Grandios gescheitert
hinzu, der den Wasserbedarf weiter steigen ließ: die Gartenanlagen des auf römischen Resten neu erbauten Alcázar, der Festung der Oberstadt von Toledo. Der spanische König Karl I., außerhalb Spaniens als Kaiser Karl V. bedeutend geläufiger und erster Habsburger auf dem spanischen Thron, ließ den Architekten Alonso de Covarrubias einen Neubau errichten. Karl war ein ausgemachter Reisekönig, und weil ein Großteil seiner Besitzungen außerhalb Spaniens lag und er als Kaiser viel im Heiligen Römischen Reich unterwegs war, besaß er in Spanien keine wirkliche Hauptresidenz. In Sevilla, Toledo und Madrid aber ließ er seit 1537 trotzdem bauen. Toledo beherbergte in Karls raren spanischen Jahren mehrmals den Hof und auch die spanische Ständeversammlung, die Cortes. Eine repräsentative königliche Residenz musste also her, natürlich mit ansehnlichen Gartenanlagen ausgestattet, die schon seit einiger Zeit das Wasser als gestaltendes, künstlerisches Element einsetzten.
Zu dieser Zeit verbreitete sich von Italien aus die opulente Gartenarchitektur der Renaissance über fast den gesamten Kontinent. Für Spanien mit seiner islamischen Vergangenheit und der vielgerühmten Gartenkunst der Mauren waren prächtige Gärten allerdings auch nicht völlig neu. Den Ehrgeiz, in dieser Richtung größere Anstrengungen zu unternehmen, befeuerten aber vor allem die Parkanlagen der Verwandtschaft und anderer Fürsten, ob in Österreich, Burgund, Italien oder den Niederlanden. Modern ausgedrückt, gehörten zur PR der Fürsten Bau und Unterhaltung von Palästen und Parks, die dem Zeitgeist gemäß ausgestattet wurden. Und mit stets auf den anderen schielendem Auge maßen sich die Fürsten miteinander, denn jeder wollte den prächtigsten Palast mit den schönsten Gärten besitzen.
Der vermehrte Einsatz von Wasser als gestalterisches Element in den Palastgärten führte natürlich zu wachsenden Ansprüchen an die Wasserversorgung, die damals auch andernorts erweitert wurde. Einhundert Jahre später drückte es der berühmte französische Gartenarchitekt Boyceau de la Barauderie so aus: »Wasser ist die Seele der Gärten.« Nicht mehr nur zum Gießen und für Fischbassins brauchte man es, sondern auch für Brunnen und Grotten, Kaskaden und Wasserspiele, deren gefälliges Plätschern die Sinne erfreute und den Spaziergänger zum Schmunzeln oder zum Staunen bringen sollten. Auf eine etwas intellektuellere Ebene gebracht, betonte man so die Bedeutung des Wassers für die göttliche Schöpfung und alles Leben. Als Orte von Zerstreuung und Festlichkeit waren Renaissance-Gärten also regelrechte Erlebnisparks, in denen Wasser zur Dramatisierung und Erheiterung eingesetzt wurde – zur Erfrischung von Seele und Körper gleichermaßen.
Aber diese Art der feuchten Erbauung war natürlich von einer entsprechenden Versorgung abhängig, und dadurch erwies sich die Gartenkunst als Stimulans für die Wassertechnik. In einer Stadt wie Toledo, dessen Residenz die Festung ganz oben in der Oberstadt war, war die Sache mit dem Wasser allerdings keine leichte Aufgabe. Wem die bequeme, leistungsfähige Wasserversorgung aus römischer Zeit noch geläufig war, der mochte ihr nachtrauern. Die Päpste in Rom beispielsweise reaktivierten für ihre Gärten alte römische Anlagen, aber das geschah in Toledo nicht – man hätte zunächst den Staudamm wieder errichten müssen. Karls Verwandtschaft in Prag und Buda hatte es da bedeutend einfacher: Man saß zwar mit dem Palast ebenfalls hoch oben auf einem Berg, konnte aber auf noch höher liegende Quellen zurückgreifen.
Also wurde in Toledo auf königliches Geheiß ein neuer Anlauf zur Lösung des Problems genommen; diesmal erhielt ein Italiener, genauer gesagt ein Lombarde den Auftrag: Giovanni Turriano aus der Nähe von Cremona, in Spanien Juanelo genannt. Auftraggeber war aber nicht die Stadt, sondern der Sohn Karls, Philipp II., der außer dem Thron vom Vater auch die Bauarbeiten am Alcázar von Toledo und den genialen Mechaniker Turriano übernommen hatte.
Ein Uhrmacher im Dienste des Königs
Von Turrianos Leben vor seinem Wirken in Spanien ist wenig bekannt. Vermutlich nach 1500 geboren, arbeitete er als überaus fähiger Uhrmacher in Mailand und erregte 1530 in Bologna die Aufmerksamkeit des Kaisers mit einer höchst anspruchsvollen Uhrenkonstruktion. Das brachte ihn später an den spanischen Hof, wo er nicht nur mit dem Bau von Chronometern, sondern auch mit menschlichen und anderen Automaten
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