Grace - Die Biographie
als Grace ihnen wichtig war … Auch wenn es in
der Familie Kelly einen starken Zusammenhalt gab, war es
nicht unbedingt herzlich.
— Fürst Rainier III. von Monaco 43
Deutsche Mutter und irischer Vater. Da war das
Verträumte, Poetische und da war das sehr strukturierte,
gewissenhafte, pünktliche, perfekte Deutsche. Sie war die
pünktlichste Frau, die ich gekannt habe. Die Verlässlichste.
Wenn sie gesagt hat ›So ist das und das‹, dann war das
so, ganz egal, da konnte nichts dazwischen kommen.
Zugleich konnte sie am Fenster stehen und sich die Wolken
anschauen oder vorm Feuer sitzen und stundenlang
reinschauen und verträumt sein und irgendwie in den
Wolken mit dem Kopf. Das ist ein Widerspruch.
— Robert Dornhelm 44
Der 12. November des Jahres 1929 ist ein Dienstag. In Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania kommt das Mädchen Grace Patricia Kelly im Privatkrankenhaus Hahnemann Medical College zur Welt. Das Hahnemann liegt an der Broad Street Ecke Vine Street im zentralen Stadtteil City West, unweit der City Hall, des Rathauses, und ist zu jener Zeit eines der größten amerikanischen Privatkrankenhäuser seiner Art.
Gut zwei Wochen nach der Geburt, am 1. Dezember, lassen Margaret und John B. »Jack« Kelly ihre Tochter in der nahegelegenen römisch-katholischen St. Bridget’s Church im vertrautenheimischen Viertel East Falls taufen. Ihren würdevollen Namen erhält die kleine Grace, da eine der vier Schwestern Jack Kellys, die im Alter von zweiundzwanzig Jahren während des Eislaufens an Herzversagen verstarb, diesen Namen trug. Just diese Schwester Grace stand, als sie starb, am Beginn einer scheinbar vielversprechenden Bühnenkarriere als Schauspielerin.
Inzwischen wohnen die Kellys nicht mehr in ihrem kleinen Apartment an der Ecke Ridge Avenue und Midvale Avenue in East Falls, in dem sie die erste Zeit nach ihrer Heirat verbrachten. Sie waren noch vor der Geburt von Sohn Kell in das von John B. Kelly ab dem Frühjahr 1925 eigens im Kolonialstil errichtete, zweigeschossige Siebzehn-Zimmer-Herrenhaus mit Schieferdach gezogen, erbaut aus rötlichem Kelly-Backziegelstein, geliefert von der eigenen Firma Kelly for Brickworks . Das am Eingang mit einem weißen Säulenportal versehene Herrenhaus in der 3901 Henry Avenue, Ecke Coulter Street, liegt auf einer nordwärts ansteigenden Anhöhe, hinter der sich eine kleine Grünfläche anschließt. Robert Dornhelm: »Sie haben nicht übertrieben luxuriös gelebt.« 45 Von ihrer alten Wohnung, die nur einen Steinwurf vom Schuylkill River entfernt lag, führt die Midvale Avenue vom rechten Flussufer bergauf, an der im Jahre 1853 begründeten katholischen St. Bridget’s Church vorbei, direkt zur Henry Avenue. Die sich über Kilometer erstreckende, bis in die höheren Hügel und Anhöhen von Philadelphias Wissahickon Valley Park führende Henry Avenue ist im Grunde eher dem Stadtteil East Falls zugehörig – und eigentlich nicht, wie es oftmals heißt, dem sich nordöstlich anschließenden, bekannteren Nachbarviertel Germantown. Aus dem im Jahre 1683 von Francis Pastorius für deutsche und holländische Siedler und Zuwanderer gegründeten Germantown, dem ältesten Vorort Philadelphias, und anderen Vororten von einst sind im Laufe vieler Jahrzehnte fest integrierte Stadtviertel geworden. Germantown ist das Viertel, in dem sich die Schulen befinden, die Grace später, in den dreißiger und vierziger Jahren, besuchen wird.
»Philadelphia ist nicht schön. Es ist eine Industriestadt: viele Medizinschulen, viel Forschung, viel Kunst, viel Musik – aber die Infrastruktur ist nicht gut. The Main Line ist die beste Wohngegend. Die Kellys wohnten in East Falls in einem schönen großenHerrenhaus. Es war sehr schön dort, wo sie lebten, aber es war nicht für die Upper class. Die wohnte in The Main Line.« 46
Die langgestreckte Henry Avenue in Philadelphia ist eine der Adressen, an der die sozial Bessergestellten leben. Etliche Villen und Herrenhäuser stehen hier, mit recht großen Vorgärten und einer Autozufahrt direkt zum Haus – wohnt man hier, ist man zumindest vermögend. Dennoch wird es Jack Kelly mit seiner Familie trotz aller erdenklicher Bemühungen nie gelingen, vollends akzeptiertes und integriertes Mitglied der städtischen High Society, respektive der alteingesessenen angelsächsischen Gesellschaft zu werden. Jener Gesellschaft, die in Philadelphia die sogenannte Main Line darstellt. Alteingesessene Herkunft und Vermögen sind die
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