Gralszauber
beiden Händen
auf den Tisch und hob noch langsamer den Blick. »Ich
verstehe Euch wirklich nicht, fürchte ich«, sagte er.
»Ich wünsche, dass Ihr hier auf Camelot bleibt, bis die
Hochzeitsfeier vorüber ist, Mordred«, antwortete Artus. Er
lächelte noch immer, aber seine Stimme war so kalt wie
Eis und der Ausdruck in seinen Augen erinnerte Dulac an
geschliffenen Stahl.
»Als Euer Gast – oder Euer Gefangener?«, fragte er geradeheraus.
»Diese Entscheidung«, antwortete Artus, »liegt ganz bei
Euch. Aber ich wäre sehr froh, wenn Ihr die richtige treffen würdet.«
»Das werde ich, Artus«, sagte Mordred. »Verlasst Euch
darauf.«
Er sprang in die Höhe, seine rechte Hand riss das
Schwert aus der Scheide, mit der anderen griff er nach
dem Gürtel, zog einen Dolch und schleuderte ihn mit
furchtbarer Gewalt nach Artus. Der Dolch verwandelte
sich in einen flirrenden Blitz, dem der Blick nicht mehr zu
folgen vermochte.
Dennoch war Dulac schneller.
Er war sich nicht bewusst, was er tat. Etwas in ihm –
vielleicht der Silberne Ritter, den es tief in ihm immer
noch gab – übernahm einfach die Kontrolle. Dulac schleuderte den Weinkrug, den er noch immer in den Händen
hielt, nach Mordred und warf sich mit weit ausgebreiteten
Armen nach vorne auf Artus. Seine Wucht war so groß,
dass Artus mitsamt seinem Stuhl zur Seite kippte, gegen
den Gwinneths krachte und ihn auch noch aus dem
Gleichgewicht brachte.
Dulac spürte etwas wie einen sanften Schlag gegen Rükken und Schulter. Er wusste genau, was es war, und erwartete einen grausamen Schmerz, aber es tat überhaupt nicht
weh. Dennoch war die Gewalt des Treffers so groß, dass
Artus, Gwinneth und er zusammen zu Boden geschleudert
wurden. Die beiden Stühle zerbarsten und er hörte Artus
ächzen und Gwinneth vor Schrecken aufschreien.
Er stürzte, rollte schwerfällig von Artus herunter und
blieb auf dem Rücken liegen. Dulac spürte immer noch
keinen Schmerz, aber er konnte sich nicht bewegen. Seine
linke Schulter war taub und er fühlte seinen Arm nicht
mehr.
Alles schien unwirklich und leicht zu werden. Er hörte
Kampfgeräusche, Schreie und das Klirren von Stahl.
Mordred wehrte sich offenbar mit aller Kraft, aber Dulac
wusste, dass er am Ende unterliegen würde. Er mochte so
stark wie zehn Männer sein, aber die Übermacht war
selbst für ihn zu groß.
Aber all das interessierte Dulac plötzlich gar nicht mehr.
Das Gefühl von Leichtigkeit, das ihn ergriffen hatte, wurden immer stärker. Es war ihm gleich, was mit Mordred
geschah, mit den Rittern, ja selbst mit Artus. Etwas tief in
ihm war zerbrochen und er spürte mit unerschütterlicher
Gewissheit, dass er sterben würde.
Auch das war ihm gleich. Er hatte überhaupt keine
Angst Er wünschte sich nur, Gwinneth wäre bei ihm.
Dann ging sein Wunsch in Erfüllung. Gwinneths Gesicht
schwebte über ihm, eingerahmt in einen sanften, warmroten Lichtschein, der alles andere ringsum verschwimmen ließ und ihrem Antlitz etwas Engelhaftes gab. Jemand
hatte ein Stück aus der Zeit herausgeschnitten, denn er
konnte sich weder erinnern das Bewusstsein verloren zu
haben noch eingeschlafen zu sein. Dennoch lag er nicht
mehr auf dem Boden vor dem Kamin, sondern in einem
weichen Bett. Das mit Teppichen und Gemälden verzierte
Mauerwerk gehörte zu Artus’ Privatgemach und das Licht
stammte von brennenden Fackeln an den Wänden.
»Ist er wach?«
Dulac begriff irgendwie, dass es sich bei der Frage um
ihn handelte. Er wollte nicken, aber sein Körper weigerte
sich immer noch ihm zu gehorchen.
An seiner Stelle antwortete Gwinneth. »Ja. Aber ich
weiß nicht, wie lange.«
Dulac versuchte ihr Gesicht genauer zu erkennen. Das
rote Licht verwischte nun nicht mehr alle Konturen, sodass er sehen konnte, wie unendlich müde und erschöpft
sie aussah. Sie hatte geweint.
»Was … ist passiert?«, murmelte er.
»Du sollst doch nicht reden, du Dummkopf«, schalt ihn
Gwinneth. »Das strengt dich nur an.«
»Lass ihn ruhig.« Schritte wurden laut, dann trat Artus
in sein Blickfeld. Er sah so müde und erschöpft aus wie
Gwinneth. »Es spielt keine Rolle mehr. Und er hat ein
Recht, alles zu erfahren.«
Dulac hatte das Gefühl, dass diese Worte ganz dazu angetan waren, ihm Angst zu machen, aber dieses Gefühl
stellte sich nicht ein. Stattdessen empfand er eine tiefe
Dankbarkeit.
Er befeuchtete seine Lippen mit der Zungenspitze, um
deutlicher reden zu können, und fragte noch einmal: »Was
ist
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