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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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aus wie 14. Ist auch mal auf den Strich gegangen. Also - mal gesichtet?«
    »Bist du ihre Oma?« fragte der Kerl und grinste.
    »Du sagst es! Wir planen eine Familienfeier, denn Ur-Opa ist
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wieder auferstanden. Das muß gefeiert werden. Also - kennst du die Kleine?«
    Der Punk schnalzte mit der Zunge. »Du bist vielleicht ‚ne harte Braut, Mann! Sei froh, daß du an mich geraten bist, denn Joe ist immer nett zu Frauen. Die Kleine kenn ich zwar nicht, aber die geht bestimmt auf den Babystrich.«
    »Und - wo ist der Babystrich?«
    »Überall. Sonst noch was?«
    »Ja. Wer ist der Boß vom Babystrich?«
    »Der Mann fürs grüne Gemüse. Das weiß doch jeder hier, sogar die Bullen haben das schon spitz gekriegt.«
    »Grünes Gemüse?«
    »Brokkoli heißt der Wichser.«
    »Der?«
    Ich war platt. Der Möchtegern-Italiener sponserte die Bierstädter Kultur mit dem Geld, das kleine Mädchen für ihn anschafften!
    »Jetzt rück die Kohle für die fünf Dosen raus und verpiß dich. Ich hab dir schon viel zu viel erzählt!«
    Ich nickte und holte einen Zehnmarkschein raus.
    Er traute seinen Augen nicht. »Hey, Mann! Das is ‚n Zehner! Für fünf Dosen Chappi? Rück mehr Kohle raus, aber dalli! Eine Dose kostet ‚nen Fünfer!«
    »Dann sag mir, wo ich den Brokkoli finde!«
    »Jetzt will die Braut noch mit mir pokern!«
    Seine Kumpane näherten sich.
    »Gut. Noch zehn Mark. Zwanzig Mark für nix! Schnell verdiente Kohle. Ihr macht Geschäfte!«
    Langsam drehte ich mich um und ging zu Bertha und Rita zurück, die zehn Meter Sicherheitsabstand eingehalten harten.
    »Kannst dich ja bei deiner Gewerkschaft beschweren!« brüllte mir der Punk nach.
    »Guten Appetit!« gab ich zurück.
    Zu dritt schlenderten wir weiter.
    »Kennst du den Namen Alfons Brokkoli?« fragte ich Rita.
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Bertha horchte auf. Ich warf ihr einen Blick zu, der sie zum Schweigen brachte.
    »Nein. Aber ... John hat doch von einem Italiener gesprochen, der Carola auf den Strich geschickt hat. Vielleicht ist der das?«
    Rita wollte helfen, doch sie wußte zu wenig. Ich jedoch war sicher, die erste brauchbare Spur gefunden zu haben. Woher diese Gewißheit kam, war mir allerdings nicht ganz klar.
    John Masul hatte bei »Teleboss« gearbeitet. Sein Arbeitgeber war mit einem Mann befreundet, der als Chef des Babystriches bekannt war und der vermutlich die minderjährige Tochter des Journalisten Masul für sich anschaffen ließ. Vielleicht hatte Masul Bescheid gewußt und Brokkoli die Hölle heiß gemacht? Ihm mit der Polizei gedroht?
    »Als Motiv etwas schwach auf der Brust«, murmelte ich.
    »Was hast du gesagt?« wollte Rita wissen.
    »Ich glaube, ich habe eine Verbindung zwischen John, Teleboss, Brokkoli und Carola gefunden. Der Name Brokkoli ist hier auf dem >Platz< sowas wie ein Spitzname. Grünes Gemüse, junges Gemüse! Damit sind seine Mädchen gemeint!«
    »Und wie sollen wir an den Kerl herankommen?« fragte Bertha.
    »Du gibst dich als Zwölfjährige aus!« schlug ich vor. »Das ist alles nur eine Frage des Make-ups und des schauspielerischen Talentes.«
    »Mehr fällt dir nicht ein? Grappa, du enttäuschst mich!«
    Bertha hatte recht. Ich hatte wenig Lust, in der Bierstädter Unterwelt zu recherchieren. Bislang hielt ich es eher mit dem bürgerlichen Milieu und den Verbrechen, die sich dort abspielten. In diesen Kreisen kannte ich mich aus und konnte die Reaktionen besser einschätzen. Bierstadt und sein brodelndes Nachtleben war zwar nur ein schwacher Abklatsch von St. Pauli oder dem Frankfurter Bahnhofsviertel, doch auch hier gab es inzwischen organisierte Kriminalität. Jugoslawische Banden räumten Villen aus, der Drogenhandel war fest in der Hand der Türken und der sizilianischen Mafia, einheimische
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»Talente« betrieben Steuerhinterziehungen in Millionenhöhe in der sogenannten »Pommes-Connection« und waren im Prostitutionsgewerbe aktiv. Der Markt war also »gerecht« aufgeteilt.
    »Wir können diesen Brokkoli nur finden, wenn wir nach ihm fragen. Außerdem spricht es sich bestimmt herum, daß sich drei Frauen nach ihm erkundigt haben. Zumindest in Kriminalfilmen läuft das immer so. Kommt! Wir gucken uns jetzt die Bars etwas genauer an. Vielleicht finden wir den Gemüsefritzen dort. Außerdem könntet ihr ruhig etwas mehr Einsatzfreude zeigen. Wer wollte denn unbedingt hierher und Carola suchen? Ihr oder ich?«
    Man gönnt sich ja sonst nichts!
    Draußen an dem Schuppen gab‘s neonerhellte Verheißungen auf Hochglanzfotos.

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