Gralszauber
von seiner Farbe verloren und er blutete aus
einer dünnen Schnittwunde am Hals. Sein Schwert war so
weit davongeflogen, dass es in der Dunkelheit nicht mehr
zu sehen war.
»Das … das … das tut mir entsetzlich Leid, Herr«,
stammelte Dulac. Er war den Tränen nahe. Er hatte das
Blut des Königs vergossen! Ganz egal, ob er es nun absichtlich getan hatte oder nicht, sein Leben war verwirkt.
»Ach, halt die Klappe!«, knurrte Artus. Er stand auf,
fuhr sich mit der Hand über den Hals und betrachtete anschließend stirnrunzelnd das Blut, das an seinen Fingern
klebte.
»Du hast also noch nie ein Schwert in der Hand gehabt,
wie?«, knurrte er. »Dann musst du entweder ein wahres
Naturtalent sein oder der unverschämteste Lügner, der mir
je untergekommen ist.«
»Ich schwöre, Herr, ich … ich weiß nicht, was passiert
ist!«, stammelte Dulac und das entsprach mit jedem Wort
der Wahrheit. Er erinnerte sich nur, dass … irgendetwas
geschehen war. Nicht er schien das Schwert geführt zu
haben, sondern das Schwert ihn, und das so schnell, dass
er seine eigenen Bewegungen nicht einmal wirklich mitbekommen hatte.
Zitternd vor Furcht fiel er auf die Knie und senkte das
Haupt. »Verzeiht mir, Herr!«, flehte er. »Bitte tötet mich
nicht. Ich schwöre Euch, dass es keine Absicht war.«
Artus bedachte ihn mit einem finsteren Blick, dann
wandte er sich um und kniete am Flussufer nieder, um sich
das Blut vom Hals zu waschen.
»Du kannst gehen«, knurrte er.
»Gehen?« Dulac hob ungläubig den Kopf. »Ihr meint,
Ihr wollt mich nicht bestrafen?«
»Wofür?«, fragte Artus übellaunig.
»Ich habe Euch verletzt«, sagte Dulac.
»Verletzt? Dass ich nicht lache! Das war meine eigene
Ungeschicklichkeit, was bildest du dir ein, Bursche? Soll
ich etwa zugeben, dass mich ein Küchenjunge im
Schwertkampf besiegt hat?« Er schüttelte heftig den Kopf.
»Verschwinde endlich. Geh und suche Dagda, diesen alten
Quacksalber. Er soll sich beeilen herzukommen, und Verbandzeug mitbringen. Und was dich angeht, so will ich
dich in den nächsten beiden Tagen nicht mehr bei Hofe
sehen.«
Eine halbe Stunde später ging die Sonne auf, aber er hatte
Dagda nicht gefunden. Um ganz ehrlich zu sein: Er hatte
auch nicht wirklich nach ihm gesucht.
Dulac befand sich am anderen Ende der Stadt, aber er
konnte selbst nicht genau sagen, wie er hierher gekommen
war. Er war noch immer vollkommen verstört. Dulac
verstand nicht einmal annähernd, was gerade am Flussufer
geschehen war, aber eines war ihm doch vollkommen klar:
Es war kein Zufall gewesen und schon gar keine Ungeschicklichkeit des Königs. Artus war möglicherweise nicht
der unbesiegbare Schwertkämpfer, für den ihn der Großteil der Welt hielt (der, der nicht in Camelot lebte, hieß
das), aber er war immerhin ein Ritter mit langen Jahren an
Erfahrung. Es war vollkommen unmöglich, dass er von
einem Küchenjungen entwaffnet wurde, der noch niemals
zuvor ein Schwert in der Hand gehalten hatte – und noch
dazu gleich zweimal hintereinander!
Und doch war ganz genau das geschehen.
Es war vollkommen ausgeschlossen, so viel war klar. Er
musste mit Dagda darüber reden.
Dulac überlegte einen Moment, zur Burg zurückzugehen, wo Dagda jetzt wahrscheinlich schon alle Hände voll
damit zu tun hatte, die diversen Wunden und Prellungen
zu versorgen, die sich Artus und seine Ritter immer zuzogen, wenn sie mit ihren Waffen übten. Aber Artus hatte
ihm ja ausdrücklich verboten, ihm in den nächsten beiden
Tagen unter die Augen zu treten, und er war nicht besonders versessen darauf, herauszufinden, wie weit Artus’
Geduld mit ihm ging. Außerdem fiel ihm ein, dass Dagda
ja auf dem Weg vom Gasthaus gewesen war. Mit ein bisschen Glück würde er ihn dort noch treffen und sie konnten
sich auf dem Rückweg zur Burg unterhalten.
Er machte sich sofort auf den Weg. Rings um ihn herum
erwachte die Stadt allmählich, und als er das Gasthaus
erreichte, waren die Straßen bereits voller Menschen, die
ihrem Tagwerk nachgingen.
Im Gasthaus war es noch still, als er es erreichte. Nirgendwo brannte Licht, aber er hörte ein leises Rumoren
aus der Küche und traf auf einen ziemlich verschlafen
dreinblickenden Tander, als er den Geräuschen folgte.
Außerdem hatte Tander seine übliche Laune: miserabel.
»Was tust du hier, du Faulpelz?«, fuhr er ihn an, noch
bevor Dulac auch nur ein Wort sagen konnte. »Du solltest
längst auf der Burg sein und arbeiten!«
»Der … der König
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