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Graf Petöfy

Graf Petöfy

Titel: Graf Petöfy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Gebiet. Immer nur die, die von Kunst wenig wissen und verstehen, finden alles himmlisch und göttlich. Auch der Graf hat mehr Begeisterung als Verständnis. Erinnere dich nur, genau genommen, wußt er auch vom Theater nicht viel, trotzdem er die Wolter elfmal als Messaline gesehen hatte. Das sieht wie Studium aus, bedeutet aber wenig oder nichts. Er kennt eigentlich nur Personen, die ihm gefallen, und solche, die ihm mißfallen. Und das nennt er dann Kunst und Kritik! Und nun gar Bilder... Aber stelle dich hierher, daß ich den Blick auf den See frei habe... Nun, also Bilder, sagt ich. Ja, was tat er? Er nannte die Namen, und diese Namen gingen ihm glatt genug über die Lippen, denn er spricht recht gut Italienisch. Aber das ist auch alles. Und weil er zufällig viele Jahre lang in Verona gestanden hat, so sprach er am liebsten.. . Aber kennst du Paul Veronese?«
    »Gott, Franziska, wir sind doch aus einem gebildeten Lande.«
    »Nun gut also. Da hättest du nun hören sollen, was er mir alles vorschwärmte von Kolorit und pastos und satten Farben. Ja, du lachst, aber wirklich von satten Farben. Und das alles, wenn man elend und hungrig ist und kaum noch stehen kann, denn sie haben nirgends Stühle, bloß Bilder und immer wieder Bilder. Ach, da hieß es dann sich zusammennehmen, und mir war oft das Weinen nahe. Und doch ist er so gut, und ich muß und will ihm zuliebe leben, auch in kleinen Dingen. Denn an kleinen Dingen hängt ja das Glück und in der Ehe erst recht. Und ich bin doch nun in der Ehe.«
    »Versteht sich, bist du.«
    Franziska errötete. Dann faßte sie sich wieder und sagte: »Ja, Hannah, da hast du mir gefehlt und bei hundert anderen Gelegenheiten. Denn die Josephine dalberte nur immer, erst mit dem Zimmerkellner und dann mit dem Andras, trotzdem er noch ein halbes Kind ist und erst sechzehn wird... Aber, o Gott, was schwatz ich da von Venedig und Josephinen, all das bedeutet ja nichts, und nur das bedeutet was, wie dir's ergangen ist, dir, meiner lieben Hannah. Denn darin spiegelt sich mein eigenes Leben und wie mir's in Zukunft ergehen wird. Und nun sage mir, wie die Leute hier sind. Alles, was du mir gestern erzählt hast, war lange nicht genug und nur so notdürftig drüber hin. Ich will aber alles wissen, alles, ob sie freundlich und entgegenkommend sind oder zurückhaltend, offen oder verschlagen, gewitzt oder abergläubisch, mit einem Wort, gut oder böse. Verschweige mir nichts. Und nun sprich und stelle sie mir vor, einen nach dem andern, als ob sie leibhaftig vor mir stünden.«
    »Also der alte Czagy...«
    Franziska nickte.
    »Der ist der Erste, daran ist kein Zweifel. Er hat mehr Einfluß als alle anderen zusammengenommen. Aber wichtiger für dich ist doch eigentlich der kleine Kaplan.«
    »Ein Kaplan? Hier im Schloß?«
    »Nein, unten in der Stadt. In Szegenihaza. Wenn du das Glas nimmst, kannst du sein Haus sehen.«
    »Und dann?«
    »Nun, dann haben wir noch den Toldy, den alten Toldy.«
    »Oh, den kenn ich. Das ist des Andras Vater.«
    »Ja. Aber außer dem Andras hat er noch elf andere Kinder. ›Je mehr Magyar, je mehr Freiheit‹, ist einer von seinen Sätzen und Glaubensartikeln.«
    »Also wohl überspannt?«
    »Ich weiß es nicht sicher. Nur das weiß ich, er war Honvedfähnrich und hat einen Hieb über den Kopf von Anno neunundvierzig her. Es kann also wohl sein. Ist immer ungrisch rabiat und haßt alles, was kaiserlich ist. Aber ehrlich und kreuzbrav und kann erzählen und Geige spielen und hat nicht bloß den Garten und das Treibhaus unter sich, sondern auch die Galerie. Da weiß er gut Bescheid und kennt jeden Petöfy.«
    »Gut. Aber als ich gestern hier ankam, hab ich nicht drei, sondern dreißig gesehen oder doch nicht viel weniger. Ich erschrak ordentlich. Ein paar sahen aus wie Zigeuner.«
    »Und sind es auch, und sind eigentlich alle wie Zigeuner oder Mäusefallenhändler. Alle schlank und braun und langes Haar und gutmütig und lachen immer. Aber ich trau keinem nicht. Wutsch, ist ein Löffel weg. Es ist alles wie in einer Verschwörung.«
     
Fünfzehntes Kapitel
     
    Bald darnach war die Toilette beendet, und Franziska, während sich Hannah noch im Zimmer um sie her zu tun machte, nahm auf gut Glück eins der Bücher vom Bücherbord und setzte sich in das Nischenfenster, um zu lesen. Aber sie war zerstreut, der Sinn stand ihr nach anderen Dingen, und so legte sie das Buch wieder beiseite und sagte:
    »Es geht nicht, Hannah. Ich möchte lieber etwas sehen, den Park oder

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