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Grappa und die keusche Braut

Grappa und die keusche Braut

Titel: Grappa und die keusche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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»Ihr seid ja wirklich entzückende Früchtchen. Wie heißt es noch mal im pädagogischen Konzept eurer Nobelschule: Wir legen Wert darauf, verantwortliche und mündige Menschen heranzuziehen. Wusste Lerchenmüller von dem Film?«

    »Keine Ahnung.«

    »Wie wurde die Aufnahme bekannt gemacht?«

    »Das sagte ich doch schon. Bei ausstieg.de «, antwortete Caro. »Patrick hatte die Daten allerdings mit einem Passwort gesichert, das nur er kannte und ständig änderte. Jeder, der den Film sehen wollte, musste ihn fragen. Er war Admin im Portal.«

    »Was soll das heißen?«

    »Administrator. Jemand, der aufpasst, dass es im Chat einigermaßen friedlich zugeht. Er hat bestimmte Rechte und Zugangsmöglichkeiten, die andere Chatter nicht haben. Er kann zum Beispiel Nicks löschen oder anstößige Fotos rauskicken.«

    »Dann haben die Betreiber dieses Forums wohl den Bock zum Gärtner gemacht«, stellte ich fest. »Hattest du eigentlich auch eine sexuelle Beziehung zu Patrick?«

    Caro schüttelte den Kopf. »Nein. Wir waren nur sehr gute Freunde. Und glauben Sie mir, die Lindenthal hat Patrick bis aufs Blut gereizt. Sonst hätte er so was niemals getan.«

    »Wir müssen den Film sichern und der Polizei zeigen«, entschied ich. »Schick mir die Datei bitte per E-Mail, dann habe ich sie auf meinem Rechner. Hier hast du die Adresse.«

    »Jetzt gleich?«

    »Ja, jetzt gleich. Denk an den Brand im Schloss. Vielleicht hat es nur gebrannt, damit deine Unterlagen vernichtet wurden. Der Film da ist zwar abgrundtief widerlich, aber er verstärkt den Verdacht, dass es wirklich Lara Lindenthal war, die geschossen hat.«

     
    Wenig später leitete ich den Film an verschiedene Adressen weiter, auch an Friedemann Kleist. Allerdings benutzte ich seine private E-Mail-Adresse, denn ich wollte seine Sekretärin nicht erschrecken.

    Weitere Mails gingen an mich selbst in die Redaktion und an Peter Jansen.

    Dann sendete ich Kleist eine kurze SMS: Du hast E-Mail privat.
    In dieser Nacht wollte der Schlaf nicht richtig zu mir kommen. Meine Antipathie gegenüber Lara Lindenthal hatte sich gemildert. Vielleicht hatte die Lehrerin Patrick wirklich bis aufs Blut gereizt. Wenn schon, dachte ich. Er hätte sich anders zur Wehr setzen können. Aber die Lindenthal auch. Die Demütigung war schlimm. Aber nichts kann so schlimm sein, dass man sechzehn junge Menschen gewaltsam ihres Lebens beraubt.

Eine praktische Amnesie

    Meine E-Mail-Aktion hatte zur Folge, dass Kleist einen Haftbefehl für Lara Lindenthal erwirkte. Er rief mich an, nachdem er sie aus der Klinik geholt hatte. Die Ärzte hatten erheblich protestiert. Kleist musste damit drohen, die Untersuchungshaft im Gefängnishospital zu vollstrecken. Danach ließen ihre Ärzte die Lehrerin gehen. Nun konnte sie sich der polizeilichen Vernehmung nicht mehr entziehen.

    »Gibt es eine offizielle Pressemitteilung zur Festnahme?«, fragte ich.
    »Ja, die folgt gleich. Und danke für den Film, Maria. Er hat uns erheblich weitergebracht.«

     
    Auch Jansen hatte seine Mails schon durchgesehen, als ich ihn in seinem Büro aufsuchte.
    »Unfassbar«, sagte er. »Diese Jungen haben ein sehr böses Spiel getrieben.«

    »Kleist hat die Lindenthal verhaftet. Das war wohl überfällig. Sie hat sich hinter ihrem angeblichen Schock versteckt.«

    »Ich habe Pöppelbaum gebeten, einige Standbilder aus dem Film zu ziehen. Das anheimelnde Toiletten-Ambiente, die Lindenthal auf den Knien, die Beine der Jungen. Natürlich nicht das ganze Elend.«

    »Muss das sein?« Mir war nicht wohl bei dem Gedanken. »Mir wäre es lieber, ich würde das Geschehen nur mit Worten beschreiben. Wir sind doch kein Boulevardblatt, aus dem Blut und Sperma tropfen.«

    »Schauen wir uns die Fotos erst mal an«, schlug Jansen vor. »Dann entscheiden wir. Ist das okay für dich?«

     
    Erneut hatte ich sechzig Zeilen:

     
    Mordverdacht: Lara Lindenthal verhaftet – War Amoktat Rache für Schüler-Mobbing?

    Überraschende Wende im Fall Waldenstein: Die 36-jährige Deutsch- und Philosophielehrerin Lara Lindenthal ist verhaftet worden. Sie wird verdächtigt, die Mordtat im Internat, bei der sechzehn Schülerinnen und Schüler getötet wurden, selbst verübt zu haben. Der Grund: Rache für monatelanges Mobbing durch Schüler ihres Deutschkurses.

    Dem Tageblatt liegt exklusiv ein Film vor. Er zeigt die beschuldigte Lehrerin bei sexuellen Handlungen mit fünf Schülern. Der Film ist in einem Schülerportal veröffentlicht worden.

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