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Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Titel: Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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erkennen. Schütteres, längeres Haar, das in Strähnen bis auf die Schultern hing, der Kopf war nach hinten geneigt, die Augen halb geschlossen, der Mund leicht geöffnet, die Zunge hing seitlich zwischen den Lippen herunter, wie ein dickes Blatt Löschpapier.
    »Das ist ja ...«, murmelte ich.
    Ja, das war einer der Toten in der Villa, in der ich vergangene Nacht gewesen war, und zwar nicht mit einem Teleobjektiv herangezoomt, sonst wäre das Foto grobkörniger geworden. Der Fotograf musste direkt vor dem Toten gestanden haben.
    Quer über dem Gesicht des Mannes stand etwas geschrieben: GULA.
    GULA?
    Ich drehte das Bild um und las:
    Zum Herrn rief ich in meiner Not, und er erhörte mich. Herr, rette meine Seele vor Lügenlippen, vor falscher Zunge. Was wird er dir geben? Was dir hinzufügen, du falsche Zunge? Scharfe Pfeile eines Starken samt glühenden Ginsterkohlen.
    Wollte sich jemand einen Scherz mit mir erlauben? Nein, schoss es mir durch den Kopf, das war kein Scherz, sondern ein Hinweis. Und der konnte nur vom Mörder selbst stammen.
    Ich las den Text noch einmal durch. Die Worte muteten religiös an, der angesprochene Herr konnte nur Gott sein. Dieser Gott wurde von jemandem angerufen. Vielleicht vom Opfer?
    Lügenlippen, falsche Zunge, scharfe Pfeile – das klang nach dem, was das Strafrecht heute als üble Nachrede bezeichnete.
    Jemand beklagte sich bei Gott darüber, dass er verleumdet worden war.
    Und was bedeutete GULA?
    Der kleine Langenscheidt für die wenigen lateinischen Momente in meinem Leben lag griffbereit in meinem Bücherschrank.
    Da hatte ich es. GULA – das hieß »Kehle«, »Speiseröhre« und »Schlund«. Das brachte mich nicht weiter.
    Ich gab das Wort in eine Suchmaschine im Internet ein und erfuhr, dass GULA eine der sieben christlichen Todsünden war und mit »Völlerei«, »Maßlosigkeit« und »Unmäßigkeit« übersetzt wurde.
    Wer hatte mir das Foto zugesandt? Eine müßige Frage. Und warum hatte er es getan? Auf diese Frage würde ich eine Antwort finden!
    Ich steckte das Bild in den Umschlag zurück und dachte nach. Was hatte der Mann auf dem Foto angerichtet, um der Todsünde der Maßlosigkeit bezichtigt zu werden, denn nichts anderes konnten Bild und Wort bedeuten?
    In mein Grübeln platzte ein Klopfen und dann stand mein Chef Peter Jansen in der Tür. Er war nicht allein. Hinter ihm versteckte sich eine junge Frau.
    »Morgen, Grappa!«, begrüßte mich Jansen – forscher als sonst.
    »Hallo, Peter«, entgegnete ich. »Ich wollte gerade zu dir ... mir ist vielleicht ein Ding passiert ...«
    »Kannst du mir später erzählen«, unterbrach er mich. »Das hier ...«, er schob die junge Frau vor sich, »... ist Frau Mahler. Ab heute Hospitantin.«
    »Hallo«, sagte ich lahm und musterte die Maus. Quietschblond, höchstens Mitte zwanzig, hellblauer Lidschatten, verträumter Blick, aufgeworfene hellrosa Lippen und große Ohren – eine Art fleischgewordenes Spindgirl aus den frühen Siebzigern.
    »Und?«, fragte ich. Mir schwante, dass es mit der braven Vorstellungsrunde noch nicht getan war.
    »Du bist doch die Ausbildungsbeauftragte unserer Zeitung«, sagte Jansen und grinste. »Und da dachte ich, dass du ...«
    »Was bin ich?«, fragte ich wie vom Donner gerührt.
    »Unsere Ausbildungsbeauftragte.«
    »Und du bist das größte Lügenmaul, das mir je begegnet ist ...«
    »Ich habe dich gerade dazu ernannt«, freute sich mein Chef. »Du kümmerst dich doch gern und immer so aufopfernd um den journalistischen Nachwuchs.«
    »Ja«, gab ich zu. »Aber nur wenn er männlich, dunkelhaarig, clever und charmant ist.«
    »Frau Mahler, lassen Sie Frau Grappa und mich doch bitte einen Moment allein«, bat Jansen Blondie, »und warten Sie in meinem Vorzimmer auf mich.«
    Die Blondine machte einen Schmollmund, musterte mich missbilligend und stiefelte ab. Ich sah ihr nach, sie wackelte mit dem Hintern, wie es ihrer grellen Haarfarbe entsprach.
    Jansen schloss die Tür.
    »Willst du mich veräppeln?«, blaffte ich ihn an. »Wo hast du die denn aufgegabelt? In einer Pommesbude?«
    »Na ja«, räumte er ein. »Sie ist ein bisschen grell. Könnte weniger Farbe vertragen, die Kleine. Aber sie hat es sich nun mal in den Kopf gesetzt, Journalistin zu werden.«
    »Und? Was kann ich dafür?«
    »Grappa-Baby!« Er legte sein Flehen in die Augen. »Irgendeiner muss es doch machen.«
    »Irgendeiner ja«, stimmte ich ihm zu. »Aber bestimmt nicht ich!«
    »Wie oft hab ich dir schon aus der Patsche

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