Grappa 14 - Grappa im Netz
gesagt, die Täterin geht ausgesprochen planvoll vor. Sie wählt ihre Opfer mit Bedacht aus – aber nach welchem Muster? Und jetzt diese theoretische Überhöhung! Die Gesellschaft zur Vernichtung der Männer! Wenn sie so eindeutig feministisch wäre, würde sie sich nicht wie eine billige Hure kleiden, wenn sie auf Jagd geht.«
»Oder gerade«, widersprach ich. »Um die Absurdität von Verrat und Betrug noch stärker herauszustellen. Diese Dreckskerle wollen Sex wie mit einer Hure, nur ohne dafür zu bezahlen: schnell, herzlos, ohne jede Verantwortung und Moral.«
»Einige Dinge stören mich trotzdem.« Kaligula war wieder ganz Fachmann. »Zum Beispiel die Inszenierung mit dem Tonband. Alle Opfer mussten ihre letzten Worte auf Band sprechen. Als Abschied für die, die sie betrügen wollten. Warum macht sie das?«
»Das ist es doch!«, ereiferte ich mich. »Die Mörderin will den betrogenen Ehefrauen sagen: Hier bin ich und ich habe euer Problem gelöst. Und zwar endgültig.«
»Ja, sie verhält sich so wie eine Auftragskillerin, die eine Einkaufsliste abhakt.«
»Das finde ich nicht.«
Ich goss Wein nach. »Dagegen spricht dieser Satz, den alle sagen müssen. Ich bin ein Dreckskerl. Jemand, der gegen Geld Männer umbringt, macht sich doch diese Mühe nicht.«
»Oder gerade. Um vom Motiv abzulenken. Jedenfalls werde ich sofort morgen mit Ihrem Kollegen Kontakt aufnehmen. Die Antipasti sind übrigens ausgezeichnet.«
»Danke. Ich habe sie auch sehr liebevoll eingekauft.«
Er lachte. »Und der Wein hat es echt in sich. Noch ein Glas – und ich kann für nichts mehr die Hand ins Feuer legen.«
»Wollen Sie sich denn die Finger verbrennen?«, fragte ich.
»Eigentlich schon. Aber nur ein bisschen.«
»Dann sind Sie bereit für weitere kulinarische Freuden?«
»Aber ja. Exquisiten Genüssen kann ich nicht widerstehen.«
Die Penne rigate kochten schon einige Minuten und waren fast so weit. Ich löffelte das Pesto über die Nudeln, streute noch ein paar kleingeschnittene Tomaten darüber und garnierte alles mit gerösteten Pinienkernen. Zufrieden blickte ich auf die beiden Teller – das Ganze sah wirklich sehr appetitlich aus.
Als ich in der Tür zum Wohnzimmer stand, staunte ich. Mein Besucher hatte sich neben Eberhard aufs Sofa gesetzt, kraulte ihm den Nacken und der Kater schien es zu genießen.
»Wir haben Sie das denn geschafft?«
»Was?«, fragte er.
»Der Kater lässt sich sonst von niemandem anfassen«, erklärte ich. »Kompliment.«
»Angewandte Psychologie«, grinste Kaligula. »Ich habe nämlich die Begabung, mit Tieren reden zu können ... und ich habe Ihrem Kater eingeredet, dass ich nur ehrenvolle Absichten habe.«
»Und das hat er Ihnen geglaubt?«
Kaligula legte den Zeigefinger über die Lippen – so, dass Eberhard ihn nicht sehen konnte.
»Die Essen ist fertig. Kommen Sie!«
Wir setzten uns zu Tisch und aßen beide artig unseren Teller leer. Als er mir ein Stück Weißbrot reichte, zog ich seine Hand zu mir, nahm seinen Daumen in den Mund, leckte ihn ab und umkreiste die Kuppe mit der Zunge. Und da ich nicht zu den Frauen gehörte, die beim erotischen Spiel züchtig die Augen niederschlugen, sahen wir uns an – es war wie ein Kampf, den wir beide zugleich gewinnen und verlieren wollten.
»Zeigst du mir jetzt deine Neuerwerbung?«, schnurrte er. »Das Ding, das du in diesem Laden gekauft hast.«
Einige Augenblicke später war mir klar, dass ich den dritten Gang des Menüs an diesem Abend wohl nicht mehr zur ›Aufführung‹ bringen würde.
Um Fische schlagen
Am nächsten Morgen gab es nur ein schnelles und einfaches Frühstück, denn heute war der Tag, an dem Herzflimmern über den Schirm gehen würde, und ich musste früher als üblich in den Sender fahren.
Versonnen sah ich Kaligula an und fragte mich, wie lange es wohl diesmal dauern würde, bis wir beide wieder unserer Wege ziehen würden. Er hatte sich – genau wie ich – in der Nacht zu einem bewussten Single-Leben bekannt, und es war so, als hätten wir beide einen Zaun um unsere Gärten gezogen, damit bloß niemand in den des anderen eindringen konnte. Unsere Lust war stark gewesen – aber eher von Gier als vom Begehren bestimmt. Heißes, dampfendes Fleisch – mehr nicht.
»Noch Kaffee, amore? « Er schaute mich an, als hätte er meine Gedanken erraten, denn sein Blick war liebevoll. Damit hatte ich nicht gerechnet und ich errötete. Stumm hielt ich ihm die Tasse hin und er füllte sie.
Es war ein schöner
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