Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Grappa 06 - Grappa und der Wolf

Titel: Grappa 06 - Grappa und der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
hat mir keine andere Wahl gelassen.«
    »Macht nichts«, meinte ich großzügig, »ich wird‘s keinem verraten. Wussten Sie eigentlich, dass auf Ihren Kopf 50.000 Dollar ausgesetzt sind?«
    Ich erzählte ihm die Geschichte mit dem Foto im Postkasten der Firma Puerta del Sol.
    »Seit diesem Zeitpunkt weiß ich, dass Sie El Lobo sind«, schloss ich meinen Bericht.
    »Urs Stäubli hatte bereits seit einigen Wochen den Auftrag, mich zu töten. Er kannte aber mein Gesicht nicht.«
    »Und woher hatte er plötzlich ein Foto von Ihnen?«
    »Lasottas Beerdigung. Ihr Kollege hat es gemacht.«
    »Also doch! Warum hat er mir nichts davon erzählt?« Typisch Willi, dachte ich, immer nur die halbe Wahrheit, immer ein Hintertürchen offen lassen, immer eine gezinkte Karte in der Hinterhand. Dann hast du dich selbst ausgetrickst, du armer Bluthund.
    »Das bedeutet ja, dass Willi Kontakt zu jemandem aus dem Kartell hatte!«, schloss ich messerscharf. »Warum haben die ihn dann umgebracht? Die Sache wird immer verworrener.«
    »Vielleicht, weil er dabei war, ihnen den Sachertorten-Transport zu verderben«, mutmaßte Lidor. »Ich kannte Ihren Kollegen nicht näher – aber halten Sie es für möglich, dass er jemanden erpresst hat?«
    »Willi ein Erpresser?« Ich überlegte. »Möglich ist alles. Er wollte mir kurz vor seinem Tod etwas mitteilen. Aber dazu kam es leider nicht mehr.«
    Während unserer Plauderei hatte ich fast vergessen, dass anderthalb Meter von mir entfernt eine Leiche auf dem fesch geblümten Teppichboden des Hotelzimmers lag.
    »Was machen wir mit dem Toten?«
    »Wir müssen ihn hier raus schaffen«, stellte Lidor fest.
    »Und wie?«
    »Sie setzen Stäubli in den Rollstuhl und fahren ihn nach draußen. Jeder wird glauben, dass ich es bin. Sind Sie mit dem Auto hier?«
    »Sicher. Ich parke hinter dem Saal. Ich mache das aber nicht allein. Schließlich haben Sie ihn erschossen.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Niemand weiß, dass ich laufen kann. Ich komme fünf Minuten später nach. Die Leute sollen glauben, dass Sie Professor Lidor aus dem Hotel rollen. Da kann ich ja schlecht neben Ihnen hergehen.«
    »Und wenn mich jemand anspricht?« Ich spürte den Angstschweiß, der auf meiner Stirne perlte.
    »Wenn, wenn … Machen Sie die Sache nicht komplizierter, als sie ist.« Lidor wurde ärgerlich. »Wo genau steht Ihr Auto?«
    Ich erklärte ihm den Weg zum Parkplatz im Rücken des Goldsaals. Der Weg dorthin betrug bestimmt gute 200 Meter.
    »Dann los!« Lidor hievte Stäubli hoch und ließ ihn in den Rollstuhl plumpsen. Dann griff er nach dem Kopf des Toten und meinte: »Wir haben Glück. Aus der Wunde ist kaum Blut ausgetreten. Es wird gehen, wenn ich ihm meinen Hut tief ins Gesicht ziehe.«
    »Wollen Sie ihm das Ohr nicht abschneiden?«, hörte ich mich fragen. Ein trockenes Lachen würgte in meinem Hals.
    Wenige Minuten später stand ich auf dem Hotelflur und schob den Toten vor mir her. In der Hotelhalle machten mir alle freundlich Platz, als ich mit dem Rollstuhl zum Ausgang strebte. Die Schwingtür fegte den Hut von Stäublis Kopf. Ein freundlicher Mann, der gerade das Hotel betreten wollte, bückte sich und reichte mir den Kopfputz. Ich sagte »Danke« und drückte das Teil zurück auf des Schweizers Haupt.
    An meinem Auto angelangt, wartete ich. Der Japaner stand ungerührt da. Er hatte schon viel mitgemacht, war im Graben gelandet, nächtens in den unmöglichsten Gegenden herumgekurvt – eine Leiche jedoch hatte ich noch nie mit meinem Auto transportiert.
    Da kam Lidor. Er hatte einen flotten, federnden Gang.
    »Alles klar gegangen?«, fragte er. Ich nickte stumm.
    Lidor zerrte Stäubli vom Rollstuhl auf den Beifahrersitz und befestigte den Körper mit dem Sicherheitsgurt. Ich klappte derweil die Rücksitzbank um. Der Rollstuhl passte jetzt prima hinein, doch nun war für Lidor kein Platz mehr.
    »Ich nehme ein Taxi und folge Ihnen in fünf Minuten«, versprach er, »beschreiben Sie mir bitte den Weg.«
    Ich hatte mich für den Rombergpark als Ablageort entschieden und sagte etwas vom Eingang »Am Tierpark«. Er lag ein bisschen abseits. Dann startete ich den Japaner. Es waren etwa fünf Kilometer zurückzulegen, in jeder Kurve hatte ich Angst, dass Stäublis Kopf auf meine Schulter fallen würde. Doch die Sicherheitsgurte taten brav ihre Pflicht.
    Die Sonne kam freundlich hinter den Wolken hervor, als ich den kleinen Parkplatz erreichte. Jetzt war Warten angesagt.
    Ich drückte das Radio an, um mich

Weitere Kostenlose Bücher