Grappa 09 - Grappa-Baby
eigene Tochter! Das ist wirklich ein Ding. Er täuscht eine Entführung vor, um von seinem anderen Verbrechen abzulenken.«
»Hör auf, Grappa!« Frank schüttelte sich vor Ekel. »Ich kann nicht glauben, dass er ...«
»Er hat nicht mit ihr geschlafen, sondern einen Arzt dazu gebracht, eine intrauterine Insemination an ihr vorzunehmen.«
»Das macht die Sache auch nicht besser«, jammerte Frank. »Ich liebe Kristin und habe sie nicht schützen können. Erst der Unfall und nun das ... Ich wünschte, ich wäre tot. Warum bin ich nicht draufgegangen?«
»Hör endlich auf zu heulen«, forderte ich. »Die Sache ist so, wie sie ist. Wo könnte dieses Sanatorium sein?«
»Wir müssen es suchen«, stellte Frank fest und widmete sich seinem Getränk.
»Gute Idee. Und wie sollen wir das machen?« Ich war ratlos.
»Es ist ein privates Sanatorium, irgendwo auf dem Land.«
»Wie kommst du darauf?«
»Brigitte erzählte, dass die Bauern ringsum die Getreideernte einfahren würden. Sie kann das von ihrem vergitterten Fenster aus sehen.«
»Toller Anhaltspunkt«, stöhnte ich. »Felder! Davon gibt's allein im Sauerland und im Bergischen Land mehr als genug. Sogar in Timbuktu wird Korn angebaut. Hat sie kein Meeresrauschen gehört oder einen Vulkanausbruch von ihrem Fenster aus beobachtet?«
»Als sie mich angerufen hat, war da so ein lautes Tuten im Hintergrund«, murmelte Frank. »Ein ganz merkwürdiges Geräusch.«
»Ein Tuten?« Mir dämmerte etwas. »So etwa?«
Ich ahmte das gotterbärmliche Geräusch nach, das ich während des Telefonats mit Bruno Schlagholz gehört hatte.
»So ähnlich. Ich glaube, das war irgendein Signal ... wie bei Bauarbeiten an Bahnstrecken. Damit die Gleisarbeiter nicht vom Zug zermatscht werden. Oder so ähnlich.«
Ich schlug mir vor den Kopf. »Genau!«
»Dann muss das Sanatorium auf dem Land liegen und an einer Eisenbahnstrecke«, schloss Frank messerscharf. »Das finden wir, oder Grappa?«
»Das tun wir. Und wir finden dort diesen Pfleger, der dich dazu bringen wollte, Cornett ins Jenseits zu befördern. Er hat mich von dort aus nämlich angerufen.«
Drei Adressen
Wir hatten uns gegen acht Uhr morgens in der Redaktion verabredet. Ich kramte alle möglichen Stadtpläne zusammen, die in den Büros herumlagen, befreite meinen Schreibtisch von allen Dingen, die auf ihm lagen, kochte eine Kanne starken Kaffee und schickte Frank erst mal zum Einkaufen in die nächste Bäckerei.
Als er mit vier belegten Brötchen zurückkam, brütete ich bereits über den ausgebreiteten Plänen.
»Weit können sie Kristin in ihrem Zustand nicht transportiert haben. Die Klinik muss also in erreichbarer Nähe sein. Aber wo? Ich wusste gar nicht, dass es so viele Bahnlinien in der näheren Umgebung gibt«, stöhnte ich und biss erst mal in eine Käsesemmel.
»Wirklich?«, fragte Frank kleinlaut.
»Mach nicht so ein Gesicht. Uns interessieren nur die Schienenstrecken, an denen gerade gearbeitet wird. Und deshalb werde ich – wenn ich gefrühstückt habe – bei der Bahn AG anrufen.«
»Tolle Idee, Grappa!«, meinte Frank bewundernd. »Du bist Klasse!«
»So was nennt man Recherche, Kleiner!« Ein Stück Käse fiel mir in den Ausschnitt, ich fummelte es wieder heraus und schnippte es durch den Raum. Es landete auf der Fensterbank.
Ich dachte an die gemütlichen Frühstücksstunden mit Nik, die sich niemals wiederholen würden. Er hatte immer den Tisch gedeckt, während ich mir heißes Wasser über den Körper laufen ließ. Und wenn ich frisch geduscht auftauchte, war die erste Tasse Kaffee bereits eingeschenkt und das Müsli angerührt. Ich schloss die Augen und zwang mich, die Erinnerung zu verscheuchen.
»Dann mal los!«, machte ich mir selbst Mut und wählte die Nummer der Bahn AG. Dort hatte man natürlich keinen blassen Dunst, verwies mich an die Instandsetzungsabteilung.
»Wir haben Auftragsfirmen mit den Arbeiten betraut«, erfuhr ich. »Um welche Strecke handelt es sich denn?«
»Das will ich ja gerade von Ihnen wissen«, sagte ich verzweifelt nach einer guten halben Stunde vergeblichen Telefonierens.
»Tut mir leid«, sagte die gelangweilte Stimme am Telefon, »wenn Sie mir nicht den Gleisabschnitt nennen können, kann ich Ihnen nicht sagen, welche Firma in unserem Auftrag dort arbeitet.«
Genervt knallte ich den Hörer auf. »Verdammter Mist!«
»Und wie nennt man das?«, fragte Frank.
»Vergebliche Recherche«, grinste ich. »Die Bahn-Fuzzis sind keine große Hilfe. Wir müssen uns
Weitere Kostenlose Bücher