Grace - Die Biographie
einmal abgesehen, dürfte Prinzessin Stéphanie bis heute wohl der einzige Mensch sein, der mehr weiß.
Mit dem Tod von Grace Kelly wurde ein Mythos begründet – der Mythos um eine Frau, die mehrere Rollen innehatte und mehrere Leben gelebt hat. Um eine Frau, in deren Leben – das sich in zwei Hälften aufteilt, die beide genau sechsundzwanzigeinhalb Jahre ausmachen – die unfreiwillige Diskrepanz zwischen Schein und Sein stets groß war. Unter dieser Diskrepanz, die nicht zuletzt auch aus ihrer inneren Zerrissenheit, ihrem ausgeprägten Dualismus herrührt, litt sie selbst am meisten.
Sie selbst trat für das authentische Sein ein, war aber oftmals nur vom schönen Schein umgeben. Sie selbst trug einen Kern in sich, dem alles Artifizielle und Aufgesetzte, alles Prätentiöse und Pathetische letztlich nicht entsprach.
Grace Kelly war vor allem eine Frau, deren komplexer Persönlichkeit eine ausgeprägte Ambivalenz innewohnte. Die von Grace Kelly verkörperten Eigenschaften – eine konsequente Haltung, eine makellose, beinahe kühl wirkende Oberfläche auf der einen Seite und eine hohe Emotionalität und Wärme auf der anderen Seite – bieten bis heute eine Identifikationsfläche für Millionen. Nicht umsonst werben auch heute noch Luxushersteller von Uhren, Schmuck und edlen Füllfederhaltern mit ihr. Zu den berühmtesten Artikeln, die sogar den Namen der Schauspielerin tragen, gehört die sogenannte Kelly Bag .
Als Grace sich 1956 einmal in der Öffentlichkeit eine Handtasche von Hermès – eine ihrer seit jeher bevorzugten Marken – vor ihren Bauch hält, um ihre erste Schwangerschaft vor den Paparazzi zu kaschieren, wird just dieser Moment von einem Pressefotografen festgehalten und im Life Magazine umgehend publiziert: Seither trägt – mit dem Einverständnis des Palastes – die Kelly Bag von Hermès ihren Namen.
Etwa 1935 von Robert Dumas-Hermès für das 1837 gegründete Luxus-Modehaus Hermès entworfen und seinerzeit schlicht »le petit sac haut à courroies« (die kleine Tasche mit Trageriemen) benannt, firmiert einundzwanzig Jahre später eines der eleganten Leder-Handtaschen-Modelle – welches über die Jahrzehnte auch zunehmende Variationen in Design und Farbe und Preis erfährt – des Hauses seit 1956 als eigenständige Serie schließlich unter dem Namen der Aktrice und Fürstin. Die Kelly Bag ist eine Tasche, deren Stil die Verbindung aus Schlichtheit und Noblesse ausmacht. So wie jener seiner Namensgeberin.
Es ist ein Stil vollkommener Zeitlosigkeit und Generationen überdauernder Modernität.
Grace Kelly – das ihren übermächtigen Vater so sehr verehrende fragile Mädchen aus dem amerikanischen Philadelphia, die ätherische Schauspielerin aus Hollywood, die klassische Modeund Stilikone aus New York und Paris, die hilfsbereite Fürstin aus Monaco – hat ihr Leben lang stets innere wie äußere Haltung bewahrt. Um sich selbst nicht zu verlieren, um andere nicht zu belasten. Vielleicht auch, um manchmal eine andere sein zu können.
Darin ist sich Grace Kelly treu geblieben. Und ist postum zur zeitlosen Erscheinung avanciert, zur stilvollen Frau mit Vorbildfunktion. Zu einer Frau, die von innerer und äußerer Klasse zeugt. Trotz ihrer inneren Brüche.
Sie hatte diese innere Stärke, diese Fähigkeit, ganz für
sich zu stehen und an ihren Überzeugungen festzuhalten,
aber gleichzeitig reagierte sie unglaublich sensibel auf ihre
Umwelt, auf andere Leute, ihre Nöte oder Belastungen.
Sie versuchte, den Menschen auf ganz aufrichtige Weise
zu helfen. Und natürlich auch ihren Freunden, wenn
die Probleme im Leben hatten. Sie besaß eine große
Einfühlsamkeit, ein sehr liebevolles Wesen.
— Seine Hoheit Fürst Albert II. von Monaco über seine Mutter 7
Du hast Glück, kleine Blume.
Du stehst in der Sonne.
Und nimmst all die Wärme in dich auf.
Du blühst, ohne mit der Wimper zu zucken.
Während die Menschen um dich her streiten
und kämpfen.
Niemand weiß,
Daß auch du Kämpfe austrägst
Gegen die Kälte der Nacht,
Gegen das Dunkel,
Gegen Wurzeln, die dich umschnüren,
Gegen Regen und Schnee.
Nichts davon sieht man
Auf deinem schlichten Antlitz.
Du lächelst.
(Gedicht der elf- oder zwölfjährigen Grace Kelly, Anfang der vierziger Jahre 42 )
— I. DIE ERSTE LEBENSHÄLFTE
1929–1947
Die Jahre im Elternhaus:
Eine Kindheit und Jugend in Philadelphia
Grace war überempfindlich, was ihre eigene Familie betraf.
Sie bedeutete Grace unglaublich viel, mehr – so kam es
mir vor –,
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