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Grappa und die keusche Braut

Grappa und die keusche Braut

Titel: Grappa und die keusche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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alle Mädchen ihres Alters: Jeans, Pullover und Sportschuhe mit schrägen Streifen. Ihre kleine flache Tasche, die nach Laptop aussah, legte sie in der Garderobe ab.

    »Toll, dass das geklappt hat, und vielen Dank für Ihr Vertrauen, Caroline.«

    Caroline antwortete nicht gleich. Ich schaute zu dem Bluthund, aber er wich meinem Blick aus und deutete mit den Lippen ein lautloses Pfeifen an. Anscheinend wollte er nichts sagen.

    »Das kommt nicht von ungefähr, Frau Grappa. Sie sind ja keine Unbekannte.«

    »Wie das?«, wunderte ich mich.

    »Wir haben einmal im Deutschunterricht bei Frau Lindenthal eine Journalismus-Einheit erarbeitet. Dabei haben wir die Berichterstattung über Kriminalfälle von vier Zeitungen verglichen. Auch von Ihnen waren Artikel dabei. Es kam heraus, dass Sie sich um Objektivität bemühen, auch ungewöhnliche Lösungen in Erwägung ziehen und generell menschlich denken.«

    »Danke für die Blumen.« Mir wurde ganz warm. »Lassen Sie uns in die Küche gehen. Möchten Sie etwas trinken oder essen? Wayne, wie ist es mit dir?«

    »Grappa, tut mir leid. Ein andermal«, stotterte er. »Ich muss weg. Ihr zwei Hübschen kommt bestimmt ohne mich klar.«

    »Ja, schaffen wir«, gab ich zurück. »Vielen Dank.«
    »Aber den Martini hol ich mir noch mal.«
    Weg war er und wir setzten uns an den Küchentisch.
    »Ich bin froh, dass ich aus dem Schloss weg bin. Das ist kein guter Ort für mich.«

    »Wie sind Sie denn da rausgekommen? Ich hörte, man habe Sie eingeschlossen.«

    »Das ist ein Internat und kein Gefängnis«, erklärte Caro. »Mein Zimmer liegt im Erdgeschoss und die Fenster haben keine Gitter.«

    »Sie haben gestern einen riesigen Wirbel erzeugt«, stellte ich fest. »Das wirkte alles sehr überzeugend. Ihre Rede war ein Knaller.«

    »Das sollte auch so sein«, gab sie zurück.

    »Sie hatten das geplant? Es kam mir wie eine spontane Aktion vor.«

    »Spontaneität wirkt am besten, wenn sie genau einstudiert ist«, meinte sie selbstbewusst.

    Meine Augenbrauen kletterten nach oben. Die Kleine hatte es faustdick hinter den Ohren.

    Ich erinnerte mich an etwas, was Brinkhoff mir einmal über Verhörmethoden erzählt hatte. Die Polizei wendet gern eine Technik an, die in der Gesprächstherapie entwickelt worden war: das Spiegeln. Man bezieht nicht Stellung zu dem, was gesagt wird, sondern gibt das Gesagte einfach zurück. Damit saugt man an dem Zeugen oder Täter und erzeugt das Bedürfnis, mehr zu erzählen.

    »Sie haben das einstudiert?«, spiegelte ich also.

    »Auf diesem Internat lernt man wirklich eine Menge«, stellte sie fest.

    »So, da lernt man eine Menge …«

    »Rhetorikkurs und Theatergruppe zusammen haben mich inspiriert«, teilte sie mit.

    »Sie haben gesagt, Sie wissen, dass Patrick unschuldig ist«, schlug ich eine andere Richtung ein.

    »Ja, ich weiß es genau.«

    »Aber es gibt doch klare Indizien!«

    »Die werden ganz falsch interpretiert!« Verärgert schüttelte sie den Kopf.

    »Wie können Sie da nur so sicher sein?«, fragte ich. »Es gibt doch sogar ein Ankündigungsvideo. Sie kennen es sicher.«

    »Ja, eben, ich kenne es genau«, stimmte sie zu. »Und ich kenne es schon lange.«

    »Wieso haben Sie denn niemandem davon erzählt? Man hätte doch einschreiten und helfen können.«

    »Warum hätte ich das tun sollen?« Es klang aufgebracht. »Das ist doch künstlich!«

    »Künstlich?«

    »Ja. Künstlich. Nach den schrecklichen Tötungen in Winnenden hat die Theatergruppe ein Projekt gemacht. Das Video ist Teil dieses Projekts. Patrick hatte die Rolle des Attentäters und zu dieser Rolle gehörte es, eine dieser hilferufenden Spuren zu schaffen, über die immer geschrieben wird. Er hat das prima gemacht. So prima, dass es nun alle für echt halten.«

    »Wieso wusste Frau Lindenthal nichts davon?«

    »Selbstverständlich weiß sie davon. Sie hat das Projekt doch geleitet!«

    »Bitte?« Das war ja unglaublich!

    »Ja. Sie kannte das Video. Patrick hat es in das Forum geladen, damit die anderen Mitglieder der Theatergruppe darauf Zugriff hatten.«

    »Das müsste der Polizei doch bekannt sein!«

    Caroline lachte auf. »Die haben halt die Falsche befragt.«

    »Ich werde morgen einen Artikel darüber schreiben und den Bullen auf die Sprünge helfen«, kündigte ich an. »Gibt es noch andere Videos in dem Onlineportal?«

    »Na klar. Es wird von vielen Schulen genutzt.«

    »Das meine ich nicht. Ich dachte an Videos, die mit Schloss Waldenstein zu tun

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