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Grappa Und Die Seelenfaenger

Titel: Grappa Und Die Seelenfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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deutlich. Ich stellte die flache Pfanne mit dem Saltimbocca auf den Tisch.
    »Guten Appetit«, wünschte ich.

Schlechte Nachrichten
    Es war Wochenende. Wir schliefen lange und frühstückten im Bett. Ich dachte zurück an den gestrigen Abend. Zum ersten Mal hatte Kleist mir mehr oder weniger freiwillig etwas von seiner Vergangenheit erzählt. Nur die Frage nach dem Grund für sein Alkoholproblem hatte er überhört.
    Ich hatte das Tageblatt aus dem Briefkasten geholt. Kleist las mein Interview mit Pitt Brett und auf seinem Gesicht erschien ein Grinsen.
    »Die Frage nach seiner Intelligenz konntest du dir wohl nicht verkneifen«, meinte er.
    »Er hat doch gut gekontert. Ich finde ihn übrigens gar nicht so übel.«
    »Das merkt man beim Lesen«, stellte er fest und ließ ein zusammengerolltes Stück Serrano-Schinken in seinen Mund gleiten. »Hattest du Beißhemmung?«
    »Scheint so. Ich mag direkte Leute. Brett weiß, was er tut, und er trägt die Konsequenzen. Auch, wenn es sich dabei um Prügel handelt. Die steckt er weg. Natürlich ist das mit ein paar Millionen auf dem Konto einfacher als mit Hartz IV im Rücken.«
    Prompt lief im Radio Money, money, money von ABBA. Ich legte aus voller Kehle los und sang herzhaft mit.
    Kleist blickte mich erschrocken an und bemerkte trocken: »Sollst du singen?«
    »Jaaaa«, war meine geträllerte Antwort.
    »Na gut«, ergab er sich in sein Schicksal.
     
    Nach dem Frühstück trennten wir uns. Ich hatte das Gefühl, dass Kleist es nur stundenweise mit mir aushielt. Andererseits wurde ich selbst unruhig, wenn er zu lange blieb. Wir waren wohl beide nicht für eine Beziehung geeignet, die irgendwann in den Alltag abdriftet.
    Ich fand alles gut so, wie es war. Wie seine Frau wohl aussah? Er hatte ihren Vornamen nicht genannt, sodass googeln keinen Sinn machte.
    Ich ließ mir ein Schönheitsbad ein. Auf der Flasche stand etwas von Entspannung, Seelenwärme, Stressabbau und Stärkung des inneren Gleichgewichts. All das sollten Inhaltsstoffe wie Sandelholz, Kamille, Traubenkernöl, Akazienhonig und Sahne bewirken.
    Merkwürdig. Die einen lasen dubiose Schriften von Hovart, um ihr inneres Gleichgewicht zu finden, und ich vertraute einem kapitalistisch geführten Kosmetikkonzern, der – genau wie die Sekte – nur auf mein Geld aus war.
    Ich ließ es darauf ankommen und kippte die doppelte Dosis ins Wasser. Die ätherischen Öle machten mich schläfrig. Zwischendurch hörte ich mein Handy klingeln, doch ich reagierte nicht. Die Mailbox freute sich über nette Nachrichten.
    Später stellte ich fest, dass sie gar nicht nett waren. Arnold Weber hatte mir mitgeteilt, dass seine Tochter Monika aus der Klinik abgereist sei. Ich rief ihn zurück und er erzählte die Details.
    »Bettina hat sie abgeholt«, berichtete er mit matter Stimme. »Und Monika hat unterschrieben, dass sie aus freien Stücken die Klinik verlässt. Da können die nichts machen. Der Chefarzt sagte mir, dass sein Krankenhaus kein Gefängnis sei.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wo sich Monika nun aufhalten könnte?«
    »Ich vermute, in irgendeiner Einrichtung der Sekte. Die haben Hotels und Häuser, in denen sie Abtrünnige unterbringen. Was soll ich nur tun, Frau Grappa?«
    Leider konnte ich dem verzweifelten Vater keinen Rat geben.
    Eine Frage beschäftigte mich immer mehr: Was war so anziehend an dieser Kirche der Erleuchteten? Die Sprüche von Seelenbefreiung, innerem Gleichgewicht und seelischer Reinigung gab es doch in vielen Religionen. Und diese anderen Kirchen zogen ihren Anhängern nicht Tausende Euro aus der Tasche.

Kurse, Kurse, Kurse
    Den Sonntag verbrachte ich in aller Ruhe zu Hause. Ich las einige Geschichten, die von Aussteigern der Sekte stammten. Alle bewerteten ihre Erlebnisse letztendlich gleich: Ihnen war eine Schlinge um den Hals gelegt worden, die langsam, aber kräftig zugezogen wurde.
    Sehr dreist waren die Preise, die für die Kurse gefordert wurden. So kostete ein Intensivkurs mehr als 600 Euro pro Stunde und ein sogenannter Gewissheitskurs, der zwölf Stunden dauerte, fast 7.000 Euro. Die Erleuchteten hatten ein Gerät entwickelt, das E-Meter genannt wurde, wohl die abgespeckte Version eines Lügendetektors. Das Teil kostete ebenfalls stolze 7.000 Euro und wurde bei jedem Kontrollgespräch mit einem in der Hierarchie niedriger stehenden Sektenmitglied eingesetzt. Sektenkritiker rechneten vor, dass der Materialwert des Geräts bei etwa hundert Euro lag.
    Ich las und las, doch was genau die

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