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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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Urlaubserlebnissen in Spanien. Es folgte ein Beitrag über die Ehefrau des Personaldezernenten der Stadt, die ihren neusten Ikebana-Tricks enttarnte, und das Statement der Brauereibesitzers-Gattin, die über ihre Erfahrungen mit einem Traumseminar im Teutoburger Wald berichtete.
    »Hier werden ganz neue Formen des Journalismus präsentiert!« dozierte ich.
    Bertha guckte verdutzt.
    »Der Journalist als Hampelmann, Klatschtante, Conferencier und Stichwortgeber. Hast du gesehen, wie Rudi Mühlen vor Ehrfurcht geschwitzt hat, nur weil der Oberbürgermeister ihm auf die Schulter geklopft und ihn beim Namen genannt hat?«
    »Den Trick kannte schon Cäsar«, erinnerte sich Bertha, »der kannte die einfachsten Soldaten bei ihren Namen. Das hat die Legionäre so motiviert, daß sie danach freudig für ihn gestorben sind.«
    Ich traktierte die Fernbedienung und hüpfte von Kanal zu Kanal. Plötzlich schellte es Sturm.
    Wenig später stolperte Rita in die Wohnung. Sie war kreidebleich.
    »Was ist denn nun schon wieder los?« fragte ich unfreundlich.
    Bertha führte Rita zum Sofa und legte den Arm um sie. Sie war noch die gleiche Zimperliese wie früher, denn sie brach prompt in Tränen aus.
    »Rita, beruhigen Sie sich!« Bertha war ganz Trösterin. Ich knipste den Bundeskanzler mitten im Satz aus.
    »Carola ist verschwunden«, berichtete Rita, »ich habe die Polizei eingeschaltet.«
    »Seit wann ist sie weg?«
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»Seit unserem Abendessen. Ich habe zwei Tage gewartet, weil ich dachte, daß sie wieder auf den Strich geht. Doch jetzt habe ich Angst.«
    »Was sagt die Polizei?«
    Ich kannte die Antwort schon, als ich die Frage stellte.
    »Die haben Besseres zu tun, als nach einer drogensüchtigen Stricherin zu suchen.«
    »Komm!« sagte Bertha entschlossen und stand auf.
    »Komm? Wohin denn?« wollte ich entgeistert wissen.
    Bertha klopfte sich die Erdnußreste vom Rock und griff nach ihrem roten Teddyfell-Mantel. »Wir suchen Carola!«
    Rita blickte dankbar zu ihr hin.
    »Ich glaube, bei dir piept es! Wo willst du das Kind suchen?« Langsam wurde ich wütend.
    »Du kannst ja auf deinem bequemen Hintern sitzen bleiben, Grappa!« zischte mich Bertha an. Sie henkelte Rita unter.
    Ich stellte mir die beiden in der Bierstädter Drogenmeile zwischen Junkies, Handtaschenräubern, Schlägern, Strichern und Mafiosi vor. Sie würden sich eine blutige Nase holen, denn beide hatten keine Ahnung, was in diesem Teil der Stadt abends vor sich ging. Ich kannte die Szene allerdings auch nur vom Hörensagen.
    »Hätte ich mich nur nie auf die Sache eingelassen!« seufzte ich. »Bevor ich euch traf, habe ich ein beschauliches Leben geführt. Wartet, ich komme mit!«
    Ich schleuderte die Pumps von den Füßen und stieg in flache Jogging-Schuhe. Dann schnappte ich mein Leinenjackett und warf es über die Schulter.
    »Dann los, Mädels! Bierstadts Sündenpfuhl wartet nur auf uns!«
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Der Mann fürs »grüne Gemüse«
    Rita, Bertha und ich bewegten uns langsam auf den »Platz« zu, der pro forma nach einer Bierstädter Partnerstadt benannt worden war, aber im Volksmund nur der »Platz« hieß.
    Von diesem »Platz« führten ein paar kleinere Straßen in alle Himmelsrichtungen. Hier hatte sich das angesiedelt, was zu einem sündigen Großstadtleben gehörte: Sex-Shops, Peep-Shows, kleinere Kinos, türkische Imbißbuden und deutsche Bier-Zapf-Stationen.
    »Wo sollen wir sie suchen?« fragte Bertha. Ich bemerkte, daß sie ihre Handtasche fest an den Körper drückte. Wir kamen an einer Gruppe von jungen Leuten mit bunten Haaren und einer großen Dogge vorbei.
    Mutig schritt ich auf die vier zu. Die Dogge hob den Kopf. Ihr Blick war aufmerksam und nicht zugedröhnt, wie der ihres Herrchens.
    »Netter Fiffi«, begann ich ein Gespräch, »gehört der Ihnen, oder steht er nur zufällig hier?«
    »Hat die Mutter was gesagt?« fragte ein langer Dünner und schaute seinen Kumpel dabei an. Der zuckte die Schultern.
    »Ich glaub, die mag deinen Hund!« mischte sich ein Mädchen ein. »Vielleicht will sie ihm eine Dose Chappi spendieren?«
    »Bevor ich Fiffi zum Essen einlade«, stellte ich mit Blick auf die Dogge klar, »muß mir sein Herrchen aber erst mal eine Auskunft geben!«
    »So? Muß ich das?« Herrchen knurrte.
    »Du mußt nix. Aber du kannst. Kennst du ein Mädchen namens Carola? Sie war länger nicht hier. Entzug - du verstehst? Seit ein paar Tagen soll sie wieder auf dem >Platz< sein. Ein dünnes, ziemlich großes Mädchen. Blond, sieht

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