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Grappa und die keusche Braut

Grappa und die keusche Braut

Titel: Grappa und die keusche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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im Internat Schloss Waldenstein?«, fragte ich.

    »Der Notruf ist vor zwei Minuten eingegangen. Woher wissen Sie das denn schon wieder?«, wunderte sich der Beamte.

    »Manchmal sind wir Pressefuzzis eben fix«, antwortete ich. »Wissen Sie schon was Näheres?«

    »Nein. Drei Löschzüge sind unterwegs.«

    Ich verließ mein Zimmer, lief ins Großraumbüro und stürzte zu Pöppelbaum. Er telefonierte.
    »Feuer auf Waldenstein«, rief ich ihm zu.

    Er deutete auf sein Handy. »Ich weiß, Grappa. Bin schon weg. Kommst du mit?«

     
    Pöppelbaum scherte sich nicht um Geschwindigkeitsbeschränkungen. Er hängte sich an die Stoßstange eines Feuerwehrautos, das wir bald eingeholt hatten, und fuhr im Windschatten einfach mit über die roten Ampeln. So schnell hatte ich Bierstadt selten durchquert.

    Schloss Waldenstein kam in Sichtweite. Das Haupthaus mit den Klassenräumen schien intakt zu sein, aber ein Nebengebäude stand in hellen Flammen. Es war ein Trakt mit Schülerwohnungen.
    Verdammt, dachte ich. Da gehen die Chatprotokolle in Flammen auf und vielleicht auch das wichtige Video.

    Schaulustige und Schüler hatten sich auf dem Schulhof versammelt. Die Notarztwagen blieben leer, alle hatten die Räume rechtzeitig verlassen können. Ich entdeckte Brinkhoff. Er trug einen grauen Kittel und sah wirklich wie ein Hausmeister aus. Wir warfen uns nur einen kurzen Blick zu. Alles andere wäre zu auffällig gewesen.

    Dr. Wolfgang Lerchenmüller sprach auf den Einsatzleiter der Feuerwehr ein. Der Schulleiter war ein seriöser älterer Herr, dem auch ich mein Kind ohne Bedenken anvertraut hätte. Dass er als Nimmmich16 in einem Schüler-Chat unterwegs war, erschein mir plötzlich eher skurril als verwerflich.
    Ich ging auf den Internatschef zu. »Hallo, Herr Dr. Lerchenmüller. Tut mir leid, dass Sie so vom Pech verfolgt werden. Können Sie mir sagen, wie das Feuer ausgebrochen ist?«

    Er konnte nicht und er wollte sich am liebsten gar nicht mit mir unterhalten – das sah man ihm an.

    »Ich würde gern mal ein Interview mit Ihnen machen«, nervte ich ihn weiter. »Mich interessiert, wie man eine Schule leitet, an der so viel Schreckliches geschehen ist. Wie viel Alltag ist schon wieder eingekehrt? Welche pädagogischen oder seelsorgerischen Konzepte haben Sie entwickelt, um die Traumatisierung Ihrer Zöglinge möglichst gering zu halten? Es gäbe so viel Spannendes zu fragen.«

    »Das mag sein. Aber ich habe keine Zeit für so was. Und nun entschuldigen Sie mich. Sie sehen ja, was hier los ist.« Er wandte sich ab.

    »Wann wird Frau Lindenthal denn wieder gesund sein?«, rief ich. »Ich habe gehört, dass sie in eine Klinik gebracht wurde.«

    Lerchenmüller blieb stehen, drehte sich um und knurrte: »Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie durch Zufall einem Massaker entkommen sind, eine durchschossene Schulter haben und dann beschuldigt werden, eine Mörderin zu sein?«

    »Ich würde versuchen, aktiv meine Unschuld zu beweisen, und mit den Behörden zusammenarbeiten.«

    »Es hat nun mal nicht jeder ein Gemüt wie ein Elefant. Und jetzt guten Tag, die Dame!«

    Abgeblitzt, dachte ich. Aber das machte nichts. Meine Trumpfkarte hieß Caroline. Und davon hatte er nicht die geringste Ahnung.

    Ich drängelte mich durch die gaffenden Schüler. Wer von denen war Viper, Wurstbrot oder LostHope?

     
    Feuer auf Schloss Waldenstein – keine Verletzten

    Schloss Waldenstein, das Nobelinternat am Rande der Stadt, kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Vor einer guten Woche starben hier sechzehn Schüler im Kugelhagel einer Maschinenpistole. Gestern brannte ein Wohntrakt. Alle Schüler, Lehrer und Mitarbeiter konnten sich in Sicherheit bringen. Verletzt wurde niemand.

    Da viele Zimmer der Schüler unbewohnbar sind, wurden die jungen Leute zunächst in einer Turnhalle untergebracht. Hilfsdienste stellten Notbetten zur Verfügung. Die Schulleitung hat die Eltern aufgefordert, ihre Kinder vorübergehend nach Hause zu holen. Der Schaden geht in die Hunderttausende. Wie es zu dem Brand kommen konnte, ist unklar. Feuerwehr und Kripo ermitteln.

     
    Mein Artikel über das Feuer wanderte im Verlauf der nächsten Stunden auf die dritte Lokalseite. Jansen lag vorn mit einem weiteren Skandal in der Kommunalpolitik. Oberbürgermeister Jakob Nagel, erst vor Kurzem wiedergewählt, erklärte seinen Rücktritt. Das Haushaltsloch kickte ihn in den Ruhestand. Die Kämmerin war tot und jetzt warf man ihm Wahlbetrug vor, weil er das

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