Gralszauber
den Dulac nicht kannte.
»Er kommt«, versicherte Mordred. Er lachte leise. »Immerhin habe ich ihm ein Goldstück versprochen. Dafür
würde er seine Mutter verkaufen.«
»Falls er eine hat«, antwortete sein Begleiter. »Diese
englischen Bastarde werden doch alle von Hündinnen geworfen.«
Seine beiden Begleiter lachten hart, aber Mordreds Gesicht verzog sich zu etwas, das man als Lächeln deuten
konnte, das aber wohl eher das genaue Gegenteil war.
»Falls du es vergessen haben solltest, mein Freund«,
sagte er in liebenswürdigem Tonfall, »meine Mutter war
eine englische Königin.«
»Und Euer Vater ein englischer König, ich weiß«, antwortete der andere ungerührt. »Und trotzdem steht Ihr in
unseren Diensten und lasst Euch dafür bezahlen, gegen die
Briten zu kämpfen.«
Mordreds Hand senkte sich in einer wie zufällig wirkenden Bewegung auf den Schwertgriff. »Manchmal kämpfe
ich auch, ohne dafür bezahlt zu werden«, sagte er.
Der Dunkelhaarige schüttelte den Kopf. »Ich kämpfe
nicht mit Euch«, sagte er. Nach einem Moment und etwas
leiser fügte er hinzu: »Noch nicht.«
Mordred starrte ihn noch einen Moment lang an, dann
aber entspannte er sich sichtbar und nahm die Hand vom
Schwert. »Du hast Recht«, sagte er. »Unsere Schwerter
werden in den nächsten Tagen noch genügend Blut
schmecken. Es muss nicht das unsere sein.«
Pikten. Dulac dachte an sein Gespräch mit Dagda zurück
und war jetzt sicher, dass es sich bei den drei Männern um
Pikten handelte. Dagda und auch Uther hatten behauptet,
dass es sich um ein wildes Barbarenvolk handelte, aber in
Dulacs Augen unterschieden sich die drei Männer kaum
von den meisten Edelleuten, die zu Besuch nach Camelot
kamen. Was natürlich auch an diesen Edelleuten liegen
konnte …
Dulac verlagerte vorsichtig sein Gewicht, um in eine etwas bequemere Position zu gelangen. Es nutzte nicht viel.
Das Wasser war so eisig, dass seine Beine schon fast gefühllos geworden waren, und die Kälte kroch langsam,
aber auch unaufhaltsam in seinem Körper hoch. Außerdem
war der Schlamm, in dem er kniete, nicht so weich, wie er
sein sollte. Etwas Hartes verbarg sich darunter. Er musste
irgendwie seine Lage verändern, wollte er nicht Gefahr
laufen, ein verräterisches Geräusch zu machen.
Vielleicht hatte er es sogar schon, denn Mordred hob
plötzlich den Kopf und sah so genau in seine Richtung,
dass es unmöglich ein Zufall sein konnte. Seine Augen
wurden schmal. Für die Dauer eines Herzschlages schien
sich ihr Blick direkt in den Dulacs zu bohren, dann drehte
er sich herum und begann auf das Ufer zuzugehen.
Dulac geriet in Panik. Er war sicher, dass Mordred ihn
entdeckt hatte oder ihn spätestens in den nächsten Sekunden sehen würde.
»Da ist er«, sagte der Pikte.
Mordred drehte sich mitten in der Bewegung herum und
sah in die Richtung, in die die Hand des Mannes wies, und
Dulac konnte gerade noch ein erleichtertes Aufatmen unterdrücken, das ihn wohl endgültig verraten hätte.
Dann verdüsterte sich sein Gesicht, als er die Gestalt
sah, die auf einem klapprigen Esel den Weg heruntergeritten kam. Es war niemand anderes als Evan.
»Das wurde aber auch Zeit«, sagte Mordred, während er
dem Jungen entgegentrat. »Du hättest längst hier sein sollen. Was hat dich aufgehalten?«
»Ich konnte nicht eher kommen, Herr«, beeilte sich
Evan zu versichern. In seiner Stimme lag ein Ton zwischen Furcht und Trotz, wobei die Furcht deutlich überwog. Und wäre Dulac nicht vollkommen durcheinander
und schier erstarrt vor Furcht gewesen, dann wäre ihm
sicher auch aufgefallen, was für eine durch und durch lächerliche Figur Evan auf seinem Esel bot. Das Tier war
nicht besonders groß, sodass Evans dürre Beine fast über
den Boden schleiften, und er gab sich alle Mühe, möglichst gelassen und vielleicht sogar ein bisschen herausfordernd zu wirken, erreichte damit aber eher das Gegenteil.
»Und warum nicht, wenn ich fragen darf?«, erkundigte
sich Mordred in einem freundlichen Tonfall, der Dulac
einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ.
»Es ist im Moment gar nicht so einfach, Camelot zu verlassen«, antwortete Evan. »Wenigstens nicht, ohne dass
Artus und seine Ritter es merken. Sie sind in großer Aufregung, Herr. Ich glaube, Euretwegen.«
In Mordreds Augen blitzte es auf. Für die Dauer eines
Atemzuges gelang es ihm nicht mehr ganz, die Fassade
von Freundlichkeit und Langmut aufrechtzuerhalten. Evan
war drauf und dran, sich um
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