waren gezwungen, sich heimlich etwas zu essen zu organisieren. Von 84 Haushalten eines Produktionsteams der Volkskommune Zhangde haben 77 Getreide zur Seite geschafft. Die Strafen, mit denen die Kader den Verzehr von unreifem Getreide und das Beiseiteschaffen von Nahrungsmitteln belegten, waren ausgesprochen hart.
Von hohen Bußgeldern abgesehen wurden Mahlzeiten einbehalten, es gab Strafknien, es wurde gefesselt, aufgehängt, geschlagen, man kam in Umerziehungslager, es gab Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen von Vermögen. Das Einbehalten von Mahlzeiten war ein recht verbreitetes Phänomen. Von 70 Haushalten eines Produktionsteams im Verwaltungsbezirk Liuyi der Volkskommune Changjiang wurden 64 Mahlzeiten einbehalten. Die Kommunemitglieder
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