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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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Sie ihm bloß nicht! Seine kollegiale Tour ist nur Masche. In Wirklichkeit...«
    Sie verstummte, denn BIG Boss gesellte sich zu uns. Unser Lachen hatte ihn angelockt. Der Sekt hatte ihn ins Schwitzen gebracht. Die Krawatte hing locker um seinen kräftigen Hals.
    »Nun ihr beiden Hübschen!« begann er. »Wie ist denn Ihr erster Eindruck von diesem Laden hier, Frau Grappa?«
    »Ein buntes Völkchen«, meinte ich indifferent, »wie ich es bei einem Fernsehsender erwartet habe. Wie soll es weitergehen mit meiner Arbeit?«
    »Sie können es wohl kaum erwarten, was?« brabbelte er. Der Alkohol hatte bereits seine Wirkung getan. »Weiter so, Frau Grappa! Einsatzfreude und Widerspruchsgeist - eine Kombination, die mir gefällt. Morgen werden Sie Ihren ersten Film machen können. Die Krötenwanderung im Bierstädter Naherholungsgebiet.«
    »Soll das ein Scherz sein?«
    »Nein. Das Thema bewegt seit Monaten die Gemüter. Jetzt im April wandern sie wieder. Deshalb soll die Durchgangsstraße gesperrt werden. Die Gastronomen der umliegenden Restaurants und die Anlieger sind natürlich dagegen. Sie schauen sich nachts mal an, ob die Viecher wirklich die Straße überqueren. Ein schönes lokales Thema. Aber feiern Sie jetzt erst mal weiter. Herr Mühlen wird Ihnen morgen alles weitere erklären.«
    BIG Boss schob ab und ließ mich ziemlich fassungslos zurück.
    »Kein Grund zur Panik«, beruhigte mich Bettina, »das ist ein kleiner Test. Er will gucken, ob Sie Starallüren haben.«
    »Und wenn ich welche hätte?« fragte ich. Leise Wut ersetzte meine Fassungslosigkeit.
    »Starallüren darf hier nur einer haben: Unser dominantes Männchen.«
    »Und das heißt Bernhard Immanuel Gustav Boss!«
    90
     

»100 Punkte«, lachte sie, »die erste Lektion sitzt schon. Weiter so, Frau Grappa!« »Ich heiße Maria.«
    »Ich heiße Bettina, aber du kannst Betty zu mir sagen!«
    Eine Nachricht von Carola
    John Masuls Nachlaß war keine Offenbarung. Wir hatten das Material aus der Kiste im Büro vor uns aufgehäuft. Rita hatte die Sachen schon vorsortiert. Vergilbte Zeitungen, Bücher, Archivmaterial, jede Menge vollgekritzelte Waschzettel von Pressekonferenzen und eine erkleckliche Anzahl von Kassetten, auf denen sich das ungeschnittene Rohmaterial von abgedrehten Filmen befand. Sie waren auf dem Rücken mit Datum und Thema versehen.. Der Autor war immer John Masul, Elvis Wüstens Kürzel prangte in der Spalte »Kamera«.
    »Hat Teleboss eigentlich nur einen Kameramann?« fragte ich Rita.
    »Ja. Aber die Firma mietet häufig Fremdfirmen an«, erklärte sie mir, »Wüsten kann ja nicht überall zugleich drehen. Wenn Not am Mann war, hat John die Kamera auch mal selbst bedient.«
    Ich leerte den letzten Schluck Pinot grigio, der sich noch in der Flasche befand. Meine Uhr erinnerte mich ans Schlafengehen.
    »Ich werde mir die Drehkassetten für alle Fälle mal ansehen!« gähnte ich. »Vielleicht finde ich irgendeinen Anhaltspunkt. Die ganze Sache wird schwieriger, als ich dachte. Ich habe die Hoffnung auf eine schnelle Lösung aufgegeben. Und jetzt muß ich nach Hause. Kannst du mir ein Taxi bestellen?«
    »Willst du etwa aussteigen?« Ihre Stimme klang ängstlich.
    »Nein. Es bleibt bei unserer Abmachung.«
    Das Telefon klingelte. Rita sprang auf.
    »Das ist vielleicht Carola!«
    91
     

Es war Carola. Rita schrie: »Wo bist bist du?« Ich wurde wieder hellwach.
    »Was haben die mit dir gemacht?« hörte ich Rita fassungslos sagen. Sie war totenbleich geworden und atmete schwer. Sie ließ die Hand mit dem Hörer sinken und starrte mich an.
    Ich sprang auf und nahm ihn ihr fort. »Hallo, Carola! Hier ist Maria Grappa. Was ist los?«
    »Die halten mich hier fest«, sagte eine ängstliche Stimme. »Warum spricht Mama nicht mehr mit mir?«
    »Deine Mutter hat eine Kreislaufschwäche. Wer hält dich fest?«
    Pause. Dann kam: »Das kann nicht nicht sagen. Mama soll den Film rausgeben, dann passiert mir nichts.« »Welchen Film?«
    Am anderen Ende der Leitung rumorte es. Dann hörte ich eine Männerstimme. »Frau Masul weiß, um welchen Film es geht. Bekommen wir die Kassette, dann geschieht Fräulein Masul nichts. Wir lassen sie frei.«
    »Wie soll die Übergabe stattfinden?« Ich bemühte mich, cool zu wirken.
    »Sie erhalten Nachricht.«
    »Und wenn wir den Film nicht hergeben?«
    »Dann wird irgendjemand Fräulein Masul in einem Park finden. Gestorben an einer Überdosis Heroin. Ein ziemlich natürlicher Tod für einen Junkie.« Der Mann lachte

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