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Grandios gescheitert

Grandios gescheitert

Titel: Grandios gescheitert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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traditionelle Familienleben torpedieren. Das misslang kläglich, sodass schon 1931 die rotierende Woche wieder abgeschafft und der »rote« Kalender 1940 sang- und klanglos beerdigt wurde.
    Unideologisch, aber dafür einer weltumspannenden Völkerverständigung verpflichtet war das Projekt eines Weltkalenders, der keiner kulturellen oder religiösen Prägung mehr unterliegen sollte. Vier Quartale von 91 Tagen sollten in drei Monate von zweimal 30 und einmal 31 Tagen unterteilt werden, zusammen sollten sie mit dem »World Day« als Fülltag und weltweitem Feiertag das Sonnenjahr abdecken.
    Auch die nachfolgenden Versuche einer Kalenderreform scheiterten also – und noch zweimal wurde Frankreichs revolutionäre Errungenschaft aus der Versenkung geholt: während der kurzatmigen Pariser Kommune 1871 sowie in den 1960er Jahren im Zuge der Bemühungen des Dreamteams der französisch-deutschen Aussöhnung, Staatspräsident de Gaulle und Bundeskanzler Adenauer, für einen »Europakalender«.
    Der radikalste Versuch aber bleibt weiterhin der des revolutionären Frankreichs, das seine grundlegende Kalenderreform immerhin dreizehn Jahre einigermaßen wacker durchhielt.

 

Wie ein Beitrag zur Weltverbesserung
LUDWIG ZAMENHOFS ESPERANTO
    Die Welt ist nicht perfekt. Unter den vielen Umständen, die uns das Leben mal mehr, mal weniger erschweren, ist eine die babylonische Sprachverwirrung: die Tatsache, dass auf der Welt Tausende Sprachen gesprochen werden, die die weltweite Kommunikation und eine Verständigung der Menschen über Staatsgrenzen und kulturelle Unterschiede hinweg behindern. In Zeiten des sogenannten globalen Dorfes namens Internet und der Möglichkeit für eine wachsende Zahl von Menschen, in alle Welt zu reisen, erweisen sich die mangelnde Reichweite der eigenen Muttersprache und die begrenzten Möglichkeiten des Spracherwerbs als ärgerlicher Stolperstein. Der Begriff »babylonische Sprachverwirrung« ist weithin geläufig, und seine lange Tradition verweist darauf, wie schmerzlich der Menschheit die Geschichte hindurch immer wieder bewusst war, dass eine sprachliche Einheit aller nicht besteht – und bezieht sich auf die Vorstellung, dass einstmals, in grauer Vorzeit, alle Menschen dieselbe Sprache sprachen und sich mühelos verstehen konnten. Von einer oder mehreren solcher Proto-Weltsprachen gehen die meisten Sprachwissenschaftler aus, aber das muss hypothetisch bleiben, weil ihre Existenz einfach schon zu lange zurückliegt, als dass darüber tragfähige Aussagen getroffen werden könnten. Die Vermutung, dass alle im Laufe der Menschheitsgeschichte entstandenen Sprachen auf eine solche Ursprache zurückgehen, kann daher weder bestätigt noch widerlegt werden.
    In jedem Fall ist das Bild des Turmbaus zu Babel, das die hebräische Bibel im elften Kapitel der Genesis zeichnet, eine treffende Allegorie auf den Mangel an sprachlicher Einheit unter den Menschen der Welt: Nach der Sintflut einte »alle Welt einerlei Zunge und Sprache«. Ihre Überheblichkeit aber ließ bei den Menschen den Plan entstehen, einen Turm zu bauen, der bis zum Himmel reicht. Die Sache wurde Gott zu heikel, da die Menschen sich nicht mit dem zufriedengeben wollten, was für sie vorgesehen war. »Und der Herr sprach: Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen, und dies ist der Anfang ihres Tuns; nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun.« Daher sandte er die Sprachverwirrung unter die menschlichen Türmlebauer und erreichte so, dass das gemeinsame Werk nicht mehr zu vollbringen war. Denn die Menschen besaßen mit einem Mal unterschiedliche Sprachen und konnten sich einander nicht mehr verständlich machen.

Barbaren und Stumme
    Trotz der Verständigungsprobleme wurden Sprachgrenzen immer wieder überwunden, nicht zuletzt zum Wohle von Handel und Wirtschaft. Unverständnis war dabei im doppelten Wortsinn meist im Spiel – ablesbar am überheblichen Begriff der Griechen für alle Fremdzüngigen: Barbar heißt eigentlich Stammler, weil es kein Griechisch war, das fremde Völker sprachen. Die slawischen Nachbarvölker der Deutschen, als Angehörige einer anderen Sprachfamilie ebenso die Ungarn, nannten die Fremden in diversen Sprachvarianten Stumme – auf Altslawisch nēmĕ – , weil ihnen deren Reden nichts sagte. Gleichwohl bestanden trotzdem Kontakte und bauten die Völker Beziehungen zueinander auf, was mit großer Geste vereinfacht eine Art Vorstufe

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