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Grappa Und Die Seelenfaenger

Titel: Grappa Und Die Seelenfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Exklusivinterview mit dem Pop-Titanen und Jurychef
     
    Frage: Warum gehen Sie so hart mit den Kandidaten um? Antwort: Wer zu uns kommt, der will das so. Niemand wird gezwungen. Die unterschreiben das alles vorher. Wenn dann einer beleidigt ist, hat er sich das selbst zuzuschreiben. So simpel ist das. Die kriegen eben ein paar lustige Sprüche reingedrückt. Das gehört zur Show. Ich bin Entertainer, ich will die Leute unterhalten. Frage: Finden Sie Sprüche wie »Deine Art zu singen klingt wie ein Darmverschluss« wirklich lustig? Antwort: Klar find ich die lustig. Und die Leute auch. Bis zu neun Millionen Zuschauer gucken zu, und der Marktanteil bei der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen liegt etwa bei 38 Prozent. Das schafft sonst keiner in Deutschland. Der Sender weiß natürlich, dass die Show mit mir erfolgreicher ist, als wenn da drei weich gespülte Typen in der Jury sitzen. Wenn ich zehntausendmal sagen würde: »Hör mal, du kannst zwar nicht so gut singen, aber du bist ein lieber Typ«, das wäre schließlich stinklangweilig. Da würden die Zuschauer wegpennen. Frage: Kommen Sie sich manchmal gemein vor? Antwort: Ach Blödsinn, gemein war ich nur zu denen, die mich verarscht haben. Zum Beispiel dieser Spruch mit dem Eimer. Frage: Meinen Sie den? »Wisst ihr was der Unterschied ist zwischen euch und einem Eimer Scheiße? Der Eimer!« Antwort: Ja, genau. Da standen zwei Typen vom ›Ballermann‹ vor mir mit 3,5 Promille, flachsten mich an und wollten einfach nur ins Fernsehen. Ich find, den Spruch hatten die verdient. Die wollten nie Sänger werden, die wollten uns verscheißern. Ist doch klar, dass mir da der eine oder andere heftige Spruch rausrutscht, bei dem ganzen Müll, den ich mir anhören muss. Bei den meisten bin ich aber voll nett. Wenn einer labil ist, der kriegt von mir Artenschutz und wird nicht angemeckert. Und oft tue ich den Kandidaten einfach einen Gefallen, wenn ich ihnen die Wahrheit sage. Frage: Warum ist die Wahrheit für viele so bitter? Antwort: Das kann ich Ihnen sagen. Da wird den Jugendlichen zum Beispiel von irgendwelchen dahergelaufenen Gesangslehrern erzählt, dass sie Talent haben. Warum? Weil die Lehrer die Kohle für die Stunden haben wollen. Was bringt das den Kids? Nichts. Die hängen einer Illusion nach, aus der nie was werden wird. Den Zahn zieh ich denen. In diesem Staat heucheln genug Leute, vor allem Politiker. Kaum jemand sagt die Wahrheit, und das ist ein Riesenproblem in unserer Gesellschaft. Und deshalb krieg ich auch ständig was auf die Fresse, weil man das einfach nicht mehr tut, die Wahrheit sagen. Das Musikbusiness ist hammerhart. Sensible Menschen, die keine Kritik vertragen, haben da nichts verloren. Frage: Sind Sie intelligent? Antwort: Ich gehöre zu den ganz wenigen in der Branche, die einen akademischen Abschluss haben. Seit meinem Studium reiht sich wirklich ein Erfolg an den nächsten. Da kann ich wohl nicht völlig doof sein.
     
    Ich war zufrieden. Pöppelbaum hatte gute Fotos gemacht. Ich suchte solche aus, die Brett so zeigten, wie er meiner Meinung nach war: spontan, laut, direkt und ehrlich. Eine Einladung in den VIP-Bereich der Castingshow hatte ich auch abgestaubt. Mein Ausflug in die große weite Welt des Showbiz begann mir Spaß zu machen.

Saltimbocca und Fotos
    Ich war froh, endlich abschalten zu können. Und Kochen war Entspannung pur. Kleist hatte allerlei Köstlichkeiten herangeschafft, saß am Küchentisch und schaute mir zu. Ich hatte eine Flasche Wein geöffnet und war beim zweiten Glas, ein trockener Rosé aus der Provence. Kleist nippte an einem Wasser. Schade, aber einen trockenen Alkoholiker wollte ich nicht in Versuchung bringen.
    Saltimbocca. Hatte ich noch nie gemacht. Übersetzt hieß das: Spring in den Mund. Bei dem, was da springen sollte, handelte es sich um gebratene Kalbsschnitzel mit Schinken und Salbei.
    Ich schnitt die Kalbsschnitzel der Länge nach auf und legte Salbei und Parmaschinken in den Schlitz. Butter in die Pfanne, anbraten und mit Weißwein ablöschen. Eine Duftwolke nach Wein und Fleischsaft veredelte die Küche.
    »Möchtest du etwas über Egon Hold wissen?«, fragte Kleist.
    »Aber immer!«, entgegnete ich.
    »Er ist schon mal aufgefallen. Diebstahl und Körperverletzung.«
    »Gibt es eine Verbindung zur Sekte?«, fragte ich und schmeckte die Soße ab.
    »Nicht auf den ersten Blick. Aber ich habe das hier für dich.« Kleist zog eine flache Digitalkamera aus seinem Jackett, setzte sie in

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