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Graf Petöfy

Graf Petöfy

Titel: Graf Petöfy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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weiter fragen konnte, setzte sich der Zug auch schon in Bewegung und bog vom Hof her in den Schlängelweg ein, den man unter dem Portal hin noch eine Strecke weit verfolgen konnte.
    Franziska war blaß geworden und zitterte. »Hast du's gehört?«
    »Was?«
    »Du fragst noch? Als man zu meinem Einzuge läutete...«
    »... hatte die Glocke schon einen Sprung. Das ist es und weiter nichts. Glaube mir, ich versteh mich auf Glocken, und wenn du durchaus was von Zeichen und Auslegung haben willst, so sag ich dir, es heißt: ›Alles, was hier nichts taugt oder einen Sprung hat, das muß jetzt ans Licht und offenbar werden. Ein neues Leben unter der neuen Gräfin!‹ Ja, Fränzl, das heißt es.«
    »Ach, Hannah, das sagst du so, weil du mir ansiehst, daß es mir einen Stich ins Herz gegeben hat, und weil du mich trösten willst. Aber du redest es mir nicht fort. Es gibt eben Zeichen und Träume.«
    »Für die, die daran glauben. Ich habe meinen lutherischen Katechismus und das Gesangbuch. Und das ist besser als Traumbuch und Aberglauben.«
     
    Eine Stunde später war der Graf zurück und ließ fragen, ob die Gräfin eine Spazierfahrt mit ihm machen und darnach die Bildergalerie besichtigen wolle. Der alte Toldy habe schon Ordre, die Vorhänge zurückzuziehen und für Luft und Licht zu sorgen.
    Franziska war froh – an ein »Nein« war ohnehin nicht zu denken –, und in halb wiedergewonnener guter Laune bestieg sie gleich darnach den Korbwagen, in dem sie schon gestern die Fahrt vom Dampfschiff bis zum Schlosse gemacht hatte. Der Graf fuhr selbst, war sehr aufgeräumt und fragte viel und rasch, schwieg aber beharrlich über den Zwischenfall, trotzdem die Gerätschaften und Taue noch umherlagen, deren man sich bei dem Herabholen der Glocke bedient hatte.
    Der Park war eine Schöpfung aus des Großvaters Tagen her und überdeckte den halben Schloßberg, der nach rückwärts hin ebenso sanft und allmählich wie nach vorne hin steil und plötzlich abfiel. Auf der allmählich abfallenden Seite waren fünf große Terrassen angelegt, die zunächst durch Treppenstufen, aber nebenher auch durch in der Serpentine gebaute Fahrwege miteinander Verbindung hielten. Innerhalb dieser Wege ging jetzt die Fahrt. Auf der zweiten Terrasse befand sich die Stelle, wo der artesische Brunnen gegraben wurde, dann kamen gespannte Teiche mit Hängeweiden, bis endlich eine schon ganz am Fuße des Berges gelegene Hütten- und Häuserreihe folgte, darin alles wohnte, was man trotz seiner Zugehörigkeit zu Haus und Herrschaft oben im Schloß nicht haben wollte: Slowaken und Walachen und der alte Zigeunerkönig Hanka, der von hier aus seinen meist auf der Wanderschaft begriffenen, ziemlich zahlreichen Clan regierte. Zuverlässig war nur Klaus Ambronn, ein deutscher Schmied aus den Rheinlanden her, der, soweit es ging, nach dem Rechten sah und das Amt eines Vogts oder Schultheißen verwaltete.
    Der Graf freute sich der Teilnahme, die Franziska sichtlich bewies und die noch wuchs, als sie wahrnahm, daß unter des Schloßherrn Passionen auch die Parkpassion eine Rolle spielte. Geschickt raffte sie zusammen, was ihr von Sanssouci, Wörlitz und dem Dresdener Großen Garten her noch in Erinnerung war, und zog allergewagteste Parallelen, die jedoch dadurch eher gewannen als verloren, indem sie dem Grafen, was er sehr liebte, Gelegenheit zu Berichtigungen und Erklärungen boten.
    Ausgangs der Hütten- und Häuserreihe stand eine Gruftkapelle, wenig über hundert Jahre alt, durch deren Gitterstäbe Franziska die großen Metallsärge stehen und eine, so schien es, von der Wölbung herunterhängende Lampe mit mattem Schimmer brennen sah. Sie wollte fragen, was es sei, bezwang sich aber und schwieg und beglückwünschte sich gleich darnach zu diesem Schweigen, als sie von der Kapelle her in einen entzückenden Wiesengrund einbogen, darin ein von einem Nachbarberge herabkommender Bach schäumte. Zahlreiche Birkenbrücken führten von einem Ufer aufs andere hinüber und herüber, und an eben diesem Bache hin ging jetzt eine halbe Stunde lang die Fahrt, bis der Graf, eine Kurve nach rückwärts hin beschreibend, einen breiten Platanenweg ereichte, der in seiner Verlängerung allmählich wieder auf die Schloßhöhe hinaufführte.
    Franziska war sehr glücklich. Namentlich die Wiesengrundpartie hatte sie wirklich erquickt, und ein leises Unbehagen kam ihr erst wieder, als sie bei der Rückkehr in den Schloßhof des Glockenturms und der offenen Dachstelle darüber

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