Grant County 05 - Gottlos
für deine Sünden zur Hölle fährst. Ich habe ihr versprochen, mit dir zu reden.» Terri sagte etwas, doch Paul lachte nur. Lena schob sich mit erhobener Waffe um die Ecke und zielte auf seinen Rücken, als er Terri wieder ins Gesicht schlug, diesmal so heftig, dass sie zu Boden fiel. Er zerrte sie auf die Füße und schleuderte sie gegen die Treppe. Lena schaffte es gerade noch rechtzeitig, sich zurückzuziehen.
Wieder schloss Lena die Augen. In ihrem Kopf spielte sich die Szene noch einmal ab, die sie eben gesehen hatte. Paul beugte sich zu Terri, riss sie hoch und warf sie gegen die Treppe. Unter seinem Jackett war eine Ausbeulung. War er bewaffnet? Trug er eine Waffe unter dem Jackett?
Paul klang angewidert. «Steh auf, du Nutte.»
«Du hast sie umgebracht», rief Terri. «Ich weiß es. Du hast Abby umgebracht.»
«Pass auf, was du sagst», warnte er.
«Warum?», wimmerte Terri. «Warum hast du Abby wehgetan?»
«Selber schuld», knurrte er. «Ihr wisst genau, dass ihr Cole nicht wütend machen sollt.» Lena wartete darauf, dass Terri fortfuhr,ihm vorwarf, er sei schlimmer als Cole, Paul sei der Kopf, Paul habe Cole den Auftrag gegeben, die Mädchen zu bestrafen.
Doch Terri schwieg, und alles, was Lena hörte, war das Summen des Kühlschranks in der Küche. In dem Moment, als Lena um die Ecke spähte, fand Terri die Stimme wieder.
«Ich weiß, was du getan hast», sagte sie, und diesmal verfluchte Lena den Mut der Frau. Ausgerechnet jetzt musste Terri Rückgrat entwickeln. Noch fünf Minuten, und Jeffrey wäre da.
Terri sagte: «Ich weiß, dass du sie mit Zyankali vergiftet hast. Dale hat dir erklärt, wie man es macht.»
«Ach ja?»
«Warum?», fragte Terri. «Warum hast du Abby getötet? Sie hat dir nie was getan. Sie hatte dich lieb.»
«Sie war ein böses Mädchen», knurrte er, als wäre das Grund genug. «Cole wusste das.»
«Du hast Cole geschickt», sagte Terri. «Glaub nicht, ich wüsste nicht, wie das lief.»
«Wie was lief?»
«Du hast Cole gesagt, wir wären böse», sagte sie. «Du hast ihm die ganzen scheußlichen Ideen eingepflanzt, und dann ist er los und hat uns bestraft.» Sie lachte bitter. «Komisch, dass Gott ihm nie den Auftrag gegeben hat, die Jungs zu bestrafen. Oder warst du mal in der Kiste, Paul? Hat er dich dafür bestraft, dass du in Savannah zu den Huren gehst und Kokain schnupfst?»
Jetzt knurrte Paul wie ein Tier: «‹Sehet doch nach der Verfluchten und begrabet sie …›»
«Komm mir nicht mit der Bibel!»
«‹Denn sie war ihrem Gott ungehorsam›», zitierte er. «‹Sie sollen durchs Schwert fallen.›»
Terri kannte den Vers. Ihr Zorn ließ die Luft gerinnen. «Halt den Mund, Paul.»
«‹Und ihre kleinen Kinder zerschmettert … und ihre Schwangeren aufgeschlitzt werden.›»
«‹Um sein Ziel zu erreichen, zitiert selbst der Teufel aus der Bibel.›»
Er lachte, als hätte sie ihm einen Punkt abgenommen.
Sie sagte: «Du hast deinen Glauben schon vor einer Ewigkeit verloren.»
«Das sagst ausgerechnet du.»
«Ich laufe nicht herum und heuchele», gab sie zurück, ihre Stimme fester, ihr Ton schärfer. Das war die Frau, die Dale zurückgeschlagen hatte. Das war die Frau, die es wagte, sich zu wehren. «Warum hast du sie umgebracht, Paul?» Sie wartete, dann sagte sie: «Wegen der Versicherungspolicen?»
Paul schwieg. Mit dem Zyankali hatte sie ihn nicht erschrecken können, aber die Versicherungspolicen brachten einen neuen Faktor in die Gleichung.
Er fragte: «Was weißt du davon?»
«Abby hat es mir erzählt, Paul. Die Polizei weiß Bescheid.»
«Was wissen die?» Paul packte Terris Arm und drehte ihn um. Lenas Muskeln spannten sich. Sie hob die Glock, wartete nur noch auf den richtigen Moment. «Was hast du den Bullen erzählt, du dummes Huhn?»
«Lass mich los.»
«Ich mache dich fertig, du dämliche Nutte. Sag mir, was du der Polizei erzählt hast.»
Lena fuhr zusammen, als Tim plötzlich aus dem Nichts auftauchte, an ihr vorbeilief und fast die Treppe herunterpurzelte, um zu seiner Mama zu kommen. Bevor sie ihn festhalten konnte, war er schon an ihr vorbei. Sie schaffte es gerade noch, sich selbst zu verstecken.
«Mama!», rief der Kleine.
Terri schrie erschrocken auf, dann hörte Lena, wie sie ihn beschwor: «Tim, geh wieder hoch. Mama unterhält sich mit Onkel Paul.»
«Komm her, Tim», lockte Paul, und Lena drehte sich der Magenum, als sie hörte, wie die kleinen Füße die Treppe hinuntertappten.
«Nein …», protestierte
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