Grandios gescheitert
beeindruckte. Zudem war er ein sehr guter Mathematiker, der sich im Vorfeld der gregorianischen Kalenderreform sogar mit einem Vorschlag zur Reform des römischen Kalenders hervortat. Daneben baute er im Auftrag seines Herrn Kanäle, Mühlen und andere hydraulische Anlagen – er war darin einer von vielen Uhrmachern, die sich damals der Wassertechnik widmeten. Vor allem aber konstruierte er über viele Jahre eine aufsehenerregende planetarische Uhr, die er 1551 in Innsbruck dem Kaiser schenkte, wofür der ihm wiederum eine Leibrente gewährte. Diese Uhr zeigte nicht nur Stunden an, sondern auch die Bewegung der Planeten, die Tierkreiszeichen und andere wichtige Sterne – bewegt von 1.800 Rädern.
Unter seinen Ingenieurkollegen galt Turriano als ganz Großer seines Fachs, und seine Fähigkeiten verschafften ihm einen Platz in Berichten und Anekdoten über die Leidenschaften Karls V. für Uhren. Er entwarf eine weitere planetarische Uhr, die »El Cristalino« genannt wurde, weil sie dem Betrachter Einsichten in ihren Mechanismus gewährte. Beide Uhren sind ebenso verschollen wie überhaupt der größte Teil vom Schaffen des Cremoners. Der Historiker Esteban de Garibay, ein Zeitgenosse, beschreibt Turriano so: »Er war groß und stark von Körper, karg in Worten und reich an Wissen, von großer Freimütigkeit in allen Dingen, von etwas groben Gesichtszügen, etwas breit in der Rede und sprach das Spanische niemals gut.« Er muss dem Kaiser trotz seiner einfachen Herkunft recht nahegestanden haben; nur so ist erklärlich, warum der Uhrmacher zu den wenigen gehörte, auf die Karl nach seiner Abdankung 1555 und beim anschließenden Rückzug ins klösterliche Leben in Yuste nicht verzichten wollte. Allmorgendlich durfte der Uhrmacher dem hohen Herrn seine Aufwartung machen. Allerdings starb Karl bereits im Jahr darauf, und Turriano trat in die Dienste des neuen Königs ein, der ebenfalls an mechanischen Dingen interessiert war, Natur und Gartenbau liebte und sich als Förderer von Kultur, Wissenschaft und Technik auszeichnete.
Philipp II. erteilte Turriano 1565 den Auftrag für eine neue Wasserversorgung für Toledo. Vermutlich war der Lombarde da schon längst mit der Lösung des Problems befasst und bastelte bereits eifrig an der Konstruktion, aber mit einem Werkvertrag sollte das erfolgversprechende Projekt sich für den Ingenieur auch finanziell lohnen. Die Vereinbarung sah vor, dass Turriano für die Errichtung und die Unterhaltung der Wasserförderungsanlage eine Einmalzahlung von 8.000 Dukaten sowie eine jährliche Rente von 1.900 Dukaten erhalten sollte. Das war außerordentlich viel Geld, zumal die Rente nach Turrianos Tod weiter an seine Erben gezahlt werden sollte. Die Einmalzahlung übernahm der König, die jährlichen Zahlungen trug die Stadt.
Bereits 1569 hatte Turriano sein Werk vollendet. Es war nicht nur die bisher größte Konstruktion dieser Art, sondern basierte auch auf einem anderen System als die bisherigen Versuche, Toledo mit Wasser zu versorgen: Turriano installierte am Tajo ein großes Wasserrad, das Schöpf- und Antriebsrad zugleich war. Es versorgte zwei Hebewerke, von denen das erste konventionell mit einem Kreislauf arbeitete, mit Wasser.
Das Revolutionäre der Anlage war das zweite Hebewerk: Seine drei Fördertürme wurden von einem weiteren Antriebsrad mittels Wasserkraft über ein Stangenwerk angetrieben. Der Wassertransport erfolgte hier durch eine komplizierte Anordnung von Gefäßen, die so konstruiert waren, dass sie das Wasser gleichzeitig nach oben und auf das versetzt angeordnete nächste Gefäß brachten. Die Kübel wurden von Stangen bewegt, die ähnlich wie bei einer »Nürnberger Schere« funktionierten: Durch die besondere Anordnung der Scherenglieder aber greift eins über das nächste. Die Stangenmechanik sorgte so dafür, dass die Wasserkübel gleichmäßig ihre Last bergan transportierten und wie bei einem aufsteigenden Staffellauf an den nächsthöheren Kübel weitergaben. Damit wurde das Wasser gleichzeitig in horizontaler und vertikaler Richtung bewegt, entlang dem ansteigenden Hang, bis es an die Mauern des Alcázar gelangte.
Am Ende waren auf 600 Meter Länge beachtliche 90 Höhenmeter überwunden worden. Über 12.000 Liter Wasser wurden auf diese Weise täglich befördert – erst nach oben in die Stadt und dort über Leitungen an ihren jeweiligen Bestimmungsort. Am Ende leistete die Wasserkunst mehr als veranschlagt: Um die Hälfte mehr als die vorgesehene
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