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Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Titel: Grappa 05 - Grappa faengt Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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einen Becher mit dampfendem Gebräu.
    »Ton wrikame!«, schallte es aufgeregt zu uns hin. »Etho kato ine!«
    »Haben sie ihn?«, war meine Frage.
    »Ja. Er liegt da unten.«
    An einem weiteren Seil wurde eine Art Bahre hinuntergelassen. Ich nahm noch schnell einen Schluck Kaffee, um meinen Magen zu beruhigen. Der Anblick von Leichen war noch nie ein Hobby von mir.
    Es dauerte eine Weile, bis die Bahre hochgezogen wurde. Auf ihr war der Körper von Alfred Traunich festgeschnallt. Seine Gliedmaßen waren etwas verdreht, die Kniebundhosen und der Anorak verschmutzt, Sonnenhut und ein Schuh fehlten.
    Im Gesicht stand ihm noch das Erstaunen geschrieben über die aktive Beteiligung seiner Frau an seinem Ende. Eigentlich sah er ziemlich unversehrt aus für einen, der fünfhundert Meter abwärts gefallen war.
    »Noch nicht mal die Geier haben ihn gemocht!«, murmelte ich. »Aber er mochte Vögel ja auch nicht.«
    »Komm!«, sagte Kondis. »Der Anblick ist nichts für eine Frau.«
    »Du bist komisch! Eben wolltest du noch, dass ich bleibe. Gehen wir jetzt gemütlich frühstücken, oder willst du lieber noch eine Runde schlafen?«
    »Frühstücken. Nur wir zwei.«
    Er wechselte noch ein paar Worte mit dem Militärmenschen und verabschiedete sich.
    »Was passiert mit der Leiche?«, wollte ich wissen.
    »Die kommt in einen Sarg und wird in ein Flugzeug verfrachtet. Hoffentlich hat Frau Traunich eine Rücktransportversicherung für den Todesfall abgeschlossen, wenn nicht, muss sie die Kosten allein tragen.«
    »Das ist ihr die Sache bestimmt wert«, brummte ich. Jetzt fing es auch noch an zu nieseln.
    Als wir im Hotel ankamen, wartete ein richtig schönes Frühstück auf uns. Der Hotelier hatte es auf dem Balkon in Kondis' Zimmer anrichten lassen.
    Sein Bett war zerwühlt, eine Pyjamahose lag am Fußende, und ich dachte spontan an etwas Unangebrachtes. Dann sah ich das Foto einer Frau, die vor sich vier niedliche kleine Jungs aufgestellt hatte. Es stand in einem güldenen Rahmen auf seinem Nachttisch.
    »Sicherlich deine Frau Schwester und deine vier Neffen«, gurrte ich hellwach. Mein strahlendes Lächeln traf ihn.
    »Meine Frau und meine vier Söhne«, antwortete er ernst. »Wir leben aber seit fünf Jahren getrennt.«
    »Und dann stellst du ihr Foto neben dein Bett?«
    »Wegen der Söhne. Soll ich die Mutter abschneiden?«
    »Das wird sie sich kaum gefallen lassen. Zumindest nicht, wenn sie Medea heißt.«
    Er lachte. »Wie schön, dass du die Heroengeschichten meines Volkes liest. Jason und Medea – eine tragische Liebesaffäre. Leidenschaft, Demütigung, Morde und viel, viel Blut. Wusstest du, dass Jason von der heiligen Eiche von Dodona erschlagen wurde? Der von Athene in die Argo eingefügte Schiffsbalken aus dem Holz der Eiche von Dodona löste sich und tötete Jason.«
    »Ist eigentlich auch mal jemand deiner mythologischen Vorfahren an Altersschwäche in seinem Bett gestorben?«
    »Vermutlich die meisten. Aber deren Geschichten sind nicht überliefert.«
    Er schob mich auf den Balkon. »Komm, nun lass uns endlich frühstücken. Meinst du, dass Frau Traunich die Reise fortsetzt?«
    Er bestrich ein Croissant mit Butter und schob es mir in den Mund. Da ich nicht reden konnte, zuckte ich die Schultern.
    »Wir müssen sowieso heute noch hierbleiben. Ich werde gleich mit Frau Traunich reden. Nutzen wir den Tag zur Entspannung. Und morgen fahren wir weiter zum Totenorakel des Acheron. Unser Hotel liegt in Ammoudia, das ist ein kleiner Badeort am Meer.«

Hollandtomaten, Plastikstühle und eine Depression
    Die plötzliche Witwenschaft hatte Almuth Traunich stark gemacht. Sie dachte nicht daran, nach Hause zurückzukehren. Kondis fuhr sie zur Post, wo sie mit dem Bruder ihres Verblichenen telefonierte. Er sollte die Leiche am Flughafen entgegennehmen und unter die Erde bringen.
    »Sie ließ sich gar nicht auf Diskussionen ein«, erzählte mir Kondis, »als der Mann am anderen Ende der Leitung ungehalten wurde, hat sie einfach den Hörer aufgelegt.«
    Wir verließen Monodendrion gegen Mittag. Das Wetter war brillant, die Sonne brannte, und die Luft war klar und sauber. Die anderen hatten Traunichs Tod ziemlich unbeeindruckt zur Kenntnis genommen. Der Tote hatte sich durch seine Art in den letzten sechs Tagen keine Freunde gemacht.
    Unbill senior war seit dem »Unfall« in der Schlucht ruhiger geworden. Er mäkelte nicht mehr an allen Dingen herum und schenkte sich seinen höhnischen Gesichtsausdruck und die Besserwisserei, wenn

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