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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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Er hat noch einen Drink bestellt, aber wir haben ihm keinen mehr ausgeschenkt. Er hatte schon mehr als genug intus. Das Mädchen bot sich an, ihn ins Hotel zurückzubringen.«
    »Warum habt ihr ihm nach dem Zwischenfall neulich, als die Scheibe kaputtging, überhaupt noch was zu trinken gegeben?«
    »Er hat für den Schaden sofort bezahlt und war sonst ja auch ganz friedlich. Die beiden sind ein paarmal da gewesen, sie kamen meist spät am Abend. Vielleicht hatten sie vorher irgendwo gegessen. Zuerst hatte sie meist Max im Schlepptau, schien sich aber dann mehr für den Amerikaner zu interessieren. Ich glaube, die beiden hatten sich gerade erst kennengelernt, so redeten sie jedenfalls miteinander, wie zwei Fremde eben, die sich was Neues zu erzählen haben. Nicht so wie ein eingespieltes Paar, das sich nichts mehr zu sagen hat.«
    »Das hab ich gehört«, rief seine Frau durch die Durchreiche aus der Küche.
    »Du warst aber nicht gemeint, Liebes. Du gibst mir immer noch Rätsel auf«, rief René zurück und zwinkerte Bruno zu. Er beugte sich vor und flüsterte: »Also diese Kanadierin, ich muss schon sagen, eine Wucht, diese Braut.«
    »Auch das habe ich gehört«, tönte es aus der Küche, worauf Gilbert die Augen verdrehte. Bruno schmunzelte und verabschiedete sich. Als er über die Rue de Paris in Richtung Rathaus ging, kam er am
Hôtel Saint-Denis
vorbei, dem schlichtesten und nach Brunos Geschmack freundlichsten der drei Hotels im Ort. Während im
Manoir
die Reichen residierten und in dem sehr viel größeren
Royale
meist Reisegruppen und Pauschaltouristen Quartier bezogen, stiegen im
Hôtel Saint-Denis
die weniger betuchten Urlauber ab.
    Es war ein großes altes Stadthaus mit Innenhof und Stallungen nach hinten. Nur die besten Zimmer hatten ein eigenes Bad. Alle anderen Gäste mussten sich mit Etagenbädern begnügen, die aber mit ihren altmodischen Armaturen und Wannen auch reizvoll waren. An Markttagen und während der Hochsaison herrschte reger Betrieb, vor allem im Innenhof, wo das Frühstück und zu Mittag kleine Snacks serviert wurden. Im Winter waren fast ausschließlich Handelsvertreter und missmutige Hobbyangler zu Gast. Es hatte weder ein Restaurant noch Konferenzräume, geschweige denn Internet und war so französisch provinziell, wie eine solche Herberge nur sein konnte. Der Besitzer des
Saint-Denis
hatte seit vielen Jahren den Vorsitz des Jägervereins, dem auch Bruno angehörte.
    »Salut,
Mauricette«, grüßte er dessen Frau, die Geschäftsführerin des Cafés und eine stattliche Erscheinung mit stahlgrauem Haar. »Ist Christophe zu sprechen? Oder vielleicht kannst du mir helfen. Ich müsste mal einen Blick in eure Gästeliste werfen.«
    Sie führte ihn hinter den kleinen Rezeptionsschalter, auf dem sich nur ein altes Telefon mit Wählscheibe und das Anmelderegister befanden.
    »Es geht um einen Gast, eine Mademoiselle Duplessis aus Kanada.«
    »Diese Jacqueline?« Mauricette verzog das Gesicht und blätterte den dicken Wälzer auf. »Sie ist am neunzehnten August hier angekommen, kurz vor dem Brandanschlag.«
    »Bist du sicher? Mir hat sie ein späteres Datum genannt.«
    »Tja, tagsüber hab ich sie kaum zu Gesicht bekommen, sie war ständig unterwegs. Abends ließ sie sich dafür umso häufiger blicken, ging ein und aus, wechselte ständig ihre Klamotten und war meist in Begleitung irgendwelcher Schönlinge. Manche von denen blieben offenbar länger als erlaubt. Ein schönes Früchtchen, diese Jacqueline.«
    »Sie hatte Herrenbesuch auf ihrem Zimmer? Ich dachte, so was lasst ihr nicht zu.«
    »Ja, aber was soll man da machen? Einen Nachtportier können wir uns nach der Hauptsaison Ende August nicht leisten. Unsere Gäste haben Schlüssel und können kommen und gehen, wie es ihnen passt. Ich weiß nur deshalb von ihren Besuchen, weil ich die Bettwäsche wechsele.«
    »Wer war denn der Glückliche? Kennst du ihn?«
    »Von wegen einer. Es waren mindestens zwei.«
    Bruno runzelte die Stirn. Er hatte Jacqueline als kokette junge Frau kennengelernt, wunderte sich aber trotzdem darüber, dass sie anscheinend ganz ungeniert mit mehreren Verehrern verkehrte. Er wusste aus eigener Erfahrung, wie heikel und kompliziert zwei gleichzeitige Affären waren, und dachte plötzlich daran, dass ihm ein solches Problem womöglich bald bevorstehen könnte.
    »Es gab da einen jungen Amerikaner und einen unserer Spieler aus der Rugbymannschaft. Ich kenne zwar seinen Namen nicht, habe ihn aber schon oft auf dem Markt

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