Grappa 05 - Grappa faengt Feuer
Anhaltspunkte sammeln, nach Beweisen suchen, vielleicht sogar den Täter finden. Heute weiß ich auch, dass es ein Fehler war.«
»Du hast für alles eine Erklärung.«
»Maria! Sagt dir dein Gefühl nicht, wem du glauben musst? Nach allem, was zwischen uns war?«
»Das ist es ja gerade, was meinen Blick trübt. Lass mir Zeit. Ich bin verwirrt. Die Reise ist für mich eine Mischung aus Sehnsucht, Wunschträumen, Liebe, Mythos, aber auch Hass, Eifersucht, Lüge und Gewalt. Ich wünschte, ich säße im Flugzeug nach Hause.«
»Wie du willst«, resignierte er, »ich werde dich ab jetzt in Ruhe lassen. Wenn du deine Meinung über mich ändern solltest, lass es mich wissen.« Kondis ließ seinen Kaffee im Stich und verschwand.
Stumm mummelte ich mein Frühstück in mich hinein. Andere Frauen können in solchen Situationen nie etwas essen, dachte ich. Da habe ich gerade einen guten Freund verloren, und das Einzige, was ich fühle, ist Bärenhunger.
Nach und nach füllte sich der Frühstücksraum. Die Sonne hatte ihre vornehme Zurückhaltung aufgegeben und knallte gnadenlos auf die Asphaltstraße. Draußen verhandelte Almuth Traunich mit dem Wirt über die Freilassungsprämie für den eingesperrten Hänfling. Pater Benedikt spielte den Vermittler. Die Konferenz zog sich in die Länge.
»In zehn Minuten treffen wir uns am Bus«, sagte Kondis mit seiner Reiseleiterstimme. »Heute besichtigen wir den Königspalast mit dem Löwentor und das Schatzhaus des Atreus. Wer kein festes Schuhwerk angezogen hat, sollte dies unbedingt tun. Der Aufstieg zur Burg ist mühsam, der Weg mit groben Steinen gepflastert.«
Ein hilfreicher Pater und ein trauriger Bruder
Ajax Unbill konnte der Schlüssel zu dem Tor sein, hinter dem sich die Wahrheit verborgen hielt. Ich musste dringend mit ihm reden, ohne dass sein Vater es bemerkte. Doch wie? Bartos, der Stotterer, blieb immer in der Nähe seines Erzeugers oder umgekehrt.
Im Bus setzte ich mich neben Pater Benedikt. »Sie müssen mir helfen«, fiel ich mit der Tür ins Haus, »ich muss den kleinen Unbill unbedingt sprechen. Sein Vater soll nichts merken. Haben Sie eine Idee, wie sich das machen ließe?«
»Sie sind in eine böse Geschichte verwickelt. Habe ich recht?«
»Nein. Ich bin nur auf der Suche nach der Wahrheit.«
»Herr Kondis hat Sie ganz schön durcheinander gebracht. Emotional, meine ich.«
Hoppla, dachte ich, Pater Benedikt ist doch nicht der verhuschte Gottesmann, für den ich ihn hielt.
»Sie haben recht, Pater«, gab ich zu, »deshalb muss ich wissen, ob er ein pathologischer Lügner ist, oder nicht. Es ist irgendwie wichtig für die Ruhe meiner Seele. Helfen Sie mir?«
Der Geistliche lächelte in sich hinein. »Bleiben Sie in meiner Nähe. Ich werde Unbills Eitelkeit ansprechen. Wenn er sich produzieren kann, lässt seine Wachsamkeit bestimmt nach.«
»Ich danke Ihnen. Vielleicht kann ich mich mal revanchieren.«
Es hatte keinen Sinn mehr, mich auf meinen Platz zurück zu setzen, denn der Bus fuhr auf einen riesigen Parkplatz. Wir waren an der Akropolis von Mykene angekommen, einem der schönsten und berühmtesten Altertümer Europas.
Der holprige Weg führte direkt zum weltberühmten Löwentor. Ich hatte es schon mehrmals auf Bildern oder Postkarten gesehen, doch seine Größe und Mächtigkeit ließ mich bewundernd verharren.
Ich hatte meinen Kassettenrekorder mal wieder angeworfen und stellte mich neben Kondis. Der guckte irritiert, als ich ihm das Mikrofon unter die Nase hielt. »Ich mache doch nur meine Arbeit«, raunte ich ihm zu und drückte auf »Aufnahme«.
»Das Tor ist 3,10 Meter hoch, unten 2,95 Meter breit, oben ein wenig schmaler«, erklärte Kondis. »Jeder dieser Steinblöcke ist etwa 20 Tonnen schwer. Der obere dreieckige Stein, auf dem die beiden Löwen zu sehen sind, entlastet die Mauern, die sonst zusammenbrechen könnten. Es handelt sich um ein so genanntes falsches Gewölbe, das für die mykenische Architektur bezeichnend ist. Diese Art von Gewölben finden Sie bei vielen Völkern, zum Beispiel auch in der präkolumbianischen Mayakultur.«
»Wie haben die Leute denn diese riesigen Steinklumpen aufeinanderlegen können?«, wollte Martha Maus wissen. Sie hatte noch immer die weiße Zinksalbe auf der Nase und sah zum Piepen aus.
»Das ist eine gute Frage«, lobte Kondis. »Das haben sich die Menschen des Altertums auch gefragt. So entstand die Sage, dass Zyklopen – das sind einäugige Riesen – die Mauern erbaut hätten. Daher auch ihr
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