Granger Ann - Varady - 02
hineinzupassen schien.
Es war ein merkwürdiges Gefühl, in diesem Keller zu stehen,
unerträglich, wenn man klaustrophobisch veranlagt war.
Das Gefühl wurde noch verstärkt vom Geräusch der Schritte, oben auf dem Bürgersteig. Ich fragte mich bereits, ob das
ein möglicher Verhandlungspunkt war, wenn es um die
Vereinbarung der Miete ging. Nicht jedermanns Geschmack, ein Schlafzimmer wie dieses.
»Niemand kann durch das Glas hineinsehen«, beruhigte
mich Daphne. Wahrscheinlich deutete sie mein Schweigen
als diesbezügliche Zweifel. »Und nicht viele Leute kommen
vorbei. Es ist eine sehr ruhige Straße.«
Zeit für die Beichte und mein Geständnis. »Wissen Sie,
das ist eine wirklich sehr schöne Wohnung, wirklich, doch
ich kann es unmöglich bezahlen. Es tut mir Leid. Danke,
dass Sie sich die Zeit genommen haben, mir die Wohnung
zu zeigen!«
Sie neigte den Kopf zur Seite wie ein großer dünner Vogel. »Wenn Ihnen die Wohnung wirklich gefällt und sie zu
Ihnen passen würde«, sagte sie taktvoll, »dann können wir
gerne über Bedingungen diskutieren, die zu einem gegenseitigen Einvernehmen führen.«
Mein Herz machte einen Satz. Entschlossen riss ich mich
zusammen. Keine unnötige Aufregung wegen etwas, das
nicht Wirklichkeit werden würde. Daphne führte mich zurück in das Wohnzimmer, und wir beide nahmen auf dem
blauen Ripssofa Platz.
»Ich sollte zunächst erklären«, begann sie, »dass ich einundsiebzig Jahre alt bin.«
Ich zeigte gleich, wie sehr mich dieses Eingeständnis überraschte, denn ich hätte nie geglaubt, sie könne schon so alt
sein. Sie winkte bloß ab.
»Meine Freunde und Verwandten meinen es gut, aber sie
mischen sich ein, und sie sagen, ich sollte nicht mehr völlig
für mich und allein leben. Ich wüsste nicht, was dagegen
spricht. Ich bin absolut fit und kein Stück gaga . Aber die liebe Verwandtschaft nörgelt ständig. Also habe ich die Kellerwohnung renovieren und den Kohlenkeller in ein zusätzliches Zimmer umbauen lassen, wie Sie gesehen haben. Ich
wollte die Wohnung nicht wirklich vermieten, sondern Zeit
gewinnen, weiter nichts. Ich hasse den Gedanken, dass
Fremde in meinem Haus leben, selbst wenn sie hier unten
völlig für sich sind. Aber irgendwann waren die Umbauarbeiten beendet, und meine Verwandtschaft fing von neuem
an zu fragen, wann ich denn die Wohnung endlich in die
Zeitung setzen würde.
Niemals, habe ich ihnen erklärt. Ich warte, bis mir jemand empfohlen wird. Also fingen sie an, mir Leute zu
empfehlen, und nicht einer von ihnen war mir auch nur
halbwegs sympathique , wie die Franzosen sagen. Nie stellte
sich einfach eine harmonische Verbindung zueinander her.
Meine Familie meinte, das spiele keine Rolle, weil ich die
Mieter niemals sehen müsste. Aber warum sollte ich ihnen
dann überhaupt die Wohnung in meinem Keller vermieten?
Der Grund war doch, dass ich im Falle eines Notfalls jemanden hätte, der mir rasch hilft. Und wenn es einen Notfall gibt, dann will ich doch nicht, dass mir Leute helfen, die
ich nicht mag, so ist es doch, oder nicht? Also flüchtete ich
mich weiter in Ausreden, um nicht vermieten zu müssen.«
Sie zögerte und sah mich nervös an, und ihre Augen fragten, ob ich verstand. Ich gestand ihr, dass ich sehr gut verstünde, was sie meinte. Es war ihre Privatsphäre und ihre
Unabhängigkeit, an der all jene wohlmeinenden Leute nagten. Ich wusste genau, wie sie sich fühlte, weil ich meine eigene Unabhängigkeit sosehr schätzte. Ich gab mir Mühe,
meine Gefühle in die richtigen Worte zu packen.
Ihre Miene hellte sich auf, und sie nickte begeistert. »Ich
dachte mir, dass Sie es verstehen! Alastair war ziemlich sicher, dass Sie genau die richtige Person sind, ich jedoch
wollte vorsichtig abwarten und mich dann entscheiden.
Jetzt bin ich mir wirklich sicher, dass Sie sympathique sind,
also können wir, falls Ihnen die Wohnung zusagt, eine Miete vereinbaren, die Sie bezahlen können.«
Ich war nicht in der Position, dieses Angebot abzulehnen.
Außerdem war es bestimmt das beste Angebot, das ich jemals bekommen würde, wahrscheinlich in meinem ganzen
Leben. Ich hatte ein paar Bedenken, wie ich gestehen muss.
Beispielsweise, dass es nichts auf der Welt umsonst gibt. Es
muss kein Geld sein. Oder das merkwürdige kleine Schlafzimmer unter dem Bürgersteig. Doch darüber konnte ich
mir später immer noch Gedanken machen. Ich sagte zu
Daphne, dass mir die Wohnung ganz ausgezeichnet gefalle.
»Klar, er hat eine Entführung
Weitere Kostenlose Bücher