Grappa 05 - Grappa faengt Feuer
gegossen, das Plastikmaterial klebte an nackten Beinen und Armen fest.
Das Hotelfoyer war auf den ersten Blick leer. Würzige Gerüche zogen aus der Küche zu mir hin. Es roch mal wieder nach gegrilltem Fleisch und Knoblauch.
Ich wollte gerade die Treppe nach oben nehmen, als ich eine aufgeregte Stimme hörte. Es war Waldemar Agamemnon Unbill, der in der Telefonbox des Hotels stand und sich bemühte, seinem Gesprächspartner etwas klar zu machen. Er sprach griechisch, und ich verstand kein Wort. Unbill versuchte leise zu sprechen. Ich schlich mich an, nahm meinen Bleistift und versuchte, ein paar Wortfetzen in Lautschrift niederzuschreiben.
Ich notierte: Ton xero ton listi. Diesen Satz sagte Unbill mehrere Male hintereinander. Dann noch die Worte mußio und perimeno.
Zwei Begriffe erkannte ich sofort: Delphi und Apollon.
Unbill legte den Hörer auf. Ich musste jemanden finden, der mir diesen einen Satz erklären konnte! Niemand war da, nur Costas lümmelte sich im Nebenraum am Flipper herum.
Ich ging zu ihm. »Costas!«, sprach ich ihn an. »Do you speak english?«
»Nein«, sagte er, »tut's deutsch auch?«
Ich war baff. »Du tust die ganze Zeit so, als würdest du kein Wort verstehen? Warum?«
»Damit ich mich nicht mit euch unterhalten muss«, sagte er und schoss die Flipperkugel über die Platte.
»Cleveres Kerlchen. Hör zu, du musst mir helfen. Ich habe eben ein Telefongespräch mitgehört. Leider hat der Mann griechisch gesprochen, aber ich habe mir ein paar Worte aufgeschrieben. Kannst du sie mir übersetzen?«
»Dann lass mal hören!« Er strich seine schwarzen Locken hinter sich und war ganz Ohr.
»Was heißt ton xero ton listi?«
»Ich kenne den Dieb. War das alles?«
»Mußio und perimeno.«
»Das erste heißt ›Museum‹, und das zweite Wort bedeutet ›warten‹.«
»Du hast mir sehr geholfen. Bitte, sag niemandem etwas.«
»Nur, wenn du nicht sagst, dass ich deutsch spreche!«
»Kein Problem.«
Costas wandte sich wieder dem Spielautomaten zu. Ich musste dringend mit Kondis reden, denn Unbill schien einen Plan ausgeheckt zu haben. Dass es um den Diebstahl der Apollon-Schale ging, war für mich klar. Ich hatte mit meiner Bemerkung im Bus ins Schwarze getroffen. Jetzt behauptete er, den Dieb zu kennen.
Ich rannte die Treppe hinauf. In den Zimmern rührte sich nichts. Wo wohnte Kondis? Ich musste es riskieren, an der falschen Tür zu klopfen.
Ich bollerte an zwei Türen, hinter denen sich niemand regte. Dann endlich hatte ich Glück. Daphne stand im Türrahmen.
»Wo wohnt Kondis?«
»Warum wollen Sie das wissen?« Sie blickte mich nicht gerade freundlich an.
»Ich muss etwas mit ihm bereden. Daphne! Wo ist er? Nun sagen Sie schon! Es ist dringend.«
»Er ist zum Orakel gefahren«, schnippte sie, »er will mit den Fremdenführern sprechen, damit die Anlage geöffnet wird. Morgen ist eigentlich Ruhetag. Er müsste bald wieder hier sein. Kann ich etwas ausrichten?«
»Nein. Welche Zimmernummer hat er?«
»Ich dachte, er würde Ihnen den Schlüssel geben. Zimmer 5.«
»Danke.« Ich rannte die Treppe wieder runter und guckte ans Brett. Unter der Ziffer 5 hing tatsächlich ein Schlüssel. Ich packte ihn und nahm die Treppe nach oben. Der Schlüssel passte, ich verriegelte das Zimmer von innen.
Kondis hatte seine Sachen bereits ausgepackt. Sie lagen auf dem Bett. Wonach sollte ich hier suchen? Unschlüssig ging ich zu dem Stapel Oberhemden. Nein, ich muss anders vorgehen, sagte ich mir. Wo würde jemand etwas verstecken, das niemand finden durfte? Rund, zerbrechlich, etwa 30 bis 40 Zentimeter Durchmesser.
Ich sah seinen Koffer auf einem Stuhl liegen. Der Deckel war geöffnet. Ich hob ihn hoch und tastete den Inhalt vorsichtig ab. Socken, Unterwäsche, Badehose, ein paar T-Shirts. Nichts sorgfältig Verpacktes.
Neben dem Koffer lagen Bücher aufeinander geschichtet. Ein Buchdeckel war viel breiter und unterschied sich von den anderen.
Wer schleppt solche dicken Bücher mit in den Urlaub?, fragte ich mich.
Als ich das Teil in den Händen hielt, wusste ich, dass ich fündig geworden war. In eine Hülle aus starker Pappe hatte jemand etwas gesteckt, das in Zeitungspapier eingehüllt war. Zeit nachzusehen, gab es nicht. Entweder war der Fund ein Treffer oder ich blamiert.
Ich griff das Paket und klemmte es unter meinen Arm. Dann lauschte ich an der Tür. Immer noch Stille. Der Schlüssel rappelte beim Umdrehen, und die Tür quietschte. Immer noch niemand.
Wohin mit der Schale? Ich
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