Grappa 06 - Grappa und der Wolf
überprüft«, erklärte Brinkhoff. »Sie stimmen alle. Seine Vorgesetzten waren über die Kontakte zu Stäubli informiert. Mein Kollege hat eine blütenweiße Weste.«
Ich gab es auf und sagte: »Tschüss.« Die Uhr teilte mir mit, dass ich in einer Stunde in der Redaktion erwartet wurde. In der Küche steckte ich zwei Weißbrotscheiben in den Toaster und warf die Kaffeemaschine an. Dazu noch ein Fünf-Minuten-Ei und etwas Parmaschinken. Der Tag hatte erst begonnen, und ich brauchte Kraft für das, was kommen würde.
Jetzt noch unter die Dusche, dann schmierte ich mein Gesicht mit der Anti-Knitter-Creme für die reifere Frau ein und schminkte mich. Ich wählte einen blutroten Lippenstift und einen dunkelblauen Lidschatten. Das Ergebnis war ziemlich dramatisch. So hätte ich auch in einer italienischen Oper auftreten können. Um mich weiter auf den Tag einzustimmen, schmiss ich die Wahnsinnsarie der Lucia di Lammermoor von Gaetano Donizetti in den CD-Player. Das waren noch Zeiten, als Frauen so richtig schön durchdrehen durften!
Durchgestylt und gut gelaunt betrat ich das Pressehaus. Der erste, den ich traf, war Amadeus Viep. Er hatte die übliche Leidensmiene aufgesetzt, die sich auch nicht änderte, als er eine Lichtgestalt wie mich auf sich zukommen sah.
»Schlecht geschlafen, schlecht geträumt, schlecht gefrühstückt?« Ich wollte ihm den Wind aus den Segeln nehmen.
»Nur überarbeitet«, antwortete er, »du erinnerst dich doch an Luises Plan mit dem Super-Hilfstransport? Heute ist eine Pressekonferenz angesetzt. Dort werden die Einzelheiten bekanntgegeben.«
»Und was hat das mit dir zu tun?«, wollte ich wissen.
»Ich habe zwei volle Wochen meiner Freizeit geopfert, um Luise bei der Organisation zu helfen«, erklärte er eingeschnappt, »immerhin ist sie meine Schwägerin. Durch die Arbeit hat sie den Schmerz über den Tod von Hermann vergessen.«
»Ich finde es rührend, wie du dich um deine Mitmenschen kümmerst«, lobte ich ihn, »Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit sind heutzutage Werte, die nur noch schwer zu finden sind. Es soll sich ja um 250 Lkw handeln – ist es dabei geblieben?«
»Sicher. Auch wenn du in einem Artikel der HoG dunkle Geldgeschäfte unterstellt hast, wird sich an unserer humanitären Aufgabe nichts ändern. Die Zeit wird zeigen, was übrig bleibt. Gute Taten oder vage Beschuldigungen.«
»Die haben dich ja ganz schön eingewickelt«, stellte ich fest.
»Glaub, was du willst«, schnaubte Viep und ließ mich stehen.
»Was ist dem Viep denn über die Leber gelaufen«, fragte ich, als ich in Jansens Büro saß, »er spielt beleidigte Leberwurst, nur weil wir es gewagt haben, kritisch über die HoG zu berichten.«
»Er sitzt inzwischen im Vorstand des Trägervereins«, berichtete Jansen und drückte seine Zigarette aus. »Da kann er sich richtig austoben in punkto Wohltätigkeit. Hier bei uns schätzt ja niemand seine Bemühungen, uns moralisch zu erhöhen. Willst du Kaffee?«
»Aber immer. Um 13 Uhr gibt die HoG eine PK. Die letzte Runde beginnt. In einem der 250 Lkw ist die Sachertorte versteckt.«
»Die Polizei ist informiert.« Jansen reichte mir einen Becher mit Kaffee. »Sie haben eine Durchsuchung geplant. Aber erst, wenn die Medien wieder weg sind. Luise Lasotta und Amadeus Viep wissen noch von nichts.«
»Es wird spannend«, frohlockte ich. »Hab ich dir schon gesagt, dass der Tote aus dem Rombergpark der Typ ist, der mich in Toledo aus dem Verkehr ziehen wollte? Er ist mir bis hierher gefolgt.«
»Sag mir bloß noch, dass du ihn erschossen hast!« Erschrecken spiegelte sich in Jansens Gesicht.
»Nicht direkt. Aber das ist eine andere Story, die ich dir später erzähle. Jetzt müssen wir die Welt vor einer nuklearen Katastrophe retten!«
Ich stand schon in der Tür, als Jansen sagte: »Ich weiß jetzt, wem die Transportfirma Sotrans gehört.«
»Ach ja?«
»Hermann und Luise Lasotta. Und einem stillen Teilhaber, den ich noch nicht kenne.«
Ich pfiff durch die Zähne. »Dann kennen wir den Weg des Geldes. Puerta del Sol macht illegale Geschäfte, das Geld dafür wird an den gemeinnützigen Trägerverein der HoG überwiesen. Der Verein gibt das Geld an die HoG weiter, an der die spanische Firma beteiligt ist. Das ganze natürlich steuerfrei. Die HoG sammelt nebenher ganz normal Spenden, überweist Riesensummen an die Sotrans für die Bereitstellung der Lkw. Gleichzeitig werden Schmuggelgüter wie Waffen oder Sachertorten unbemerkt außer Landes
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