Graf Petöfy
aussehenden Dieners unterbrochen, der mit vieler Förmlichkeit meldete, daß der Graf die Frau Gräfin erwarte, so's der Frau Gräfin genehm sei... Auf der Veranda.
»Wer war der Alte?« fragte Franziska.
»Das war Herr Koloman Czagy, des Grafen erster Kammerdiener. Er kränkelt seit einiger Zeit und war deshalb letzten Winter nicht mit in Wien, sonst hätten wir seine Bekanntschaft schon früher machen müssen. Ja, Herr Koloman ist mit dem Grafen jung gewesen und gilt fast noch mehr als der Andras.«
»Ah, ich versteh. Aber unter allen Umständen will ich den Grafen, seinen Herrn, nicht warten lassen! Arrangiere mir nur das Haar ein wenig, es ist so zerzaust vom Wind, und erzähle mir dabei. Du mußt ja während dieser drei Wochen eine ganze Welt von Dingen erlebt haben, und wenn ich dich so stehen sehe, kommst du mir schon halb ungrisch vor. Bring mir nur ein paar Worte bei, daß ich wenigstens ›Guten Tag‹ oder ›Wie geht es Ihnen?‹ sagen kann. Ich will dem Grafen eine Freude machen. Er ist so dankbar für Kleinigkeiten.«
Der Tee ward auf der Veranda genommen und dabei lebhaft und in heiterem Tone geplaudert.
»Ich hoffe, daß nichts fehlt«, sagte der Graf.
»Im Gegenteil«, scherzte Franziska. »Mehr ist da, als ich erwarten durfte, selbst eine Muttergottes über dem Schreibtisch.«
Er lachte.
»Ja, Fränzl, ohne das tun wir's halt nit, und a bissel fürs Haus ist auch in alle Wege gut, wie Riechsalz oder Melissengeist. Ehe man's sich versieht, braucht man's und fragt nicht lang, ob es aus einer Klosterapotheke stammt oder aus einer andern. Konfession! Bah, das bedeutet nicht viel. Es gibt so vieles, was drübersteht und sich unmittelbar an den Menschen wendet, er sei so oder so. Sieh, ich glaub eigentlich nichts und überlaß es meiner Schwester-Gräfin, mich aus dem Fegfeuer oder auch noch von woandersher freizubeten, aber unsere schwache Natur ist doch schließlich immer stärker als unser stärkster Unglaube, der au fond bloß renommiert und keine Courage hat, das weiß ich von mir selbst, und sowie was auf dem Spiele steht oder auch bloß eine Gicht oder ein Zwicken kommt, so schiel ich nach meinem heiligen Stephan hinüber, der über meinem Schreibtisch steht, gerad so wie das Muttergottesbild über dem deinen, und sage: ›Nun hut dich und sput dich, Stephanerl, und tu was für einen Magyar und ehrlichen Christenmenschen.‹ Und sieh, Fränzl, ich denke mir, so was steckt in jedem und am End auch in einer kleinen, lieben Ketzerseele.«
So ging das Gespräch, ganz wie der Graf es liebte, pointiert und an Klippen hin, aber so munter und gut gelaunt es zu sein trachtete, der Ton voller Unbefangenheit wollte doch nicht aufkommen. Ihn beschäftigte die Frage, wie sie sich in dieser ihr fremden Welt wohl zurechtfinden werde, während sie von der Sorge beherrscht blieb, daß eine tiefe Verlegenheit, die sie fühlte, sich doch vielleicht in ihrem Auge verraten haben möchte.
Der Abend brach endlich herein, und ein kühlerer Luftstrom kam vom See her, aber es war kein Wind, die Lampe flackerte nicht, und der lang herabhängende Schleier derselben bewegte sich nur, wenn sich einer der Nachtschmetterlinge darin verfing. Endlich wurde der Mond über dem Gebirge sichtbar und stand so licht und klar da, wie wenn er den Frieden besiegeln wolle, der drunten ausgebreitet lag. Franziska blickte still und tief aufatmend hinauf, und auch der Graf schwieg, als er sah, wie das Bild sie berührte.
Dann erhob sie sich und bot ihm eine gute Nacht.
Oben fand sie Hannah, die die Fenster geöffnet hatte.
»Wonach siehst du?«
»Nach dem Gießbach, der hier links vom Schloßberg kommt. Er sickert jetzt bloß so hin und wartet auf die Regenzeit. Da soll's dann eine Pracht sein.«
»Ist aber doch besser so. Der Regen macht immer trüb und sperrt alles ein. Ich bin für Sonne, Licht und freie Bewegung, nur freilich heute nicht mehr. Es war doch ein anstrengender Tag, der mich müde gemacht hat. Komm, kleide mich aus und erzähle mir; ich hab ohnehin noch allerlei Fragen. Sage, spukt es hier?«
»Ich habe noch nichts gesehen.«
»Das beruhigt mich nicht ganz. An dich können sie nicht heran, du bist wie das leibhaftige Vaterunser. Aber jedes alte Schloß hat nun mal einen Spuk. Ich weiß es aus unserer Gegend, und es wird hier nicht anders sein. Auf jede hundert Jahre kommt ein Gespenst.«
»Aber wie du nur sprichst. Da müßten wir hier ja zwei haben.«
»Und haben wir gewiß auch.«
»Ein schwarzes
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