Gralszauber
schickt mich«, improvisierte Dulac
hastig. »Ich soll nach Dagda suchen.«
»Der war hier«, knurrte Tander. »Aber du kommst zu
spät.«
»Er ist schon wieder fort?«
»Er war nur einen Augenblick hier«, sagte Tander miesepetrig. »Hat mit Uther gesprochen und seiner Frau.«
»Habt Ihr gehört, was sie geredet haben?«, entfuhr es
Dulac.
Tander kniff die Augen zusammen. »Was fällt dir ein?
Willst du mir unterstellen, dass ich meine Gäste belausche?«
Nein, unterstellen wollte Dulac ihm das ganz bestimmt
nicht. Er wusste, dass es so war.
»Sprichst du nicht mehr mit mir?«, fragte Tander ärgerlich, als er nicht sofort antwortete. Er verzog abfällig das
Gesicht. »Aber ja, fast hätte ich es vergessen: Du bist ja
jetzt etwas Besonderes, seit du mit Königen speist und
nächtliche Spaziergänge mit Königinnen machst.«
Dulac zog es vor, auch darauf nicht zu antworten, aber
damit hatte Tander wohl auch nicht gerechnet, denn er
fuhr fast ohne Unterbrechung fort: »Aber freu dich bloß
nicht zu früh. Sobald du heute Abend von der Arbeit
kommst, ist es mit dem schönen Leben vorbei.«
Dulac konnte es sich gerade noch verkneifen, Tander zu
fragen, von welchem schönen Leben er eigentlich sprach.
Stattdessen deutete er nur ein Achselzucken an und sagte
leise: »König Uther und sein Gefolge reisen heute ab, ich
weiß.«
»Das sind sie bereits«, sagte Tander gehässig. »Deine
Gönner sind losgeritten, kaum dass Dagda gegangen war.
Und ich kann dir sagen, was sie mir bezahlt haben, war
alles andere als königlich.«
»Sie sind schon fort?«, entfuhr es Dulac.
»Fort und vergessen«, bestätigte Tander böse. »Und ich
kann dir versprechen, dass du jede Minute nacharbeiten
wirst, die du mit Uther und diesem Mädchen vertrödelt
hast!«
»Weg?«, sagte Dulac noch einmal. »Einfach so? Ich
meine … haben sie nichts mehr … gesagt?«
»Was bildest du dir ein, hätten sie sagen sollen? Dass
Uther dich adoptiert oder dich wenigstens in sein Testament aufnimmt?« Er schnaubte. »Ich wusste immer, dass
du ein Träumer bist. Aber ich werde dir die Flausen schon
austreiben. Geh nach draußen und hol Brennholz aus dem
Schuppen und danach –«
»Ich muss zurück zur Burg«, unterbrach ihn Dulac. »Artus hat mir befohlen nach Dagda zu suchen.«
»Dann wirst du die Arbeit eben heute Abend nachholen«, sagte Tander. »Nur keine Sorge, ich hebe sie dir
schon auf.«
Dulac hörte kaum zu. Er war zutiefst enttäuscht. Natürlich hatte er sich keinerlei Illusionen gemacht, dass sich
zwischen Gwinneth und ihm mehr entwickeln könnte als
eine flüchtige Bekanntschaft; eine Bekanntschaft noch
dazu, die höchst einseitig war und die die junge Königin
vermutlich in wenigen Tagen schon vergessen haben würde.
Trotzdem hatte er gehofft, sie wenigstens noch einmal
zu sehen, und sei es nur, um sich von ihr verabschieden zu
können.
»Wann … wann sind sie fort?«, fragte er stockend.
»Vor einer ganzen Weile«, antwortete Tander. Seine
Augen funkelten boshaft. »Und wenn es nach mir geht,
brauchen sie auch gar nicht wiederzukommen. Adeliges
Pack! Sie machen sich ein schönes Leben auf unsere Kosten, aber wie es uns geht, das interessiert sie nicht.«
Dulac ging. Wenn Tander so anfing, dann fand er normalerweise kein Ende mehr und nur zu oft artete es darin
aus, dass er sich in Rage redete und seine Wut dann an
ihm ausließ. Außerdem konnten Uther und Gwinneth noch
nicht allzu weit fort sein. Es gab nur zwei Straßen, die
nach Camelot und wieder fort führten. Auf einer davon
war er selbst hierher gekommen, also musste Uther die
andere genommen haben. Und mit seinem Gefolge und
dem schweren Tross würde er nicht sehr schnell sein. Dulac hatte eine gute Chance, ihn noch einzuholen.
Er verließ das Gasthaus, wandte sich nach Westen und
tat etwas im Grunde ganz und gar Unerhörtes, ohne sich
selbst darüber im Klaren zu sein: Statt zur Burg zurückzugehen, wie er Tander gegenüber behauptet hatte, schlug er
ein scharfes Tempo ein und machte sich auf den Weg, um
König Uther und Gwinneth einzuholen.
Westlich von Camelot erstreckte sich auf einen halben
Tagesmarsch ein sanft hügeliges Gelände, in dem sich
Grasland und kleine, manchmal aber sehr dichte Waldgebiete abwechselten. Hier wohnten nur sehr wenige Menschen. Camelot war die größte Stadt weit und breit und so
weit Dulac wusste, war der nächste Ort, der diesen Namen
wirklich verdiente, fast einen Tagesritt entfernt. Allerdings
gab es
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