Grappa 09 - Grappa-Baby
schlug gegen die Wand, spürte endlich den Schmerz, zog die vier Schubladen aus der Kommode und pfefferte sie durch den Raum. Dabei stieß ich einen markerschütternden Schrei aus.
»Was ist denn hier los?« Frank stand pitschnass und mit einem Badetuch um die Hüften im Türrahmen.
»Du hast zugelassen, dass es deine verdammte Schwester mit Nik hier in diesem Zimmer getrieben hat«, schrie ich.
»Wieso?«
Anklagend hielt ich ihm den Slip unter die Nase. »Weil das hier Nik gehört ...«
Frank starrte auf die Unterhose. Dann begriff er.
»Nik hat mich darum gebeten«, entschuldigte er sich. »Was sollte ich machen? Er ist schließlich mein Freund! Tut mir echt leid, Grappa, dass du dich jetzt so aufregst.«
»Pass mal auf, mein Lieber«, sagte ich – um Fassung bemüht. »Deine ganze Sippschaft inklusive deiner armen Frau kann mir künftig gestohlen bleiben. Soll sie ihr Monsterbaby doch kriegen – mich kümmert das nicht mehr. Ich bin fertig. Fertig mit euch allen.«
Ich stieg durch das Durcheinander und verließ die Wohnung.
Jagdfieber
In der frischen Luft merkte ich, dass es nicht so wehtat wie beim ersten Mal. Man gewöhnt sich eben an alles, dachte ich, sogar an den fortgesetzten Betrug.
Ich fuhr zu meiner Bäckerei und kaufte mir zwei Mandelhörnchen, die ich noch während der Fahrt zur Redaktion in mich hineinstopfte. Die Hörnchen ließen meinen Blutzuckerspiegel ansteigen, und ich fühlte mich schon besser.
»Alles in Ordnung, Grappa-Baby?«, fragte Peter Jansen. Wir liefen uns auf dem Redaktionsflur über den Weg.
»Alles bestens«, log ich.
»Du siehst so ...«, er suchte nach Worten, »... apokalyptisch aus.«
»Und was meinst du damit?«
»Als hättest du gerade einen Ritt durchs Feuer hinter dir.«
»So ähnlich«, gab ich zu. »Nur war's ein Ritt durch die Niederungen der Gefühle. Aber ich komm schon besser damit klar.«
»Mandelhörnchen?«, grinste er und guckte auf meinen Blazer.
»Schlauberger«, lächelte ich und schnippte ein paar Krümel vom Revers.
»Nik?«, ließ er nicht locker.
»Ja – aber ich hoffe, dass es das letzte Mal war. Irgendwann musste es mal ein Ende haben. Ein richtiges Ende – nicht nur im Kopf, sondern auch in der Seele.«
»Arme Grappa.« Jansen legte den Arm um mich. Sein Mitgefühl war echt.
»Ich erhole mich schon wieder«, versprach ich. »Aus jeder Krise meines Lebens bin ich bisher ein Stückchen stärker und weiser herausgekommen. Und illusionsloser.«
Wir gingen eine Weile schweigend nebeneinander.
»Lass uns eine Tasse Kaffee in meinem Büro trinken«, meinte Jansen. »Dann können wir bereden, wie es mit der Story weitergeht.«
»Die Geschichte ist für mich gestorben«, sagte ich. »Aber Kaffee können wir trotzdem trinken.«
Jansens Büro war eine Mischung aus Zeitungslager, technischer Kommandozentrale und Wohnzimmer. Überall türmten sich zurückliegende Ausgaben des Bierstädter Tageblattes , zwei Computer bedeckten den Großteil eines riesigen Schreibtischs, auf dem gerahmte Fotos sämtlicher Mitglieder der Familie Jansen standen. Die Putzfrauen trauten sich schon lange nicht mehr, die Oberfläche des Schreibtischs zu feudeln, denn Jansen hasste es, wenn sein geordnetes Chaos umdekoriert wurde.
»Du willst also aussteigen?«, begann er, als der Kaffee vor uns stand. »Sagst du mir, warum?«
»Die Story überfordert mich mental«, antwortete ich. »Du weißt, dass ich zu einigen der beteiligten Personen ein persönliches Verhältnis habe – und das ist niemals gut für eine gewissenhafte journalistische Recherche.«
»Du meinst Nik?«
»Den auch. Ich meine aber auch Franks verdammte Schwester, die ihn mir ausgespannt hat.«
»Dieses Flittchen hat doch gar keine Bedeutung«, wandte Jansen ein. »Zumindest nicht für den Verlauf der Story. Und Nik ist aus dem Verkehr gezogen.«
»Im wahrsten Sinne des Wortes«, sagte ich sarkastisch.
»Vielleicht änderst du deine Meinung, wenn ich dir die neueste Entwicklung mitteile.«
»Ach ja?« Mein Interesse hielt sich trotz der Ankündigung in engen Grenzen.
»Bruno Schlagholz war heute früh hier«, berichtete Jansen. »Das ist der Pfleger, der Cornett angeblich mit heruntergelassener Hose an Kristins Bett gesehen hat.«
»Ich weiß, wer das ist«, reagierte ich cool.
»Er wollte dich sprechen – da warst du gerade bei Frank Faber.«
»Und? Was hat er gesagt?«
»Nicht viel – nur, dass er auspacken will. Und dass er Angst hat, dass ihn jemand umbringt.«
»Wer sollte das
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