Grandios gescheitert
Biochemie-Studenten der Moskauer Lomonossow-Universität. Der Gouverneur von Französisch-Guinea wies ihnen ein kleines Haus auf dem Grundstück des Botanischen Gartens Camayenne zu, ein paar Kilometer außerhalb der Hauptstadt Conakry. Da mit der Außenstelle des Institut Pasteur in Kindia nicht zu rechnen war, sollten die Experimente hier durchgeführt werden. Um geeignete Versuchstiere zu bekommen, organisierte Iwanow kurzerhand eine Jagd auf Affenweibchen in der Gebirgsregion Fouta Djallon, wo besonders viele Schimpansen lebten. In zwei Autos und in Begleitung eines Kolonialbeamten machten sie sich auf zur Schimpansenjagd. Drei weibliche der erbeuteten Tiere wurden in den Botanischen Garten gebracht, wo Käfige bereitgestellt worden waren.
Vater und Sohn Iwanow waren sich der heiklen Natur ihres Vorhabens durchaus bewusst, denn sie versuchten ihre eigentliche Absicht vor den Mitarbeitern des Botanischen Gartens nach Kräften zu vertuschen. Das einheimische Personal, das die Tiere betreute, sollte nichts davon erfahren, was durch die Tatsache erschwert wurde, dass die Affenkäfige im Freien aufgestellt waren. Um keinen Verdacht zu erregen, führten Vater und Sohn ihre angebliche »medizinische Behandlung« alleine durch: In den Hosentaschen je eine Browning griffbereit, falls die Tiere allzu großen Widerstand leisten sollten, überwältigten die Iwanows am Morgen des 28. Februar 1927 die beiden Schimpansenweibchen Babette und Syvette in ihren Käfigen und fingen sie in Netzen. Brutal und in aller Eile nahmen sie vor, was medizinisch Insemination heißt, dem Charakter nach aber als Vergewaltigung bezeichnet werden muss. »Die Injektion fand unter sehr erregten Umständen und unter ungünstigen Bedingungen statt. Die Bedrohung durch die Affen, die Arbeit im Freien und die Notwendigkeit, es zu verbergen«, notierte Iwanow später in seinem Labortagebuch.
Die künstliche Befruchtung war von keinem Erfolg gekrönt, sodass die Iwanows am 25. Juni 1927 einen zweiten Versuch an einem dritten Schimpansenweibchen namens Black durchführten. Erneut geschah die Durchführung heimlich, diesmal allerdings wurde der Affe in betäubtem Zustand besamt. In allen Fällen stammte das Sperma von einem Einheimischen um die dreißig, der seine Zeugungsfähigkeit beteuert, wenn auch nicht nachgewiesen hatte. Da aber auch hier konspiratives Handeln nötig schien, gaben sich die Iwanows mit seiner Versicherung zufrieden. Trotzdem scheiterte auch dieser dritte Versuch, sodass im Ergebnis keins der drei Schimpansenweibchen trächtig geworden war. Dies war aber angesichts der geringen Zahl an Probanden noch kein Beleg für die Unmöglichkeit einer Kreuzung zwischen Mensch und Affe, denn Kreuzungen unterschiedlicher Arten verlangen im Allgemeinen eine erheblich größere Zahl an Versuchstieren. Jetzt aber standen die Iwanows vor dem Problem, dass inzwischen das Geld der Sowjetregierung fast aufgebraucht war und sie Vorbereitungen für die Rückreise nach Europa treffen mussten.
Zum Erfolg entschlossen
Trotz alledem war Professor Iwanow keineswegs gewillt aufzugeben. Ganz im Gegenteil: Seine Bemühungen wurden noch radikaler und zweifelhafter: Nun entschloss er sich zu dem Versuch, eine Frau mit dem Samen eines männlichen Schimpansen zu befruchten. Dieser Weg war praktikabler und auch billiger. Bereits auf dem Schiff von Bordeaux nach Afrika hatte er mit einem Kolonialbeamten der Gesundheitsbehörde im Kongo über diese Möglichkeit gesprochen und ihn um Hilfe gebeten. Angesichts der Zeitnot nahm er jetzt aber wieder Kontakt auf zum Gouverneur von Französisch-Guinea und zu einem Krankenhaus in der Hauptstadt Conakry. Er ersuchte um die Genehmigung, das Experiment auf umgekehrte Weise und mit afrikanischen Frauen als »Probanden« durchführen zu lassen. Ohne ihr Wissen und ihre Einwilligung wollte er Patientinnen aus einem dortigen Krankenhaus mit Affensperma befruchten. Man fragt sich unwillkürlich, wie und zu welchem Zeitpunkt nach erfolgreicher Befruchtung den Frauen hätte mitgeteilt werden sollen, welcher Art Behandlung man sie unterzogen hatte und was sie erwartete. So weit reichten die Überlegungen des Wissenschaftlers offenbar nicht, dessen Scheuklappenblick auf die bloße Durchführung des Experiments gerichtet war. Doch trotz anfänglichen Interesses verweigerte der Gouverneur nunmehr seine Zustimmung, Iwanow war zutiefst erschüttert von diesem neuerlichen Rückschlag. Vater und Sohn blieben noch eine Weile im Land und
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