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Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Titel: Grappa 06 - Grappa und der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Witwe. Ihre Stimme schrillte ein bisschen. »Offen, ehrlich, sauber – das ist die Devise der HoG. Die Frage kann ich Ihnen aber dennoch nicht beantworten. Da uns die Firma die Lkw zu einem – nun ja – geringen Preis zur Verfügung gestellt hat, möchte sie nicht genannt werden. Tu Gutes und rede nicht darüber – Sie verstehen?«
    Ich nickte. Natürlich verstand ich. Luise Lasotta wollte nicht unbedingt erzählen, wie sie das Spendengeld in die eigene Tasche schaufelt, dachte ich.
    Als der Bus mit rund 20 abgefütterten Medienvertretern kurz vor 15 Uhr auf dem Gelände der »Firma« ankam, hörte ich die Klänge einer Ethno-Band. Rundfunk und Fernsehen hatten ihre Übertragungswagen zwischen Pkw geparkt, die kreuz und quer auf dem Hof standen. Ich schaute mich um, ob ich Bekannte aus der Szene entdeckte. Natürlich, mein Kollege Amadeus Viep stand gerade vor einem blauen TV-Ü-Wagen. Er hatte bereits ein Interview gegeben.
    Auf dem weitläufigen Innenhof war eine kleine Bühne aufgebaut worden. Ein Stehpult mit Mikrofon und mehrere Blumengestecke sollten die Festlichkeit der Veranstaltung unterstreichen. Vor der Bühne reihte sich ein Klappstuhl an den anderen.
    Ich ließ meine Augen durch die Sitzreihen gleiten. Eigentlich hatte ich Rocky Jedwabski erwartet. Dafür erblickte ich Liliencron. Er stand im hinteren Teil des Innenhofes, von wo aus er alles überblicken konnte, in der Hand ein Funkgerät.
    Die Ethno-Band legte eine Pause ein, und einige Leute applaudierten. Die Stuhlreihen hatten sich inzwischen gefüllt, Fotografen schlichen übers Gelände, Fernsehleute schleppten Kabel. Luise Lasotta posierte für die Fotografen.
    Ich schaute mich um. Noch immer keine Spur von Rocky. Unauffällig schlenderte ich zu den Lkw. Sie trugen keine Aufschrift, graue Planen waren fest über der Ladung verzurrt. Die Kennzeichenschilder der Autos waren nagelneu, alle waren in Bierstadt zugelassen. Ich konnte nichts Verdächtiges entdecken.
    Die anderen Medienvertreter hatten ihre Bilder und Interviews mittlerweile gemacht, der Hof war schon fast leer. Nur die Lkw lagen wie große, graue Buckelrinder auf dem Hof. Hier passiert heute nichts mehr, dachte ich.
    Da stürmten plötzlich Männer auf den Hof. Sie trugen graue Overalls, Pistolengürtel, hatten Rambogesichter und rochen nach Sondereinsatzkommando. Endlich kam Schwung in die Sache. Ich gab meinem Fotografen ein Zeichen. Unauffällig verließ er seinen Posten in einem Winkel des Geländes und begann mit seiner Arbeit.
    Gruppenweise erklommen die Bullen die Lkw. Knappe Kommandos erschallten.
    Liliencron stand auf einmal neben mir. Er hatte eine überraschend gesunde Gesichtsfarbe, trug das Haar offen und schien ausgesprochen gut gelaunt. »Guten Tag, Frau Grappa«, sagte er. »Ich habe damit gerechnet, Sie hier zu treffen.«
    »Ich nehme an, Sie suchen die Sachertorte. Hoffen Sie wirklich, ausgerechnet heute etwas zu finden?«
    »Heute fangen wir an«, antwortete er, »wir werden jeden der 250 Lkw gründlich untersuchen. Heute beginnen wir mit den ersten zwanzig.«
    Liliencron wollte noch etwas ergänzen, doch ein aufgeregtes Gekrächze aus dem Funkgerät verhinderte das. Der BKA-Mann sagte: »Ich komme«, und rannte davon. Ich hinterher.
    Dann sah ich, was los war. Zwei SEK-Leute schleppten einen Körper aus einem altersschwachen Schuppen. Mein Herz blieb stehen. Es war Rocky. Sie mussten ihn erwischt haben. Ich begann zu frieren.
    Die Männer legten den schlaffen Körper auf einen der Tische im Hof. Ich stürzte zu ihm. Rockys Gesicht war voller Wunden, ein Riss klaffte oberhalb der Stirn. Getrocknetes Blut hatte die Haare verklebt, der Körper war verschnürt wie ein Paket.
    »Er gibt noch Lebenszeichen von sich«, stellte ein Beamter sachlich fest.
    »Wo ist ein Arzt?«, schrie ich.
    »Der Rettungswagen ist unterwegs«, sagte jemand. Ich legte mein Ohr an Rockys Mund. Er atmete.
    Als ich mich wieder aufrichtete, hatte sich Liliencrons Blick in mich verkrallt. »Wer ist das?«, wollte er wissen.
    »Mein Mitarbeiter.« Mit dem Handrücken wischte ich mir eine Träne von der Wange.
    »Und wie heißt der Mann?« Liliencron ließ nicht locker.
    »Rocky Jedwabski. Wann kommt denn endlich der Krankenwagen, verdammt noch mal!«
    »Was hat dieser Mann hier zu suchen? Haben Sie ihn hierher geschickt?«
    »Lassen Sie Ihren Kasernenhofton«, brüllte ich, »sehen Sie denn nicht, dass es ihm schlecht geht?«
    Ein Martinshorn erschallte, wenige Sekunden später fuhr ein

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