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Grappa 09 - Grappa-Baby

Grappa 09 - Grappa-Baby

Titel: Grappa 09 - Grappa-Baby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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man sich auch irgendwo kaufen.« Ich drehte mich weg, damit er meine Tränen nicht sah.
    Die Beamten hatten fast zeitgleich die Durchsuchung meiner Wohnung ohne Ergebnis beendet. Brinkhoff bekam das Ergebnis durchs Handy mitgeteilt. Er entschuldigte sich bei mir. Ich nahm ihm die Aktion nicht übel, er tat ja nur das, was man gemeinhin als ›Pflicht‹ bezeichnet.
    Als ich wieder in der Redaktion auftauchte, fragte mich Jansen, was er mit der Waffe machen solle. Leider wusste ich darauf auch keine Antwort.
    »Lass sie da, wo sie ist«, riet ich. »Vielleicht fällt uns später was zu diesem Thema ein.«
    »Hast du ihn heute schon besucht?«
    »Wen?«
    »Nik.«
    »Nein. Er hat eine neue Freundin.«
    »Besucht die ihn denn?«
    Ich zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Ist nicht mehr meine Sache.«
    »Vielleicht braucht er dich gerade jetzt.«
    »Das hätte er sich alles vorher überlegen sollen – bevor ich ihn mit dieser Frau in meinem Bett erwischt habe«, grollte ich.
    »Arme Grappa! Du leidest ja richtig! Kann ich was für dich tun?«
    »Allerdings. Sprich nie wieder seinen Namen in meiner Gegenwart aus.«
    »Mein Gott«, erschrak er. »Du kannst ja richtig hassen. Solche Gefühle ...«
    »Warum versucht jeder an mir herumzupsychologisieren?«, keifte ich. »Euch scheint es ja richtig zu gefallen, dass es mir mal dreckig geht. Ich komm da wieder raus, und zwar allein.«
    »Wie du meinst, Grappa«, sagte er verschnupft. »Ich hab's nur gut gemeint. Geh nach Hause und lecke deine Wunden. Du hast heute frei.«
    »Und der Artikel über den Anschlag?«
    »Den schreibe ich.«
    Jansen ließ mich stehen. Ich hatte ihn vor den Kopf gestoßen, doch es war mir im Moment gleichgültig. Irgendwie war mir alles egal.

Einsam leiden
    Ich verbrachte den restlichen Tag mit einer Flasche Wein, einem Buch und der Verdi-Oper La Traviata . Zwischendurch dachte ich nach. Interessierte mich die Geschichte überhaupt noch? Was gingen mich Frank Faber, seine kranke Frau und seine verfluchte Schwester an? Oder dieses unglückselige Monsterbaby?
    Nach der halben Flasche Sancerre beschloss ich, künftig eine andere Art von Journalismus zu betreiben. Ich würde nur noch über die schönen Dinge des Lebens berichten, von denen es in Bierstadt eigentlich eine Menge gab: Pressebälle, Galopprennen, Töpfermärkte, Basare des Rotary-Klubs, Weinfeste und Golfturniere, Matineen. Ich würde mit Managern soupieren und so tun, als würde mir ihr spätkapitalistisches herzloses Gebrabbel gefallen, ich würde die Designer-Fetzen ihrer Gattinnen loben und mir die eine oder andere freundliche Bemerkung über erfolgreich absolvierte Klöppel- oder Thai-Chi-Kurse abquälen. Der Weg zum gesellschaftlichen Erfolg ist zwar lang und schleimig, doch vielleicht gewöhnte man sich dran. Ich nahm noch einen Schluck Wein und noch einen und dann den letzten.
    Nein, dachte ich, so kann dein Leben nicht laufen, da kannst du dich gleich begraben lassen. Leben muss wehtun und schwierig sein, jeder Schlag in den Nacken hat seinen tieferen Sinn, bringt dich ein Stück weiter. Und die Liebe? Sie soll verdammt sein. Wir lieben ohnehin nur die Phantome, die wir uns selbst erschaffen haben.
    Ich kroch vom Sofa hoch und torkelte – den Kopf schwer vom Alkohol – zum Fenster. Es war inzwischen tiefe Nacht. Ab und zu fuhr ein Auto vorbei, mal ein leerer Bus, mal schlurfte ein später Fußgänger übers Pflaster.
    Ich öffnete die Scheiben. Die Luft war feucht, Regen nieselte. Unten auf dem Parkplatz stand mein Auto.
    In ihm hatten wir uns das erste Mal geliebt. Es war ziemlich umständlich gewesen, hatte eine gewisse Aufgeschlossenheit und die absolute Lust zur Direktheit gefordert. Die Enge und die Gefahr, überrascht oder angeleuchtet zu werden, hatten den Reiz der Aktion noch um ein Vielfaches erhöht.
    Ich schloss das Fenster wieder. Eine einsame Nacht im Bett wartete auf mich. Bereits im Flur, hörte ich das Telefon. Auf dem Weg dorthin kroch Angst meinen Rücken hinauf. War doch nicht alles klar gegangen in der Klinik? Vielleicht eine plötzlich aufgetretene Infektion? Herzversagen? Thrombose?
    Panisch stürzte ich zum Telefon. »Ja?«
    Es war Hauptkommissar Brinkhoff. »Wir haben die Leiche von Dr. Cornett gefunden.«
    »Was? Er ist tot?«
    »Sieht ganz danach aus«, meinte Brinkhoff trocken.
    »Wie ist das passiert?«
    »Wir haben ihn aus dem Kanal gezogen.«
    »Mord?«
    »Wissen wir nicht. Könnte auch Selbstmord sein, denn es gibt einen Abschiedsbrief.«
    »Was steht

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